FahrRad 1/2013 | Page 18

Rad rei se
Von Unna nach Rom

Abitur, endlich geschafft! Die Schule liegt hinter mir, die Bewerbung auf den Studienplatz ist eingereicht. Und jetzt: Viel freie Zeit ….. sehr viel freie Zeit. Nach drei Wochen Nichtstun stellt sich aber die Frage, was nun? Der beste Freund ist für zwei Monate in den USA, also ein Praktikum anfangen? Irgendwo einen kleinen Job annehmen? So wirklich reizvoll wirken diese Optionen nicht auf mich, dann irgendwann die Idee... Eine Radtour, aber nicht einen dieser kleinen Wochentrips, sondern etwas Besonderes, etwas das mich fordert und mir Spaß macht. Das Ziel ist recht schnell ausgemacht: Rom. Für knapp zwei Monate die richtige Distanz und lohnenswertes Ziel. Das einzige, was wirklich fehlt, ist ein vernünftiges kleines Zelt und eine Route. Das Zelt und andere kleine Utensilien sind schnell besorgt, die Route nicht. Aus der Einschätzung heraus, dass ich mit meinem kleinen Notebook, das ich mitnehmen will, schon klarkommen werde, mache ich mich kurz nach dem Abi-Ball auf den Weg.

Der erste Tag verläuft schleppend. Es ist heiß, das Rad vollgepackt mit Zelt, Essen und Werkzeug ist schwer. Schon nach den ersten 20 Kilometern muss ich immer wieder anhalten, um mich zu orientieren. Nach nervtötenden und dann auch schmerzhaften 90 Kilometern komme ich an den Punkt, an dem ich einfach keine Lust mehr habe. Ich steige in einer
Gaststätte in Wermelskirchen ab, dummerweise habe ich keine Ahnung, wie weit ich von Köln, meinem Etappenziel, entfernt bin. Die nächsten Tage verlaufen dank intensiverer Streckenplanung, aber noch immer ohne Karte, besser. Ich orientiere mich am Stand der Sonne und erreiche bald den Rhein. Von da an ist die Navigation deutlich einfacher. Ich folge dem Rhein einige Tage Richtung
Am Rhein- Dom und Hohenzollernbrücke im Hintergrund
Süden, begegne schönen und hässlichen Campingplätzen meiner ersten längeren Tour nach Mannheim( 1 25 km) wieder und mache vor allem Bekanntschaft mit vielen, unglaublich interessanten Menschen. Da ist zum einen ein Brite, der mir erklärt, dass er seinen Job hingeschmissen hat, um eine halbjährige Radtour durch Europa zu machen. Er sei über Frankreich nach Deutschland gekommen und wolle in der Adria seine Mutter überraschen. Oder auch jemand, der zu Fuß mit einem Kinder-Anhänger, den er sich an den Bauch geschnallt hat,
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