Bücher über Interreligiöse Spiritualität, Meditation und Universaler Sufismus Die Seele der Blumen - Heilende Pflanzen-Essenzen | Page 11

Mit Pflanzen reden könnte, basiert auf einem Wissen, welches aus Liebe entsteht. Liebevolle Beobachtung eröffnet unserem Schauen die Entwicklungsmöglichkeiten unseres Gegenübers. Eine solche Einsicht „was eine Blume werden kann“, was es dazu braucht und was ihr Wachstum hindert, entspringt aus Liebe zur Blume. Wenn Murshid Inayat Khan also von einer weiterführenden, spirituellen Möglichkeit im Umgang mit Pflanzen im Gartenbau und Ackerbau spricht, meint er nicht weniger als eine gesteigerte Sympathie für unsere Nutzpflanzen. Nur wer gerne Zeit im Garten verbringt, nur wer nicht darauf aus ist, möglichst schnell fertig zu sein um seine Zeit für andere Interessen zur Verfügung zu haben, nur dieser Mensch liebt seine Pflanzen. Murshid war ein Bewunderer von Luther Burbank, der famose Pflanzenzüchter, der Anfangs des 20. Jahrhunderts „Wunder“ wirkte. Er züchtete eine ganze Reihe von neuen Pflanzen und Bäumen mit Fähigkeiten, die man nicht für möglich gehalten hatte. Seine Biografie wurde auch auf Deutsch übersetzt und ist antiquarisch noch erhältlich. Wenn man liest, wie er einen Kaktus in einem schier endlosen Ausleseverfahren davon abbringt, Dornen zu tragen, versteht man etwas von seiner Aussage: „Ich liebe alles! Ich liebe die Menschheit – ich liebe Blumen – ich liebe Kinder – ich liebe meinen Hund – ich bin ein Liebhaber des Menschen Jesus – ich bin ein Liebhaber von allem was hilft.“ Burbank bezeichnete sich selbst als Ungläubigen. Damit meinte er, dass er sich nicht mit dem engstirnig orthodox- religiösen AntiEvolutions-Gedankengut abfinden möchte. Er zeigte ein Leben lang, dass, wenn man sorgfältig beobachtet und mit viel Geduld begleitet, Pflanzen sich evoluie- ren können. Murshid besuchte ihn in seinem Garten in Kalifornien. Am meisten beeindruckte ihn die überbordende Freude von Burbank im Umgang mit seinen Pflanzen. Murshid zitiert Luther Burbank: „Du solltest die Neigung einer Pflanze beobachten, was ihre Veranlagung ist; denn wenn du nicht hinschaust, wird die Pflanze sich nicht voll entwickeln. Ich behandele sie wie lebende Wesen. Sie sprechen zu mir, und ich zu ihnen“. Genau das ist es, was Murshid als Glauben bezeichnet. Das Vertrauen, das Burbank in seine Pflanzen hatte war unerschütterlich. Er lebte mit ihnen in einer Liebesbeziehung. Der liebende Blick und die liebevolle Zuwendung halfen den Pflanzen, Eigenschaften zu entwickeln, die man kaum glauben konnte. Diese Haltung nennt Murshid spirituell: “In meiner Auslegung bedeutet spirituell lebendig. Ein spiritueller Mensch, der offen ist für die Schönheit von Poesie, der für die Schönheit von Melodie, von Harmonie empfindsam ist, der sich von der Schönheit der Natur erheben lässt, der wie ein lebendiges Wesen lebt, nicht wie ein totes, diese Person kann wahrlich spirituell genannt werden. Und du wirst immer feststellen, dass es die Neigung von spirituellen Persönlichkeiten ist, sich für jeden Menschen in ihrem Leben zu interessieren. Das ist der Beweis dafür, dass sie leben. Ein Mensch, der in sich selbst gefangen ist, hat sich verschlossen, er hat vier Wände um sich gebaut. Das kann sein Grab sein; er ist darin beerdigt. Der lebendige Mensch sieht von Natur aus alles; und beim Schauen sympathisiert er mit allem, reagiert auf alles, wertschätzt alles in allem; und auf diese Art und Weise weckt er in sich selbst die sublime Vision von der Immanenz Gottes.“ - 11 -