Der_CreditManager_11.2022_LR | Page 21

AKTUELL für ein erfolgreiches Inkassoverfahren erhöhen . Denn Inkassounternehmen kümmern sich nicht nur um die zügige Zahlung offener Rechnungen , sondern nehmen auch eine Vermittlerrolle zwischen Gläubigern und Schuldnern ein . Auf diesem Weg werden Streitigkeiten vermieden und zukünftigen Geschäftsbeziehungen steht nichts im Wege .
Dass Zeit Geld ist , gilt besonders beim Inkasso . Je früher Unternehmen Ihre Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an Inkassounternehmen zum Einzug einreichen , desto größer sind die Chancen , das Geld auch erfolgreich einziehen zu können ( vgl . Abb . 1 )
Forderungsmanagement als Baustein der Absicherung Der Einsatz von Inkasso ist als singuläre Lösung im Debitorenmanagement oder als Baustein in Kreditversicherungsprodukten möglich . Bei Versicherungspolicen der Kreditversicherer ist Forderungsmanagement dann obligatorisch , wenn der Nichtzahlungstatbestand ( Protracted default ) als Schadenfall versichert ist .
Dabei ist nicht die Insolvenz des Schuldners der Schadenfall , sondern eine Frist , in der der Abnehmer nicht bezahlt hat . Nach einem Interventionsauftrag des Kunden beauftragt der Kreditversicherer die Inkassogesellschaft mit der Beitreibung der Forderung . Im Falle einer notleidenden Forderung besteht durch Inkasso die Möglichkeit , statt der üblichen 90 % Entschädigung eine vollständige Beitreibung der offenen Forderungen zu erreichen .
Erfolgreiche Inkassomaßnahmen wirken sich darüber hinaus positiv auf die Schadenquote aus , wodurch mögliche Bonifikationen und Schadenfreiheitsrabatte gesichert werden können .
„ Geschäftsbeziehung des Gläubigers soll nicht leiden “
CM : Wie sieht der Prozess aus , wenn ein Inkassoauftrag bei Ihnen eingeht ? RC : Wenn uns ein Gläubiger beauftragt , starten wir zunächst mit einer Bonitätsrecherche über den Schuldner , inklusive einer Anfrage an das Schuldnerregister und einer Konkursanfrage . Zur gleichen Zeit erfolgt die erste schriftliche Mahnung . In der Folge nehmen wir auch telefonisch Kontakt mit dem Schuldner auf , um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen . Dies kann in Form von Stundungsvereinbarungen oder Ratenzahlungen , Schuldanerkenntnissen oder Vergleichen erfolgen .
CM : Was geschieht , wenn der Schuldner nicht zahlen möchte oder nicht auffindbar ist ? RC : Beides kommt vor . Ist der Schuldner nicht gewillt zu zahlen , geht der Vorgang vor Gericht . Ab diesem Zeitpunkt übernehmen spezialisierte Vertragsanwälte die Sache , da dies meist langwierig ist . Wurde per Gerichtsbeschluss eine titulierte Forderung erreicht , verfolgt das Inkassounternehmen übrigens bis zu 30 Jahre lang die erwirkten Titel . Ist ein Schuldner unauffindbar , beginnt eine Schuldnersuche über Detekteien oder einen Inkasso-Außendienst .
CM : Wie sieht es bei Forderungen im Ausland aus ? RC : Coface bietet das weltweit größte eigene Inkasso-Netzwerk an , mit einer Abdeckung von 134 Ländern durch 48 eigene Coface- Inkassostandorte sowie zusätzliche Abdeckung in rund 50 Ländern durch Inkassopartner . Wir übernehmen dabei den außergerichtlichen Einzug von Forderungen im In- und Ausland . Beim gerichtlichen Einzug arbeiten wir wie bereits erwähnt mit Vertragsanwälten zusammen . Auf beiden Ebenen erfolgen alle Aktionen immer in enger Abstimmung mit dem Gläubiger . Denn dessen Geschäftsbeziehung soll nicht leiden , sondern durch Inkasso letztlich professioneller werden .
CM : Sie sind bei Coface neben Inkasso auch für den Schadenbereich in der Region Nordeuropa zuständig . Wo sehen Sie aktuell die meisten Schäden ? RC : Wir sehen seit geraumer Zeit insgesamt eine steigende Tendenz , also einen Anstieg der Schäden . Das gilt sowohl für die Anzahl als auch für das Volumen der gemeldeten Schadenfälle . Wobei man erwähnen muss , dass wir aufgrund der umfassenden staatlichen Coronahilfen auch von einem sehr niedrigen Niveau kommen . Eine Branche , die uns in der nordeuropäischen Region derzeit intensiv beschäftigt , ist das Baugewerbe . Hauptgründe sind gestiegene Rohmaterialpreise bei Stahl , Kunststoff und Holz , Lieferengpässe und nicht zuletzt die stark gestiegenen Zinsen .
CM : Gibt es weitere „ Sorgenkinder “? RC : Ja , auch die Lebensmittelbranche verzeichnet mehr Schäden . Hier belasten die gestiegenen Energiepreise und stark verteuerte Rohmaterialien wie Zucker die Produzenten . Als Beispiel werden ja medial oft Bäckereien herangezogen . Darüber hinaus können Retailer die Preise nicht mehr 1:1 an die Supermärkte weitergeben , da diese extrem preissensibel agieren aus Angst , dass ihre Endkunden in Richtung Discounter abwandern . Ebenfalls betroffen ist das Bio-Segment , wo die Nachfrage aufgrund der Preise rückläufig ist .
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