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Eva Walbeck , Leserin
Christian Pfromm , Chief Digital Officer , Stadt Hamburg
Zu Ende denken
In Hamburg gilt : Digitalisierung muss der Stadt dienen und darf nie Selbstzweck sein . Sie soll dabei nicht nur die Leistungsfähigkeit der Verwaltung stärken , sondern auch deren Effizienz steigern . So etwa bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes . Mit seiner Fixierung auf die Schnittstelle der Verwaltung nach außen schafft es zwar einen Fortschritt im Leistungsangebot , greift im Inneren der Verwaltung aber zu kurz . Deshalb arbeiten wir in Hamburg schon seit Jahren auch an der internen Digitalisierung der Verwaltung , denken also „ Ende-zu- Ende “. Dafür nutzen wir auch neue Konzepte wie zum Beispiel Robotic Process Automation oder unseren modularen Baukasten für Fachsoftware . Die Vorteile liegen auf der Hand : Das Automatisieren händi-
So wenig wie möglich persönlich aufs Amt müssen , um Angelegenheiten zu klären – das sollte das Ziel sein .
scher Eingabe- und Übertragungsprozesse durch einen Softwareroboter schafft für die Beschäftigten mehr Zeit , um sich auf die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger konzentrieren zu können , und steigert die Prozessqualität durch Fehlerreduzierung . Und wo Sachbearbeitung bislang teils in Word , Excel und Co . stattfand , kann nun maßgeschneiderte Software kostengünstig erstellt werden und Prozesse beschleunigen . Außerdem gilt bei uns : „ Einer für Alle “ – effiziente digitale Lösungen in einer Behörde werden , wo immer möglich und sinnvoll , in anderen Behörden übernommen . So setzen wir Ressourcen gezielt ein und erhalten eine zuverlässige Verwaltung auch unter begrenzten demografischen und fiskalischen Bedingungen .
Guido Gehrt , Stellvertretender Chefredakteur , Behörden Spiegel
Effizient und effektiv
Die digitale Transformation von Staat , Wirtschaft und Gesellschaft ist – unumkehrbar – in vollem Gange . Die Fragestellung „ Wie effizient ist der digitale Staat ?“ wird sich vor diesem Hintergrund zukünftig noch weiter
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geben an , dass die schnelle Lösung von Problemen ihr wichtigstes Anliegen ist .
WUNSCHZETTEL Was Bürger : innen in Deutschland von Behörden möchten
wollen personalisierte digitale Erlebnisse .
verdichten lassen auf die Frage : „ Wie effizient ist der Staat ?“ Denn digitale Instrumente und Verfahren werden dann , noch mehr als heute , das operative Fundament staatlichen Handelns verkörpern . Eine durchgängig digitalisierte öffentliche Verwaltung , mit digitalen Schnittstellen zu Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen , die sich modernster Technologien bedient und beispielsweise die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz klug nutzt , um mit weniger Beschäftigten bessere Services anzubieten – nutzerzentriert und möglichst schlank . Damit kommt man dann zwangsläufig zu dem Ergebnis , dass Effizienz nur
Quellen : McKinsey , Liferay
bevorzugen Self- Service-Angebote statt persönlicher Kontaktaufnahme .
suchen verbindliche Informationen bei Bundesbehörden .
eine Seite der Medaille ist . Wichtiger denn je ist es heute und in Zukunft , dass der digitale Staat nicht nur effizient , sondern auch effektiv handelt . Die multiplen Krisen der letzten Zeit haben hier gleichermaßen Defizite des digitalen Staates wie dessen Potenziale aufgezeigt . Für den weiteren Transformationsprozess und letztendlich auch das Zielbild des digitalen Staates wird es daher darauf ankommen , Effizienzpotenziale durch Digitalisierung zu heben und gleichzeitig Effektivitätsgewinne zu realisieren , um die Leistungs- und Handlungsfähigkeit der Staates auf stabile digitale Säulen zu stellen .
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT , ALSO EINE ANZEIGE

DER LANGE WEG ZUR DIGITALISIERUNGSRENDITE

Laut Thorsten Schramm ( oben ) und Jens Giere ( unten ), Senior Berater bei der PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH , kommen signifikante Einsparungen im Sinne einer Digitalisierungsrendite nach Investitionen in die Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland zu selten vor . Im Gegenteil : Auf hohe Investitionen folgen oft hohe Folgeaufwände , oftmals bei gestiegenem Personaleinsatz .
Warum ist das so und ginge es auch anders ? Digitalisierungsrenditen werden bei Digitalisierungsvorhaben der öffentlichen Verwaltung auch aufgrund von Widerstand der Betroffenen selten ernsthaft angestrebt . Vielmehr stehen andere Ziele wie bürger- und unternehmensfreundlichere Leistungen im Vordergrund . So bleibt der Personalaufwand der Fachprozesse gleich , die Komplexität der teuer eingeführten neuen Verfahren erfordert jedoch einen zusätzlichen Aufwand für Administration , Pflege und Betrieb .
Eine solche doppelte Investition ohne Gegenfinanzierung wird sich die öffentliche Hand in Deutschland künftig angesichts fehlender IT-Fachkräfte und fehlender Sachbearbeiter nicht mehr leisten können .
Die Digitalisierungsrendite wird zur Notwendigkeit . Folgendes muss geschehen :
• Digitalisierungsvorhaben müssen immer auch von der Fachseite getragene Reorganisationsvorhaben sein . Diese muss bereit sein , sich von den bisherigen Abläufen und behördlichen Zuständigkeiten zu lösen und diese ( zum Beispiel entlang eines Softwarestandards ) aus Sicht der Endnutzer neu zu denken . Freiwerdende Mitarbeiter benötigen neue positive Einsatzperspektiven .
• Rechtliche Automatisierungshindernisse wie Anforderungen an handschriftliche Unterschriften müssen systematisch identifiziert und ausgeräumt werden . Hier hilft es , wenn die rechtlichen Normen selbst toolgestützt entwickelt und als digitale Regel- und Prozesslogik an die Digitalisierungsvorhaben übergeben würden .
• Produktivitätsgewinne müssen explizit geplant und nachgehalten werden . Dazu bedarf es einer guten Marktkenntnis etwa von übertragbaren Beispielen im Ausland . Zudem bedarf es einer frühen Einbindung der Interessenvertretungen und geeigneter Anreize für die Fachseite zur Erreichung der Ziele .
• Die Komplexität von Digitalisierungsvorhaben ist zur Senkung von Einführungs- und Folgekosten zu minimieren , zum Beispiel durch Lösungen auf Basis von Standardsoftware , Low-Code- / No-Code-Plattformen oder erprobter Basiskomponenten sowie durch Cloud-Betrieb . Eine stringente IT-Dienstleistersteuerung und ein agiles Projektmanagement sind ebenso erfolgskritisch .
Mit dem skizzierten Rüstzeug lässt sich der lange und steinige Weg hin zu einer höheren Digitalisierungsrendite bewältigen .
Mehr Infos unter : pd-g . de