+3 Magazin März 2019 | Page 6

+1 6 › Sabine M. Fischer, Human-Factor- Unternehmensberaterin WAHRNEHMUNGS-GAP Der Anteil weiblicher CEOs in den weltweit 500 größten Unternehmen wird überschätzt 3% 29% Mexiko 24% Brasilien Die Unterscheidung muss ein Ende haben Abgesehen von der Grammatik war die Wirtschaft schon immer weiblich: Seit der Steinzeit gestalten Frauen als Produzentinnen, Managerinnen, Un- ternehmerinnen, Mitarbeiterinnen und Konsumentinnen die Wirtschaft – trotz gesetzlicher Restriktionen wie männliche Vormundschaft und Verbot der Erwerbstätigkeit bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. Nicht die Wirtschaft muss weiblicher, son- dern die Leistungsbewertung in der Wirtschaft muss korrekter werden: Die Leistungen von Frauen müssen sichtbarer und angemessen bewertet und entlohnt werden. Studien bele- gen einen Gender Gap bei Einkom- men und Karriereverläufen – auch dann, wenn Frauen keine Mütter sind. Ein langfristiger Einkommens- verlust von 61 Prozent für Mütter in Deutschland ist unfair, bedenkt man die Bedeutung von Mutterschaft für die Wirtschaft. Durch mehr Väterka- renzen wären Frauen entlastet. Und es braucht Investitionen in den Wirt- schaftszweig „Soziale Infrastruktur“, mit kinderfördernden Kitas und Schulen, menschengerechter Kran- ken- und Altenpflege und anderem mehr. Eine Initialzündung wären Männerquoten in allen von Frauen dominierten Berufen. So müssten sich Unternehmen, die diese Arbeits- plätze anbieten, und der Staat neue Strukturen und Entlohnungssysteme überlegen, um für Männer interes- sant und „leistbar“ zu sein. Die Ge- hälter von Frauen würden steigen. Die Wirtschaft wäre angekurbelt und Menschen könnten ihre Potenziale leben und wären nicht durch ihr Ge- schlecht festgelegt. Indien 23% Türkei 21% Russland 21% 20% Italien 18% Frankreich 18% USA 17% Spanien 16% China 15% Deutschland 13% Japan 12% Großbritannien 12% Australien 9% Südkorea Geschätzter Wert Tatsächlicher Wert Umfrage unter 19.428 Personen zwischen 16 und 64 Jahren, Januar-Februar 2018 Quellen: Ipsos, Statista Robert Franken, Digital- und Diversity-Berater Ändert das System Es mag ein wenig abgedroschen klin- gen, aber: „Wie wird die Wirtschaft weiblicher?“ ist vermutlich die völlig falsche Frage. Wir konzentrieren uns bei der Suche nach Antworten näm- lich viel zu sehr auf Frauen und lassen so außer Acht, dass die Systeme in der Wirtschaft in der Regel auf das Vor- ankommen von Männern ausgerich- tet sind. Wenn wir nun im Sinne klas- sischer Frauenförderung anfangen, den Frauen beizubringen, wie sie in männlichen Umgebungen erfolgreich sein können, dann haben wir mindes- tens drei Probleme. Erstens erhöhen wir den Anpassungsdruck auf die Frauen – und auf alle anderen, die nicht den organisationalen Normen entsprechen – immer weiter. Zwei- tens bedienen wir ein falsches Nar- rativ, da wir implizieren, dass Frauen per se gewissermaßen defizitär seien und besonderer Förderung bedürfen. Drittens lassen wir die Rahmenbe- dingungen weitgehend unangetastet. Doch genau diese Rahmenbedingun- gen müssen wir ändern, wenn wir männliche Monokulturen überwin- den wollen und wenn der Weg für et- was bereitet werden soll, das dringend Alice Dehner, Leserin Blockaden lösen Um Frauen mehr Karrierechancen zu geben, müssen Firmen strukturell ei- niges ändern. Im Coaching habe ich es aber auch immer wieder mit Frauen zu tun, die einen hervorragenden Job ma- chen, aber sich entweder nicht trauen, sich offensiv zu präsentieren, oder die ihre eigenen Leistungen immer wie- der anzweifeln. Ein wichtiger Schritt Anzeige LaMona chia 2019 Wirtschafts preis für Frauen Wirtschaftlich erfolgreich, innovativ und engagiert – Frauen tragen wesentlich zu Erfolg und Wachstum der Münchner Wirtschaft bei. Mit LaMonachia will die Stadt München Top-Managerinnen und Unternehmerinnen auszeichnen und Vorbilder sichtbar machen. Der Preis wurde 2018 erstmalig an Delia Fischer, Gründerin und Geschäftsführerin der Westwing AG sowie Christine Halbig, Inhaberin eines Ateliers für Hüte, verliehen. Die Ausschreibung 2019 für LaMonachia läuft bis zum 11. April. Eine Jury aus pro- minenten Vertreterinnen der Münchner Wirtschaft und Politik wählt die zwei Preis- trägerinnen aus. Kandidatinnen können sich bewerben oder vorgeschlagen werden unter www.muenchen.de/lamonachia gebraucht wird: kognitive Vielfalt. Es geht also um die Veränderung von Systemen, nicht um die Anpassung von Frauen. Wir brauchen Organisa- tionen, in denen möglichst alle ihr Po- tenzial bestmöglich entfalten können. Diversität ist dabei das Ziel, der Weg hingegen heißt: Inklusion. Damit ist nichts anderes gemeint als die Schaf- fung von Organisationskulturen, die die Teilhabe aller im Blick haben. besteht deshalb darin, das Selbstbe- wusstsein der Frauen zu stärken. Oft ist mit dem Exponieren der eigenen Person erheblicher innerer Stress ver- bunden, dass man das gar nicht erst wagt. Im Coaching lassen sich solche inneren Blockaden recht schnell auf- lösen – und zwar ohne langwierige Aufarbeitung der eigenen Lebensge- schichte wie in einer Psychotherapie. Viel mehr Frauen Fördermaßnahmen wie ein Coaching anzubieten, wäre also ein Schritt in die richtige Richtung.