+1
6
›
Sabine M. Fischer,
Human-Factor-
Unternehmensberaterin
WAHRNEHMUNGS-GAP Der Anteil weiblicher CEOs in den weltweit 500 größten Unternehmen wird überschätzt
3%
29%
Mexiko
24%
Brasilien
Die Unterscheidung
muss ein Ende haben
Abgesehen von der Grammatik war
die Wirtschaft schon immer weiblich:
Seit der Steinzeit gestalten Frauen als
Produzentinnen, Managerinnen, Un-
ternehmerinnen, Mitarbeiterinnen
und Konsumentinnen die Wirtschaft
– trotz gesetzlicher Restriktionen
wie männliche Vormundschaft und
Verbot der Erwerbstätigkeit bis weit
ins 20. Jahrhundert hinein. Nicht
die Wirtschaft muss weiblicher, son-
dern die Leistungsbewertung in der
Wirtschaft muss korrekter werden:
Die Leistungen von Frauen müssen
sichtbarer und angemessen bewertet
und entlohnt werden. Studien bele-
gen einen Gender Gap bei Einkom-
men und Karriereverläufen – auch
dann, wenn Frauen keine Mütter
sind. Ein langfristiger Einkommens-
verlust von 61 Prozent für Mütter in
Deutschland ist unfair, bedenkt man
die Bedeutung von Mutterschaft für
die Wirtschaft. Durch mehr Väterka-
renzen wären Frauen entlastet. Und
es braucht Investitionen in den Wirt-
schaftszweig „Soziale Infrastruktur“,
mit kinderfördernden Kitas und
Schulen, menschengerechter Kran-
ken- und Altenpflege und anderem
mehr. Eine Initialzündung wären
Männerquoten in allen von Frauen
dominierten Berufen. So müssten
sich Unternehmen, die diese Arbeits-
plätze anbieten, und der Staat neue
Strukturen und Entlohnungssysteme
überlegen, um für Männer interes-
sant und „leistbar“ zu sein. Die Ge-
hälter von Frauen würden steigen.
Die Wirtschaft wäre angekurbelt und
Menschen könnten ihre Potenziale
leben und wären nicht durch ihr Ge-
schlecht festgelegt.
Indien
23%
Türkei 21%
Russland 21%
20%
Italien
18%
Frankreich
18%
USA
17%
Spanien
16%
China
15%
Deutschland
13%
Japan
12%
Großbritannien
12%
Australien
9%
Südkorea
Geschätzter Wert
Tatsächlicher Wert
Umfrage unter 19.428 Personen zwischen 16 und 64 Jahren, Januar-Februar 2018
Quellen: Ipsos, Statista
Robert Franken,
Digital- und
Diversity-Berater
Ändert das System
Es mag ein wenig abgedroschen klin-
gen, aber: „Wie wird die Wirtschaft
weiblicher?“ ist vermutlich die völlig
falsche Frage. Wir konzentrieren uns
bei der Suche nach Antworten näm-
lich viel zu sehr auf Frauen und lassen
so außer Acht, dass die Systeme in der
Wirtschaft in der Regel auf das Vor-
ankommen von Männern ausgerich-
tet sind. Wenn wir nun im Sinne klas-
sischer Frauenförderung anfangen,
den Frauen beizubringen, wie sie in
männlichen Umgebungen erfolgreich
sein können, dann haben wir mindes-
tens drei Probleme. Erstens erhöhen
wir den Anpassungsdruck auf die
Frauen – und auf alle anderen, die
nicht den organisationalen Normen
entsprechen – immer weiter. Zwei-
tens bedienen wir ein falsches Nar-
rativ, da wir implizieren, dass Frauen
per se gewissermaßen defizitär seien
und besonderer Förderung bedürfen.
Drittens lassen wir die Rahmenbe-
dingungen weitgehend unangetastet.
Doch genau diese Rahmenbedingun-
gen müssen wir ändern, wenn wir
männliche Monokulturen überwin-
den wollen und wenn der Weg für et-
was bereitet werden soll, das dringend
Alice Dehner, Leserin
Blockaden lösen
Um Frauen mehr Karrierechancen zu
geben, müssen Firmen strukturell ei-
niges ändern. Im Coaching habe ich es
aber auch immer wieder mit Frauen zu
tun, die einen hervorragenden Job ma-
chen, aber sich entweder nicht trauen,
sich offensiv zu präsentieren, oder die
ihre eigenen Leistungen immer wie-
der anzweifeln. Ein wichtiger Schritt
Anzeige
LaMona chia 2019
Wirtschafts preis für Frauen
Wirtschaftlich erfolgreich, innovativ und engagiert – Frauen tragen wesentlich zu
Erfolg und Wachstum der Münchner Wirtschaft bei. Mit LaMonachia will die Stadt
München Top-Managerinnen und Unternehmerinnen auszeichnen und Vorbilder
sichtbar machen. Der Preis wurde 2018 erstmalig an Delia Fischer, Gründerin und
Geschäftsführerin der Westwing AG sowie Christine Halbig, Inhaberin eines Ateliers
für Hüte, verliehen.
Die Ausschreibung 2019 für LaMonachia läuft bis zum 11. April. Eine Jury aus pro-
minenten Vertreterinnen der Münchner Wirtschaft und Politik wählt die zwei Preis-
trägerinnen aus. Kandidatinnen können sich bewerben oder vorgeschlagen werden
unter www.muenchen.de/lamonachia
gebraucht wird: kognitive Vielfalt. Es
geht also um die Veränderung von
Systemen, nicht um die Anpassung
von Frauen. Wir brauchen Organisa-
tionen, in denen möglichst alle ihr Po-
tenzial bestmöglich entfalten können.
Diversität ist dabei das Ziel, der Weg
hingegen heißt: Inklusion. Damit ist
nichts anderes gemeint als die Schaf-
fung von Organisationskulturen, die
die Teilhabe aller im Blick haben.
besteht deshalb darin, das Selbstbe-
wusstsein der Frauen zu stärken. Oft
ist mit dem Exponieren der eigenen
Person erheblicher innerer Stress ver-
bunden, dass man das gar nicht erst
wagt. Im Coaching lassen sich solche
inneren Blockaden recht schnell auf-
lösen – und zwar ohne langwierige
Aufarbeitung der eigenen Lebensge-
schichte wie in einer Psychotherapie.
Viel mehr Frauen Fördermaßnahmen
wie ein Coaching anzubieten, wäre also
ein Schritt in die richtige Richtung.