ASO! Augsburg Süd-Ost ASO-Augsburg Süd-Ost, Februar 2016 | Page 10
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A S O ! Februar 2016
Fortsetzung
Am nächsten Morgen strahlt der Himmel
hell. Frohen Schrittes erreichen wir abermals den kleinen Hafen. Heute geht unser
Flugzeug! Wieder versammelt die zwei
Franzosen, der Italiener und wir Deutsche. Der Wind hat nachgelassen und die
Hoffnung kam mit dem Sonnenaufgang.
Endlich, ein Uniformierter. Im brüchigen
Englisch erklärt er, es sei unsicher, ob die
Fähre heute fahren könne. Man müsse warten. Und so warten wir. Stunde um Stunde.
Der Vormittag verstreicht und mit ihm die
allerletzte Möglichkeit, vielleicht noch unser Flugzeug zu erreichen. Überall werden
die Handys gezückt. Wetterbericht. Anrufe
bei der Wetterbehörde, der Fährengesellschaft, der Fluggesellschaft. Fassungslose Blicke. Der Sturm sei doch vorbei! Ja,
aber das Meer sei noch zu unruhig. Aber
die Wellen wirken doch nicht mehr groß,
protestieren wir und fühlen uns ungerecht
behandelt. Ob die in der Hafenbehörde
überhaupt wüssten, wie wichtig das sei?
Wie wichtig die Termine seien, die wir zu
erreichen hätten? Der eine hat eine Vorlesung in Medizin zu halten, der andere ein
entscheidendes Treffen für ein großes Bauprojekt »Aber ich muss morgen in Mailand
sein!«, oder in München, Paris, Athen. Alternativrouten werden erwogen. Ein Waldarbeiter lässt sich breitschlagen, uns für ei-
nige hundert Euro tief in den Wald bis zur
Grenze des Athos-Gebiets zu fahren. Von
dort könne man es zu Fuß versuchen. Allerdings sei das nicht ungefährlich, immer
wieder seien Wanderer tief in diesem unwirtlichen Urwald verloren gegangen. Die
Alternative: ein kleines Boot von der anderen Seite der Insel. Doch auch daraus wird
nichts: Das Meer sei noch immer zu unru-
Das Meer kann man nicht
bestechen. Schreie. Tränen der
Wut. Hier lässt sich nichts mit
Geld kaufen, mit Verhandeln
ändern.
hig. Der Tonfall wird wütender, der Blick
des Hafenaufsehers immer gleichgültiger.
Vielleicht werde das Seewetter ja noch
besser. Aber es sei doch schon besser! Ja,
aber wir verstünden einfach nichts vom
Meer. Ob es eine Frage des Geldes sei, startet der französische Soldat seinen letzten
verzweifelten Versuch. Doch die Hafenbehörde zeigt sich unbestechlich. Und selbst
wenn sie bestechlich wäre: Das Meer kann
man nicht bestechen. Schreie. Tränen der
Wut. Hier lässt sich nichts mit Geld kaufen,
mit Verhandeln ändern. Wir sind ausgeliefert und hängen fest. »Wenn aber wieder
ein Gott mich schlägt auf dem weinroten
Meer, ertragen will ich‘s ( ... ), denn schon
viele Leiden litt ich und viele Mühen auf
den Wogen und im Krieg«, lässt Homer
den Odysseus der Göttin Kalypso zum Abschied sagen – ein wenig nachfühlen kann
ich dem attischen Helden in seiner Sehnsucht, endlich nach Hause zu kommen.
All unsere Pläne von einem Sturm aus der
Hand gerissen. In Scherben zu unseren
Füßen wie das dünne Fensterglas. Vor uns
schlicht die unbeugsame Macht der See.
Und wir vor ihr.
Stets liebte ich das Meer. Der Blick in die
grenzenlose Weite. Dort, wo die schnurgerade Kimm die Unendlichkeit der Wasserfläche mit der des blauen Himmelsraumes
zu verbinden und von ihr scharf zu trennen
versteht. Ich liebte den Ozean mit seinen
Schätzen. Den Korallen und eiskalten Tiefen. Den schattigen Palmenstränden und
dem millionenfachen Glitzern des blendenden Sonnenuntergangs auf den glatten Wogen. Und seit jenen Tagen zwischen
Bangen und Hoffen, zwischen ratlosem
Warten und mürrischem Sich-Ergeben, seit
jenen Tagen im Sturm auf Athos, sage ich:
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