WELLNESS WORLD Business 3-2014 | Page 35

© Gesundheitsdeterminanten bzw., wie sie gefördert und (wieder-) hergestellt werden können. Das Konzept für die Beantwortung dieser Frage stammt von dem Medizinsoziologen Aaron Antonovsky, der, im Konzept der „Salutogenese“, Gesundheit als Resultat des Zusammenwirkens von individuellen und äußeren Faktoren begreift, die entweder ein Risiko oder eine Ressource darstellen. Die Komplexität dieser Situation wird durch das Modell der Gesundheitsdeterminanten von Dahlgren und Whitehead sehr gut illustriert (vgl. Abbildung Seite 36). Was ist Gesundheitsförderung in der Politik? Die Ottawa Charta der WHO (1986) definiert Gesundheitsförderung (GF) als politischen Prozess mit dem Ziel, „allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen (...) Gesundheit entsteht dadurch, dass Menschen für sich selber und für andere sorgen und eine Kontrolle über die eigenen Lebensumstände ausüben können (…) und dass die Gesellschaft gesundheitsförderliche Bedingungen herstellt.“ Dieser letzte Punkt beinhaltet Sprengstoff, denn wie die Forschung der vergangenen Jahrzehnte eindrücklich gezeigt hat, können nahezu alle Lebensbereiche von der Geburt über Kindergarten, Schule, Arbeit bis ins Pflegeheim für die Gesundheit förderlich oder abträglich sein und in den allerwenigsten Bereichen haben die Menschen tatsächlich die Kontrolle über die dafür relevanten Umstände. Es ist daher nur folgerichtig, dass die Verantwortung für Gesundheitsförderung (GF) politisch nicht allein dem Gesundheitssektor obliegen kann: Die Ottawa Charta fordert daher eine „gesundheitsförderliche Gesamtpolitik“, die als „Health in All Policies“ seit 2006 auch die offizielle Gesundheitspolitik der Europäischen Union bestimmt. In Umsetzung dieser Doktrin hat die österreichische Bundesregierung 2012 die Rahmengesundheitsziele verabschiedet. Gesundheitsförderung (GF) ist in diesem Sinn zuallererst ein politisches Projekt. Was ist Gesundheitsförderung in der Praxis? Wie jedes avantgardistische Reformprojekt ist Gesundheitsförderung (GF) zunächst vor allem von Wellness world business | 3/2014 Fonds Gesundes Österreich bestimmten (Bildungs-)Eliten angenommen und in die Praxis getragen worden. Die Ottawa Charta gibt dafür drei Strategien vor: Interessen vertreten (advocate), Befähigen und Ermöglichen (enable), Vermitteln und Vernetzen (mediate). Im Sinne der ersten Strategie haben sich in Österreich Kammern, Bünde, Gewerkschaften, Versicherungen und andere für die GF Literatur 1. Kickbusch I. Die Gesundheitsgesellschaft – Megatrends der Gesundheit und deren Konsequenzen für Politik und Gesellschaft. Verlag für Gesundheitsförderung, Gamburg (2006). 2. WHO. Ottawa Charta für Gesundheitsförderung. WHO, Genf (1986). 3. Dahlgren G& Whitehead M. Policies and strategies to promote social equity in health. Stockholm: Institute for Future Studies (1991). gesundheit 35