+3 Magazin März 2019 | Page 7

Anzeige Monique R. Siegel, Gründerin Think Tank Female Shift Eine neue Generation Also: Was ist Ihnen bei der Frage, wie Wirtschaft weiblicher wird, auf den ers- ten Blick eingefallen? Hübscher? Bun- ter? Sexyer? Komplizierter? Metoo? Wie gesagt, auf den ersten Blick. Auf den zweiten haben Sie vielleicht gedacht: „So’n Quatsch, muss jetzt schon ein Abstraktum weiblicher werden?“ Beide Denkweisen sind be- rechtigt, verengen aber gleichzeitig die Diskussion und werden dadurch irrelevant. In der Frage liegt nämlich einmal mehr das überholte Verglei- chen, Gegeneinander-Aufrechnen und Evaluieren von dem, was her- kömmlich als männlich oder weiblich deklariert wird. Und das können wir Sabine Herold, Geschäftsführende Gesellschafterin in einem mittelständischen Unternehmen Keine Quote Als ambitionierte Ingenieurin emp- finde ich eine Frauenquote als dis- kriminierend. Egal wie gut man ist, es schwingt immer die Unterstellung mit: Du hast diese Position nur, weil du eine Frau bist. Dabei sollte es auf die Qualität der Arbeit ankommen. Wir können in Deutschland auf un- seren hohen Industrieanteil stolz sein – mit oft sehr technisch gepräg- ten Unternehmen. Allerdings ist nur jeder fünfte Studierende in den Ingenieurwissenschaften weiblich und im Maschinenbau ist es sogar nur jeder zehnte. Es sind aber genau Kristina Lunz, Mitbegründerin und Deutschlanddirektorin Centre for Feminist Foreign Policy Keine Klischees Wirtschaft wird weiblicher, wenn pat- riarchale Strukturen abgeschafft wer- den. Dazu müssen diese beim Namen benannt und aktiv angegangen werden. Als Gründerin liegt mir die Startup- Welt am Herzen. Auch hier gilt: It’s a man’s world. 2018 etwa gingen nur zwei Prozent des Risikokapitals an Gründe- rinnen. Da wir die Fakten und Zahlen haben, die uns belegen, dass dies alles auf nichts anderem als Sexismus und einer patriarchalischen Kultur beruht, in der Männern Privilegien wie Geld ohne Grund zugesprochen werden, ist es umso frustrierender, wenn dieses uns nicht mehr leisten. Frauen sind anders. Männer auch. Und das ist nicht nur gut so, sondern nötig. Inno- vation braucht Irritation. Fast täglich werden wir mit einer neuen Krise be- glückt und so langsam wächst die Er- kenntnis, dass Albert Einstein einmal mehr Recht hatte mit seiner lapidaren Feststellung: „Die Welt, die wir ge- schaffen haben, ist das Resultat einer überholten Denkweise. Die Probleme, die sich daraus ergeben, können nicht mit derselben Denkweise gelöst wer- den.“ Wir brauchen also neues Den- ken, neue Lösungsansätze, Innovation auf jedem Gebiet. Und woher soll das alles kommen? Aus unverbrauchten, anders tickenden Köpfen, die andere Prioritäten setzen und andere Ziele ansteuern. Das ist in erster Linie die neue Generation von bestausgebilde- ten Frauen, die ihre Lösungsvorschlä- ge einbringen kann – auf Augenhöhe mit ihren Kollegen. solche Ausbildungen, die man für Führungspositionen in Unterneh- men wie unserem benötigt. Um mehr Frauen in technische Führungspo- sitionen zu bekommen, müssen wir also viel früher ansetzen. Wir sollten schon Mädchen für Technik begeis- tern und ihnen etwa Modellbaukäs- ten statt Puppenwagen schenken. Zudem müssen wir Mädchen unter- stützen, genauso viel Selbstvertrauen zu entwickeln wie die meisten Jungs – eine wichtige Voraussetzung für eine Führungsposition. Und schließ- lich brauchen wir eine zuverlässige Kinderbetreuung, auch über norma- le Arbeitszeiten hinaus, mit mehr männlichen Erziehern als heute: Auch diese schaffen Vorbilder. Oh- nehin verbessern gemischte Teams in allen Bereichen Arbeitsklima und Qualität. Klassische Rollenmodelle bricht man aber nicht mit Gesetzen auf, sondern mit Begeisterung und kreativen Mitteln. Eine Quote ist da das völlig falsche Mittel. veraltete Narrativ noch immer bedient wird: Frauen seien nicht mutig genug, gründeten nicht groß genug, müssten einfach nur forscher sein. Dieses Nar- rativ macht es sich einfach. Die Schuld wird der angeblichen Unfähigkeit von Frauen, wirtschaftlich gut zu agieren, zugeschrieben. Die patriarchalen und sexistischen Strukturen bleiben und all diejenigen – vor allem Männer –, die von diesen Strukturen profitieren, kommen einfach so davon. So funktio- niert kein Wandel. Wie Sarah Grimké, eine amerikanische Feministin des 19. Jahrhunderts, sagte: „Ich bitte keinen Gefallen für mein Geschlecht. Alles, was ich von unseren Brüdern verlan- ge, ist, dass sie uns die Füße vom Hals nehmen und uns erlauben, aufrecht zu stehen.“ So auch in der Wirtschaft: Wir bräuchten keine Quoten und Program- me zur Förderung von Frauen, würden das System und die, die davon profitie- ren, uns nicht ständig runterdrücken. › VIELFALT FÖRDERN! Birthe Kristin Kuhlenbeck, Global Head of Recruiting EDAG Engineering GmbH Organisationen, die einen hohen Grad an Diversität aufweisen, sind in einer sich schnell verändernden Umwelt erfolgreicher als Organisa- tionen, die weniger divers aufgestellt sind. Demnach sollte es oberste Priorität des Managements sein, Talente mit unterschiedlichen Hinter- gründen, Geschlechtern, Ethnien und Expertisen und damit Vielfalt zu fördern. So ist gerade in männerdominierten Branchen mehr Weiblich- keit in der Wirtschaft kein Wundermittel, jedoch zweifelsohne eine Ga- rantie für weitere Reflexionen und damit Sicht- und Denkweisen für sich stetig aus sich heraus verändernde Organisationen. Unternehmen ist demnach zu empfehlen, destruktive Mechanismen, welche etwa in der Personalauswahl Diversität verhindern, zu elimi- nieren. Die Unternehmen, die attraktive Voraussetzungen in Form von Arbeitsstrukturen, Arbeitsformen und neuen Arbeitsweisen für alle he- terogenen Zielgruppen schaffen, können guten Gewissens ohne Regle- mentierungen darauf vertrauen, dass die beste Leistung durch die bes- ten – weiblichen und männlichen – Mitarbeiter und nicht durch eine vorgegebene Frauenquote in der Wirtschaft gebracht wird. „Die Wirtschaft muss nicht weiblicher, sondern diverser und offen für Veränderungen werden.“ Gerade im Recruiting sind wir jedoch täglich mit einem der größten Diversitätssaboteure konfrontiert: dem Ähnlichkeitsprinzip. Menschen bevorzugen tendenziell Beziehungen mit Menschen, die ähnlich denken und handeln wie sie selbst, um sich selbst bestätigt zu fühlen, Konflik- te zu vermeiden und um Komplexität zu reduzieren. So tendieren auch Führungskräfte dazu, vermeintlich sichere Wege zu beschreiten und we- nig Risiken mit unbekannten Parametern einzugehen und entscheiden sich intuitiv häufig eher für ihresgleichen. Sich dies bewusst zu machen und sich dabei gezielt selbst und somit auch die Organisationsstruktur immer wieder herauszufordern, ist eine wichtige Voraussetzung für Di- versität. Erfolgreiche Personalauswahl heißt auch, Kandidaten auszu- wählen, die bei gegebener fachlichen Eignung nicht das eigene Verhal- ten replizieren. Die ist der erste und gleichzeitig entscheidende Schritt für mehr Vielfalt in Organisationen − und führt mit heutigem Blick in Vorstandsetagen und Aufsichtsräten automatisch zu einem höheren Frauenanteil in der Wirtschaft. Mehr Informationen unter: www.edag.de/karriere