ASO! Augsburg Süd-Ost ASO-Augsburg Süd-Ost, Februar 2016 | Page 11
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A S O ! Februar 2016
Ich liebe und fürchte das Meer. Das Watt,
das mit seiner Weite lockt und mit seinen
Mustern und kleinen Geheimnissen im
Schlick, und das Watt, in dem man sich
tödlich verlieren kann. Die Flut, die jauchzend in die Klippen kracht und Kinder in
den Wellen toben lässt, und die, in der
man ertrinken kann. Ich liebe und fürchte
das Meer. Und nur weil ich es fürchte, staune ich so recht darüber. Ich meine nicht
Angst, aber ich habe Respekt davor. Und
hätte ich das nicht, so würde ich es nicht
kennen. Je mehr man es kennt, desto mehr
liebt und fürchtet man es. Und es kennt
wohl jener am besten und weiß auch um
seine Gefahren, der auf einer Insel lebt. Der
vom Meer umgeben ist. Dem der Landweg nicht offensteht. Sein Auge schweift
permanent hinaus ins Grenzenlose und
er gerät immer wieder ins Staunen. Die
frische Brise und die Hoffuung auf neue
Ausfahrt ist ihm immer neu, wie der Schrei
der Möwe. Zugleich weiß er, womit er es zu
tun hat. Selbst der Tauglichkeit des Schiffes und selbst dem Wetterbericht wird er
nur bedingt Bedeutung zumessen. Denn
er hat schon zu viel gesehen von dem, wie
das Meer sein kann. Verschmitzt schüttelt
er den Kopf, murmelt sein »wer weiß, wer
weiß« und meint damit: Am besten macht
man Frieden mit dem Meer, findet sich ab
mit Gezeiten, Wetter und Strömungen.
Der Mann auf der Insel ahnt: All das wird
sich niemals ändern lassen. Und trotzdem
liebt er das Meer, obwohl, gerade weil er es
auch fürchtet.
Ich liebe und fürchte Gott wie das Meer. Ich
staune über Gott wie über das Meer. Früh
schon begann ich mit dem Staunen. Doch
Am besten macht man Frieden
mit dem Meer, findet sich ab
mit Gezeiten, Wetter und Strömungen.
er ist mir immer größer geworden, so wie
das Meer. Das Staunen ist der Anfang der
Philosophie, das wussten schon Plato und
Aristoteles. Doch es ist auch der Anfang des
Betens. Dem Betenden wird Gott immer
größer. Und er hat mehr zu staunen, mehr
zu lieben und – mehr zu fürchten. Denn was
man nicht fürchten kann, darüber staunt
man nicht recht. Nicht Angst ist gemeint,
doch das Spüren, dass da etwas viel Größeres ist als man selbst. Wovor man nicht
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