+3 Magazin November 2019 | Page 15

+3 Jutta Zeisset, Agrarunternehmerin und Marketingtrainerin Reden, reden, reden Die Zukunft der Landwirtschaft wird sehr vielfältig. Daher ist es wichtig, sich dabei nicht zu verrennen, son- dern sich auf ein bestimmtes Gebiet zu spezialisieren. Schwierig ist es hin- gegen, Landwirten vorzuschreiben, welchen Weg sie dabei am besten gehen sollen. Die Landwirtschaft ist bunt, denn jeder Mensch ist anders – und das soll auch so bleiben, denn nur dann sind wir authentisch. Was aber alle Landwirte brauchen, ist die Kommunikation mit Konsumenten. Egal ob mit einem Hoffest oder ei- ner eigenen Website. Ich persönlich AGENDA AGRAR Die größten Herausforderungen für Landwirte 15 habe mich dabei auf den digitalen Weg begeben und kommuniziere mit meinen Konsumenten viel über Facebook und Instagram. 2002 habe ich den Hof meiner Eltern übernom- men. Aus dem Zwei-Personen-Be- trieb ist mittlerweile ein ganzes Un- ternehmen geworden – mit eigenem Hofladen und Museums-Café. Bald wird es auch einen Online-Shop für Gebäck geben. Wenn wir zum Bei- spiel frische Nussecken aus unserer Backstube anbieten, stelle ich diese auf Instagram. Das zieht auf jeden Fall Kundschaft an. Bei meinen So- cial-Media- und Online-Marketing- kursen erkläre ich immer, wie wich- tig Öffentlichkeitsarbeit ist – egal ob online oder offline. Gemeinsam mit Thomas Fabry habe ich dafür den Alexa-Skill „Frag den Landwirt“ eingerichtet. Darüber kann man seit diesem Jahr Alexa über sein Smart- phone fragen, was zum Beispiel Wei- demilch ist oder wie viele Babys ein Schwein bekommt. Kommunikation soll ja auch eine Form der Aufklä- rung sein. Digitalisierung Karl-Heinz Kogel, Professor für Phytopathologie, Justus-Liebig-Universität Gießen Gesellschaftliche Akzeptanz Steigende Tierwohlanforderungen Fremdkapitalbelastung Ingieneure der Natur Flächenknappheit Die stärksten Innovation in der Land- wirtschaft kommen auch in Zukunft aus der Pflanzenzüchtung, insbeson- dere aus den neuen Züchtungstech- niken wie dem Genom Editing, kurz CRISPR/Cas genannt. An zweiter Stelle zu nennen ist der Einsatz von Biologicals, also von nützlichen Mi- kroorganismen, die die Boden- und Pflanzengesundheit und den Ertrag deutlich steigern werden. Diese Inno- Produktionskosten Zahlungsfähigkeit sichern 0% Großbritannien Polen 20% 40% Niederlande Frankreich 60% 80% Deutschland Umfrage innerhalb eines globalen Panels von 1.650 Landwirten aus elf Ländern, März 2018; Mehrfachnennungen möglich vationen werden einerseits getrieben durch Fortschritte in der Genomfor- schung und andererseits durch neue Erkenntnisse in Ökologie und Mik- robiologie. Sie werden dazu führen, dass der Einsatz chemischer Pflan- zenschutzmittel weitgehend obsolet wird. Hochinnovative neue Pflan- zenschutzverfahren, wie der Einsatz von RNA-Molekülen, die entweder gesprüht oder von der Pflanze selbst produziert werden können, werden die Toolbox im Pflanzenschutz ergän- zen. Der Einsatz heute noch verwen- deter problematischer Stoffe wie den für nützliche Bodenmikroorganismen hochtoxischen Kupferpräparaten, ge- rade auch im heutigen Bio-Anbau, wird dadurch in den nächsten 25 Jah- ren zu Ende gehen. Quelle: DLG Michael Welling, Sprecher Thünen-Institut – Bundesforschungs- institut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei Tierwohl 4.0 Wird in der Öffentlichkeit über Landwirtschaft diskutiert, kommt die Rede schnell auf die Nutztier- haltung. Den Tieren soll es, wenn sie uns schon Milch, Eier und Fleisch liefern, während ihres kurzen Lebens gut gehen. Doch was heißt eigentlich gut? Hier wird es häufig diffus, denn jeder Mensch hat dazu eigene Vor- stellungen und die Tiere selbst kann man nicht fragen. Oder doch? Gibt es Indikatoren, die zeigen, wie es dem Tier geht? Hier ist die Wissenschaft gefragt. Im Thünen-Institut wurde zum Beispiel für Milchkühe ein Indi- katoren-Katalog erarbeitet, mit dem sich das Tierwohl unter verschiede- nen Haltungsbedingungen objektiv bewerten lässt. Darauf basierend werden derzeit Prototypen für ein na- tionales Tierwohl-Monitoring entwi- ckelt. Ein objektives Monitoring des Tierwohls kann unter anderem auf bereits routinemäßig erfassten Indi- katoren wie Daten zur Milchkontrol- le fußen. Es hilft der Politik bei der Standortbestimmung und ermöglicht es ihr so, Maßnahmen zur Verbesse- rung anzustoßen. Entscheidend für die Zukunft der Nutztierhaltung in Deutschland wird sein, ob es gelingt, einen nationalen Konsens herzustel- len, welches Tierwohlniveau wir wol- len und wie es finanziert wird. Hierzu bedarf es eines offenen Diskurses zwi- schen Gesellschaft, Landwirten, Han- del und Politik. Gelingt dies, wäre das eine wegweisende Innovation. Ge- lingt es nicht, wird sich ein Teil unse- rer Tierproduktion perspektivisch ins Ausland verlagern. Anzeige www.rentenbank.de Wachstum fördern! 70 Jahre Rentenbank Moritz Schulte, Leser Synergieeffekte Wenn man sich die bisherigen land- wirtschaftlichen Revolutionen ins Ge- dächtnis ruft, wird einem klar, dass es immer Wechselwirkungen mit anderen Entwicklungen gab. Die Mechanisie- rung der Landwirtschaft ging Hand in Hand mit der industriellen Revolution und die Entwicklungen in der Chemie führten zu Pflanzenschutzmitteln und Kunstdünger. Zurzeit sind Digitalisie- rung und damit die Präzisierung der Landwirtschaft ein heißes Eisen. Rich- tig interessant wird es aber, wenn man, auch unter Berücksichtigung des Be- völkerungswachstums und der knap- pen Flächen, über Landwirtschaft, die in die Höhe geht, nachdenkt. Auch bis- her uninteressante Flächen wie Wüs- ten oder Landwirtschaft auf dem Meer könnte Zukunft haben. Es ist aber auch ein beruhigender Gedanke, dass man bei aller Digitalisierung Lebensmittel immer noch analog auf dem Feld und im Stall wachsen lässt und dass die Na- tur immer Grundlage unserer Ernäh- rung bleiben wird. Innovationen in der Agrarwirtschaft erfordern ein Vermögen. Oder uns. Neue Ideen liegen uns ganz besonders am Herzen: Als Förderbank der Land- und Ernährungswirtschaft sorgt die Rentenbank für eine stabile Kreditversorgung in dieser zukunftsträchtigen Branche. Zusätzlich kommt der Bilanz gewinn der Rentenbank direkt der Unterstützung von agrarwirtschaftlichen Innovationen zugute. Förderbank für die Agrarwirtschaft und den ländlichen Raum 118s168_RB_Sack_mSt_70Jahre_161019_HiRes.indd 1 Mittwoch, 16.10.19 11:56 ›