+3 Magazin März 2017 | Page 7

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Jens Gröger , Wissenschaftler am Öko-Institut e . V .
SO EIN RECHNER MACHT DOCH NICHT VIEL DRECK , ODER ? Ausstoß an Treibhausgasen und Lebenszykluskosten verschiedener Computertypen im Vergleich
Spitze des Eisbergs
Fréderic Marisin , Leser
Upcycle your life
Meinen letzten Rechner hatte ich neun Jahre lang und habe ihn bis zum Schluss gerne genutzt . Als er nicht mehr zu retten war , habe ich mir keinen neuen Computer gekauft , sondern einen überholten von 2011 , der ebenfalls tadellos funktioniert . Selbst wenn man mal eine Festplatte austauschen muss , ist das noch lange kein Grund , ein Neugerät zu kaufen . Man muss nicht immer alles neu haben , denn Geräte lange zu nutzen ist wesentlich ressourcenschonender .
Sabrina Mesevic , Leserin
Auf einem Auge blind
Als ich mich vor etwa fünf Jahren bei Facebook angemeldet habe , war es noch üblich , privat nur kleine Sätze als Posts zu schreiben . Dann fing es irgendwann an , dass man nichts mehr ohne Foto gepostet hat , um besser wahrgenommen zu werden . Vielleicht lag es auch daran , dass man es mit Instagram besser kombinieren konnte . Seit etwa einem halben Jahr posten alle animierte Gifs und kurze Filme . Auch neuerdings beliebt : Live-Schaltungen von Veranstaltungen , die nicht mehr als zehn Personen interessierten . Das müssen unglaubliche Datenmengen sein . Und jeder will mithalten ,
1.600
1.200 31 %
3 %
800
400
1 %
65 %
1.343 kg CO 2 e
Computerarbeitsplatz mit Desktop-PC
1.394 kg CO
2 e
1 % 14 % 2 %
83 %
Computerarbeitsplatz mit Notebook
Die Nutzung von moderner Informationstechnologie ist mit erheblichem Energie- und Ressourcenaufwand verbunden . Die Umweltbelastungen nehmen dabei genauso rasant zu wie der technische Fortschritt . Die Nutzerinnen und Nutzer von Computern , Smartphones und Internet können jedoch nur einen Blick auf die Spitze des Eisbergs erhaschen . Die Geräte werden immer kleiner und energiesparender und legen daher den Verdacht nahe , dass sie immer sauberer werden . Das Gegenteil ist leider der Fall . Zur Anbindung ans Internet betreibt fast jeder Haushalt einen Router , dessen Energieverbrauch zu rund 50 Kilogramm CO 2 -Emissionen pro Jahr führt . Allein in Deutschland benötigen Rechenzentren und Telekommunikationsnetze jährlich rund 18 Terrawattstunden Strom . Dies entspricht rund 140 Kilogramm CO 2 pro Einwohner , bei steigender Tendenz . Hinzu kommen die Energieverbräuche der weltweit verteilten Internetanbieter , die wir täglich nutzen . Ein weiterer Punkt , der gerne übersehen wird , ist der Herstellungsaufwand für Computer und Co . Zur Herstellung eines Laptops werden beispielsweise circa 250 Kilogramm CO 2 emittiert und eine Reihe von wertvollen und seltenen Rohstoffen verwendet . Teilweise stammen diese Rohstoffe aus Regionen , in denen die Arbeitsbedingungen katastrophal sind und Menschenrechte systematisch missachtet werden . Um die Informationstechnologie grün und nachhaltig zu gestalten , gibt es daher noch viel zu tun .
1 %
32 % 3 %
Computerarbeitsplatz mit Mini-PC
Entsorgung Nutzung Distribution Herstellung
wahrgenommen werden . Ich weiß nicht , was als nächstes kommt . Vielleicht , dass all die kleinen unwichtigen Filme in HD verfügbar sind oder Effekte verwendet werden , die das Datenvolumen noch vergrößern ? Ich weiß es nicht , aber es wird sicherlich nichts sein , was zur Reduktion der Datenmengen führt . Während Autofahren und Fleischessen inzwischen in unseren Köpfen mit Umweltverschmutzung verbunden ist , gilt das für das Internet nicht . Es wirkt so reduziert , wenn man nur mit seinem Laptop ohne tausend Kopien oder verschiedene Hardwaregeräte in einem Café sitzt . Man sieht nicht , wo die Energie verbraucht wird . Hier muss wahrscheinlich erst einmal ein großes Umdenken in unseren Köpfen passieren . Vorher wird sich das Verbraucherverhalten nicht ändern .
Marcel Gutscheidt , Leser
Grünes Kaufargument
Ich habe mich jetzt auch bei einem Video-Streaming-Dienst angemeldet und bin zum totalen Serien-Junkie geworden . Allerdings habe ich nicht darüber nachgedacht , inwieweit es ökologisch ist , Serien über das Internet zu schauen . Jetzt habe ich erfahren , dass mein Anbieter nicht auf erneuerbare Energien setzt , sondern Kohle- und Atomstrom nutzt . Dabei kann ich mir gut vorstellen , dass auch das für den Verbraucher eine Rolle spielt .
Beiträge der Lebenszyklusphasen zum Treibhausgaspotenzial kumuliert über 10 Jahre
959 kg CO 2 e
64 %
2.000
1.500
157 € 1.000
1.004 € 500
Annette Hohenstamm , Leserin
1.161 €
Computerarbeitsplatz mit Desktop-PC
Ihr Name , Leserin
Datenterminator
Energiekosten
Was ist Ihre Meinung ?
Schreiben Sie uns Ihre Antwort und vielleicht erscheinen Sie im nächsten Heft .
Ich habe festgestellt , dass viele im Bekanntenkreis zunehmend Massen an Daten verschicken . Darunter kleine Filmchen , die nicht wirklich lustig sind – das ist besonders beliebt in den Whatsapp-Grüppchen . Gerne werden nach gemeinsamen Urlauben auch Fotos verschickt , ohne eine Auswahl zu treffen – hundert Stück über Transferprogramme oder in
Florian Nöll , Vorsitzender Bundesverband Deutsche Startups
Die wahren Pioniere
73 €
1.814 €
1.887 €
Computerarbeitsplatz mit Notebook
Anschaffungskosten
Lebenszykluskosten für Computerarbeitsplätze ( Betrachtungszeitraum
10 Jahre )
1.143 €
115 €
1.028 €
Computerarbeitsplatz mit Mini-PC
Quelle : Öko-Institut
die Cloud . Das verbraucht nicht nur Energie beim versenden , sondern auch Speicher auf dem Computer oder den Festplatten . Ist eine Festplatte voll , wird einfach die nächste gekauft – oder das Handy mit dem größeren Speicher . Die wenigsten denken darüber nach , dass man 90 Prozent der Dateien einfach mal löschen könnte . Ein neuer Speicher ist ja billig , da will man nicht drei Stunden Bilder sortieren . Wer denkt da schon an die Ressourcen , die für die Hardware verbraucht werden . Allerdings guckt man sich die Dateien sowieso nie wieder an , denn wenn man es nicht gleich sortiert , klickt man sich später auch nicht durch 500 schlechte Bilder , um 50 gute anzusehen . Auch einen schlechten Film , den man kein zweites Mal ansehen wird , muss man meiner Meinung nach nicht aufheben . Daher ist mein Tipp zu einem grüneren Internet zu Hause : Sammelt nicht jeden Schund , sondern sortiert eure Medien , dass es Freude macht , sie wieder anzusehen .
Der Klimawandel ist Fakt und zumindest in Deutschland die Energiewende beschlossene Sache . Energieriesen und Autobauer schwenken mittlerweile um . Sie bauen Kraftwerke mit weniger CO 2 -Ausstoß und Elektroautos . Doch das sind nicht die wahren Innovatoren . Die wahren Innovatoren und Game Changer sind Unternehmen , die nicht auf einen gewachsenen Kundenstamm und ein gefestigtes Geschäftsmodell Rücksicht nehmen müssen . Startups können radikal neu denken und das tun sie auch . Sie gehen innovative Wege und nutzen die Möglichkeiten des Internets und kluger Algorithmen , um beispielsweise Verkehr zu verringern und effizienter zu machen . Startups werden den ganzen Bereich der Mobilität umkrempeln . Sie sorgen dafür , dass weniger Lebensmittel weggeschmissen werden oder deren Anbau effizienter sowie kraftstoff- , düngemittel- und pestizidsparend gestaltet wird . Sie sorgen für eine bessere Tiergesundheit unserer Milchkühe und Schweine oder eine bessere Verteilung von Energie . Die Möglichkeiten sind unbegrenzt und vieles davon tun sie schon heute . Ich bin davon überzeugt , dass es junge Startups sein werden – darunter Unternehmen , die heute noch nicht existieren –, die durch die Digitalisierung und Hightech unsere Volkswirtschaft und die der ganzen Welt zu einer ökologisch nachhaltigen Volkswirtschaft transformieren werden . Die Konzerne von heute werden es nicht sein , sie sind höchstens Trittbrettfahrer , aber nicht die visionären Pioniere .