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Monique R. Siegel,
Gründerin Think Tank
Female Shift
Eine neue Generation
Also: Was ist Ihnen bei der Frage, wie
Wirtschaft weiblicher wird, auf den ers-
ten Blick eingefallen? Hübscher? Bun-
ter? Sexyer? Komplizierter? Metoo?
Wie gesagt, auf den ersten Blick.
Auf den zweiten haben Sie vielleicht
gedacht: „So’n Quatsch, muss jetzt
schon ein Abstraktum weiblicher
werden?“ Beide Denkweisen sind be-
rechtigt, verengen aber gleichzeitig
die Diskussion und werden dadurch
irrelevant. In der Frage liegt nämlich
einmal mehr das überholte Verglei-
chen,
Gegeneinander-Aufrechnen
und Evaluieren von dem, was her-
kömmlich als männlich oder weiblich
deklariert wird. Und das können wir
Sabine Herold,
Geschäftsführende
Gesellschafterin in
einem mittelständischen
Unternehmen
Keine Quote
Als ambitionierte Ingenieurin emp-
finde ich eine Frauenquote als dis-
kriminierend. Egal wie gut man ist,
es schwingt immer die Unterstellung
mit: Du hast diese Position nur, weil
du eine Frau bist. Dabei sollte es auf
die Qualität der Arbeit ankommen.
Wir können in Deutschland auf un-
seren hohen Industrieanteil stolz
sein – mit oft sehr technisch gepräg-
ten Unternehmen. Allerdings ist
nur jeder fünfte Studierende in den
Ingenieurwissenschaften
weiblich
und im Maschinenbau ist es sogar
nur jeder zehnte. Es sind aber genau
Kristina Lunz,
Mitbegründerin und
Deutschlanddirektorin
Centre for Feminist
Foreign Policy
Keine Klischees
Wirtschaft wird weiblicher, wenn pat-
riarchale Strukturen abgeschafft wer-
den. Dazu müssen diese beim Namen
benannt und aktiv angegangen werden.
Als Gründerin liegt mir die Startup-
Welt am Herzen. Auch hier gilt: It’s a
man’s world. 2018 etwa gingen nur zwei
Prozent des Risikokapitals an Gründe-
rinnen. Da wir die Fakten und Zahlen
haben, die uns belegen, dass dies alles
auf nichts anderem als Sexismus und
einer patriarchalischen Kultur beruht,
in der Männern Privilegien wie Geld
ohne Grund zugesprochen werden, ist
es umso frustrierender, wenn dieses
uns nicht mehr leisten. Frauen sind
anders. Männer auch. Und das ist
nicht nur gut so, sondern nötig. Inno-
vation braucht Irritation. Fast täglich
werden wir mit einer neuen Krise be-
glückt und so langsam wächst die Er-
kenntnis, dass Albert Einstein einmal
mehr Recht hatte mit seiner lapidaren
Feststellung: „Die Welt, die wir ge-
schaffen haben, ist das Resultat einer
überholten Denkweise. Die Probleme,
die sich daraus ergeben, können nicht
mit derselben Denkweise gelöst wer-
den.“ Wir brauchen also neues Den-
ken, neue Lösungsansätze, Innovation
auf jedem Gebiet. Und woher soll das
alles kommen? Aus unverbrauchten,
anders tickenden Köpfen, die andere
Prioritäten setzen und andere Ziele
ansteuern. Das ist in erster Linie die
neue Generation von bestausgebilde-
ten Frauen, die ihre Lösungsvorschlä-
ge einbringen kann – auf Augenhöhe
mit ihren Kollegen.
solche Ausbildungen, die man für
Führungspositionen in Unterneh-
men wie unserem benötigt. Um mehr
Frauen in technische Führungspo-
sitionen zu bekommen, müssen wir
also viel früher ansetzen. Wir sollten
schon Mädchen für Technik begeis-
tern und ihnen etwa Modellbaukäs-
ten statt Puppenwagen schenken.
Zudem müssen wir Mädchen unter-
stützen, genauso viel Selbstvertrauen
zu entwickeln wie die meisten Jungs
– eine wichtige Voraussetzung für
eine Führungsposition. Und schließ-
lich brauchen wir eine zuverlässige
Kinderbetreuung, auch über norma-
le Arbeitszeiten hinaus, mit mehr
männlichen Erziehern als heute:
Auch diese schaffen Vorbilder. Oh-
nehin verbessern gemischte Teams
in allen Bereichen Arbeitsklima und
Qualität. Klassische Rollenmodelle
bricht man aber nicht mit Gesetzen
auf, sondern mit Begeisterung und
kreativen Mitteln. Eine Quote ist da
das völlig falsche Mittel.
veraltete Narrativ noch immer bedient
wird: Frauen seien nicht mutig genug,
gründeten nicht groß genug, müssten
einfach nur forscher sein. Dieses Nar-
rativ macht es sich einfach. Die Schuld
wird der angeblichen Unfähigkeit von
Frauen, wirtschaftlich gut zu agieren,
zugeschrieben. Die patriarchalen und
sexistischen Strukturen bleiben und
all diejenigen – vor allem Männer –,
die von diesen Strukturen profitieren,
kommen einfach so davon. So funktio-
niert kein Wandel. Wie Sarah Grimké,
eine amerikanische Feministin des 19.
Jahrhunderts, sagte: „Ich bitte keinen
Gefallen für mein Geschlecht. Alles,
was ich von unseren Brüdern verlan-
ge, ist, dass sie uns die Füße vom Hals
nehmen und uns erlauben, aufrecht zu
stehen.“ So auch in der Wirtschaft: Wir
bräuchten keine Quoten und Program-
me zur Förderung von Frauen, würden
das System und die, die davon profitie-
ren, uns nicht ständig runterdrücken. ›
VIELFALT FÖRDERN!
Birthe Kristin Kuhlenbeck,
Global Head of Recruiting
EDAG Engineering GmbH
Organisationen, die einen hohen Grad an Diversität aufweisen, sind
in einer sich schnell verändernden Umwelt erfolgreicher als Organisa-
tionen, die weniger divers aufgestellt sind. Demnach sollte es oberste
Priorität des Managements sein, Talente mit unterschiedlichen Hinter-
gründen, Geschlechtern, Ethnien und Expertisen und damit Vielfalt zu
fördern. So ist gerade in männerdominierten Branchen mehr Weiblich-
keit in der Wirtschaft kein Wundermittel, jedoch zweifelsohne eine Ga-
rantie für weitere Reflexionen und damit Sicht- und Denkweisen für sich
stetig aus sich heraus verändernde Organisationen.
Unternehmen ist demnach zu empfehlen, destruktive Mechanismen,
welche etwa in der Personalauswahl Diversität verhindern, zu elimi-
nieren. Die Unternehmen, die attraktive Voraussetzungen in Form von
Arbeitsstrukturen, Arbeitsformen und neuen Arbeitsweisen für alle he-
terogenen Zielgruppen schaffen, können guten Gewissens ohne Regle-
mentierungen darauf vertrauen, dass die beste Leistung durch die bes-
ten – weiblichen und männlichen – Mitarbeiter und nicht durch eine
vorgegebene Frauenquote in der Wirtschaft gebracht wird.
„Die Wirtschaft muss nicht weiblicher, sondern
diverser und offen für Veränderungen werden.“
Gerade im Recruiting sind wir jedoch täglich mit einem der größten
Diversitätssaboteure konfrontiert: dem Ähnlichkeitsprinzip. Menschen
bevorzugen tendenziell Beziehungen mit Menschen, die ähnlich denken
und handeln wie sie selbst, um sich selbst bestätigt zu fühlen, Konflik-
te zu vermeiden und um Komplexität zu reduzieren. So tendieren auch
Führungskräfte dazu, vermeintlich sichere Wege zu beschreiten und we-
nig Risiken mit unbekannten Parametern einzugehen und entscheiden
sich intuitiv häufig eher für ihresgleichen. Sich dies bewusst zu machen
und sich dabei gezielt selbst und somit auch die Organisationsstruktur
immer wieder herauszufordern, ist eine wichtige Voraussetzung für Di-
versität. Erfolgreiche Personalauswahl heißt auch, Kandidaten auszu-
wählen, die bei gegebener fachlichen Eignung nicht das eigene Verhal-
ten replizieren.
Die ist der erste und gleichzeitig entscheidende Schritt für mehr Vielfalt
in Organisationen − und führt mit heutigem Blick in Vorstandsetagen
und Aufsichtsräten automatisch zu einem höheren Frauenanteil in der
Wirtschaft.
Mehr Informationen unter: www.edag.de/karriere