+3
Jutta Zeisset,
Agrarunternehmerin und
Marketingtrainerin
Reden, reden, reden
Die Zukunft der Landwirtschaft wird
sehr vielfältig. Daher ist es wichtig,
sich dabei nicht zu verrennen, son-
dern sich auf ein bestimmtes Gebiet
zu spezialisieren. Schwierig ist es hin-
gegen, Landwirten vorzuschreiben,
welchen Weg sie dabei am besten
gehen sollen. Die Landwirtschaft ist
bunt, denn jeder Mensch ist anders
– und das soll auch so bleiben, denn
nur dann sind wir authentisch. Was
aber alle Landwirte brauchen, ist die
Kommunikation mit Konsumenten.
Egal ob mit einem Hoffest oder ei-
ner eigenen Website. Ich persönlich
AGENDA AGRAR Die größten Herausforderungen für Landwirte
15
habe mich dabei auf den digitalen
Weg begeben und kommuniziere
mit meinen Konsumenten viel über
Facebook und Instagram. 2002 habe
ich den Hof meiner Eltern übernom-
men. Aus dem Zwei-Personen-Be-
trieb ist mittlerweile ein ganzes Un-
ternehmen geworden – mit eigenem
Hofladen und Museums-Café. Bald
wird es auch einen Online-Shop für
Gebäck geben. Wenn wir zum Bei-
spiel frische Nussecken aus unserer
Backstube anbieten, stelle ich diese
auf Instagram. Das zieht auf jeden
Fall Kundschaft an. Bei meinen So-
cial-Media- und Online-Marketing-
kursen erkläre ich immer, wie wich-
tig Öffentlichkeitsarbeit ist – egal
ob online oder offline. Gemeinsam
mit Thomas Fabry habe ich dafür
den Alexa-Skill „Frag den Landwirt“
eingerichtet. Darüber kann man seit
diesem Jahr Alexa über sein Smart-
phone fragen, was zum Beispiel Wei-
demilch ist oder wie viele Babys ein
Schwein bekommt. Kommunikation
soll ja auch eine Form der Aufklä-
rung sein.
Digitalisierung
Karl-Heinz Kogel,
Professor
für Phytopathologie,
Justus-Liebig-Universität
Gießen
Gesellschaftliche
Akzeptanz
Steigende
Tierwohlanforderungen
Fremdkapitalbelastung
Ingieneure der Natur
Flächenknappheit
Die stärksten Innovation in der Land-
wirtschaft kommen auch in Zukunft
aus der Pflanzenzüchtung, insbeson-
dere aus den neuen Züchtungstech-
niken wie dem Genom Editing, kurz
CRISPR/Cas genannt. An zweiter
Stelle zu nennen ist der Einsatz von
Biologicals, also von nützlichen Mi-
kroorganismen, die die Boden- und
Pflanzengesundheit und den Ertrag
deutlich steigern werden. Diese Inno-
Produktionskosten
Zahlungsfähigkeit
sichern
0%
Großbritannien
Polen
20%
40%
Niederlande
Frankreich
60%
80%
Deutschland
Umfrage innerhalb eines globalen Panels von 1.650 Landwirten aus elf Ländern,
März 2018; Mehrfachnennungen möglich
vationen werden einerseits getrieben
durch Fortschritte in der Genomfor-
schung und andererseits durch neue
Erkenntnisse in Ökologie und Mik-
robiologie. Sie werden dazu führen,
dass der Einsatz chemischer Pflan-
zenschutzmittel weitgehend obsolet
wird. Hochinnovative neue Pflan-
zenschutzverfahren, wie der Einsatz
von RNA-Molekülen, die entweder
gesprüht oder von der Pflanze selbst
produziert werden können, werden
die Toolbox im Pflanzenschutz ergän-
zen. Der Einsatz heute noch verwen-
deter problematischer Stoffe wie den
für nützliche Bodenmikroorganismen
hochtoxischen Kupferpräparaten, ge-
rade auch im heutigen Bio-Anbau,
wird dadurch in den nächsten 25 Jah-
ren zu Ende gehen.
Quelle: DLG
Michael Welling,
Sprecher Thünen-Institut
– Bundesforschungs-
institut für Ländliche
Räume, Wald und
Fischerei
Tierwohl 4.0
Wird in der Öffentlichkeit über
Landwirtschaft diskutiert, kommt
die Rede schnell auf die Nutztier-
haltung. Den Tieren soll es, wenn sie
uns schon Milch, Eier und Fleisch
liefern, während ihres kurzen Lebens
gut gehen. Doch was heißt eigentlich
gut? Hier wird es häufig diffus, denn
jeder Mensch hat dazu eigene Vor-
stellungen und die Tiere selbst kann
man nicht fragen. Oder doch? Gibt es
Indikatoren, die zeigen, wie es dem
Tier geht? Hier ist die Wissenschaft
gefragt. Im Thünen-Institut wurde
zum Beispiel für Milchkühe ein Indi-
katoren-Katalog erarbeitet, mit dem
sich das Tierwohl unter verschiede-
nen Haltungsbedingungen objektiv
bewerten lässt. Darauf basierend
werden derzeit Prototypen für ein na-
tionales Tierwohl-Monitoring entwi-
ckelt. Ein objektives Monitoring des
Tierwohls kann unter anderem auf
bereits routinemäßig erfassten Indi-
katoren wie Daten zur Milchkontrol-
le fußen. Es hilft der Politik bei der
Standortbestimmung und ermöglicht
es ihr so, Maßnahmen zur Verbesse-
rung anzustoßen. Entscheidend für
die Zukunft der Nutztierhaltung in
Deutschland wird sein, ob es gelingt,
einen nationalen Konsens herzustel-
len, welches Tierwohlniveau wir wol-
len und wie es finanziert wird. Hierzu
bedarf es eines offenen Diskurses zwi-
schen Gesellschaft, Landwirten, Han-
del und Politik. Gelingt dies, wäre das
eine wegweisende Innovation. Ge-
lingt es nicht, wird sich ein Teil unse-
rer Tierproduktion perspektivisch ins
Ausland verlagern.
Anzeige
www.rentenbank.de
Wachstum
fördern!
70 Jahre
Rentenbank
Moritz Schulte, Leser
Synergieeffekte
Wenn man sich die bisherigen land-
wirtschaftlichen Revolutionen ins Ge-
dächtnis ruft, wird einem klar, dass es
immer Wechselwirkungen mit anderen
Entwicklungen gab. Die Mechanisie-
rung der Landwirtschaft ging Hand in
Hand mit der industriellen Revolution
und die Entwicklungen in der Chemie
führten zu Pflanzenschutzmitteln und
Kunstdünger. Zurzeit sind Digitalisie-
rung und damit die Präzisierung der
Landwirtschaft ein heißes Eisen. Rich-
tig interessant wird es aber, wenn man,
auch unter Berücksichtigung des Be-
völkerungswachstums und der knap-
pen Flächen, über Landwirtschaft, die
in die Höhe geht, nachdenkt. Auch bis-
her uninteressante Flächen wie Wüs-
ten oder Landwirtschaft auf dem Meer
könnte Zukunft haben. Es ist aber auch
ein beruhigender Gedanke, dass man
bei aller Digitalisierung Lebensmittel
immer noch analog auf dem Feld und
im Stall wachsen lässt und dass die Na-
tur immer Grundlage unserer Ernäh-
rung bleiben wird.
Innovationen in der Agrarwirtschaft erfordern
ein Vermögen. Oder uns.
Neue Ideen liegen uns ganz besonders am Herzen: Als Förderbank der Land- und
Ernährungswirtschaft sorgt die Rentenbank für eine stabile Kreditversorgung in dieser
zukunftsträchtigen Branche. Zusätzlich kommt der Bilanz gewinn der Rentenbank
direkt der Unterstützung von agrarwirtschaftlichen Innovationen zugute.
Förderbank für die Agrarwirtschaft
und den ländlichen Raum
118s168_RB_Sack_mSt_70Jahre_161019_HiRes.indd 1
Mittwoch, 16.10.19 11:56
›