Bücher über Interreligiöse Spiritualität, Meditation und Universaler Sufismus Die Erleuchtung des Schattens - Leseprobe | Page 23

– EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS – einzugehen: hin zu mehr sozialer, Geschlechter- und ökologischer Gerechtigkeit. Zugleich wird die innere Führung, die er einzelnen Murids geben kann, stärker und stärker. In klassischen Sufi-Begriffen: Fana – Auslöschung – vermengt sich mit Baqa – volle Verwirklichung des eigenen Menschseins als Teil des „verborgenen Schatzes“, durch den Allah in jedem Augenblick neue Entdeckungen macht. In diesem Sinne kommen die Wirklichkeit der alten Sufi- Überlieferung und die Wahrheit des Lebens im Hier und Jetzt in seinem Leben zusammen. Wenn wir jetzt etwa 15 Jahre nach Moineddins Tod zurückschauen, erscheint das, was er – in persönlicher und gemeinschaftlicher Hinsicht – geschaffen hat, sogar noch bedeutender. Der mystische Pfad der Sufis ist überall in seinem „Heimatland“ vom Islamismus der einen oder anderen Art bedroht. Sufi-Schreine, Bibliotheken und Dargahs (Grabstätten von Heiligen) werden angegriffen und zerstört. Lebende Lehrer gehen in den Untergrund oder fliehen. Wie beim Tibetischen Buddhismus haben wir vielleicht schon den Punkt erreicht, wo authentischer Sufismus im Westen lebendig gehalten wird. Vielleicht kann er eines Tages von hier wieder an seinen Ursprung zurückkehren. Inshallah. Moineddin war mein persönlicher Wegbegleiter auf dem Sufi- Pfad, deshalb kann kein Bild, das hier gezeigt wird, objektiv sein. Ich vertraue darauf, dass seine eigene Stimme klar durch jede falsche Note meinerseits hindurch klingt. Moineddin wollte mit Moineddin angesprochen werden, nicht mit „Murshid“. Er schrieb den bekannten Satz: „Ich bin nicht Murshid, wir sind Murshid. Ich habe nicht alle Antworten. Vielleicht haben wir alle Antworten.“ Was mich am meisten bewegt hat beim Aufreihen der Gebetsperlen seines Lebens aus diesen Papieren, physisch und elektronisch, war seine unerbittliche Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Sogar wenn er mit seiner Ehrlichkeit falsch lag, war er so ehrlich, wie er nur sein konnte. Doch meistens, jedenfalls in Beziehung zu mir, als Murid, lag er richtig und bewahrte mich vor vielen, möglicherweise verhängnisvollen Schlaglöchern im Leben und führte mich auf Wege, die zwar auch noch ziemlich holprig waren, aber die keine Achse brechen würden. Ich dachte, ihn ganz gut zu kennen, doch mit der Unterstützung seiner anderen Freund/e/innen und Schüler/innen, die für dieses Projekt Briefe und E-Mails zur Verfügung gestellt haben, erkenne ich, dass ich ihn wohl nur ein wenig verstanden hatte. Sein eigenes Lebensmotto lässt 23