WELLNESS WORLD Business 03-2013 | Page 16

© Hotel Viva-Mayr ww_0313_14-17_korr 14.05.qxd:spa_musterseiten Medical Wellness bietet Chancen für die österreichische Hotellerie. Zur Unterscheidung Der Medical Tourism Report des Global Spa Summit 2011 schlägt vor, die Unterscheidungsmerkmale Gast/ Patient zu definieren: Medical Tourismus: Jeder, der reist, um sich aus gesundheitlichen Gründen Behandlungen zu unterziehen, und sich eine bessere, günstigere oder einfacher zugängliche medizinische Leistung erwartet. Meist werden medizinische Eingriffe jeglicher Art kombiniert mit anspruchsvollem Service eines Hotels. Wellness Tourismus: Jeder, der reist, um sich seine Gesundheit zu bewahren und sein Wohlbefinden zu steigern; gesucht werden authentische und traditionelle (regionsspezifische) Anwendungsmethoden. 16 wirtschaft 19.07.2013 19:11 Uhr Seite 16 In Österreich werden jährlich rund 35 Mrd. Euro, das sind 12 Prozent des BIP, für Gesundheit ausgegeben. Davon entfallen 60 Prozent auf die öffentliche Hand. Bereits 40 Prozent sind private Ausgaben, etwa für Zusatzversicherungen, Arzneimittel oder Gesundheitsreisen. Laut einer Studie wird sich der Gesundheitsmarkt bis 2020 mehr als verdoppeln. Das Hotelberatungsberatungsunternehmen Kohl & Partner hat im März 2013 eine Erhebung zum Thema Medical Wellness durchgeführt und ist zu folgendem Ergebnis gekommen: Derzeit verbringen rund 1 Mio. Gäste pro Jahr in Österreich ihren Gesundheitsurlaub. „Somit sind derzeit rund 3 bis 4 Prozent aller Gäste pro Jahr in Österreich Gesundheitsgäste bzw. Medical-Wellness-Touristen“, meint Daniel Orasche von Kohl & Partner. Andere Studien, die aufgrund der Cross-Border-Healthcare-Richtlinie 2011 (Öffnung der Grenzen für die Konsumation medizinischer Leistungen in einem Nachbarland und Verrechnung über die Inlands-Versicherung) erstellt wurden, schätzen den Markt positiver ein und sprechen von jährlichen Wachstumsraten von 10 bis 15 Prozent. Wellness-Experte Orasche erwartet sich jedoch keine große Impulswirkung, „da die Rückerstattungspolitik der Versicherungen als Barriere fortbestehen wird“. Das Wachstumspotenzial liege vielmehr bei rund 5 Prozent. Der Rubel rollt. Im Vergleich zum durchschnittlichen Hotelaufenthalt (in der Stadthotellerie fiel die Aufenthaltsdauer von 2000 bis 2012 von 4,3 auf 3,6 Nächte), freut sich zum Beispiel der Lanserhof (Österreichs Vorzeige-Herberge in Sachen Medical Wellness) über eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 13,5 Nächten und Ausgaben von 700 Euro pro Tag und Person. Der durchschnittliche Hotelgast gibt im Gegensatz dazu nur 110 Euro aus, bestätigt der Tourismus Monitor der Österreich Werbung. Eine Wertschöpfung, die so manchen Hotelier in Richtung Medical Wellness schielen lässt. Gregor Hoch, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung, sieht im Bereich Medical Wellness Chancen für die österreichischen Hotellerie: „Das Angebot spricht ein zahlungskräftiges internationales Publikum an, die Betriebe spezialisieren sich und heben sich vom Mittelmaß ab: Genau das braucht der Markt.“ Trotzdem warnt Hoch vor zu großen Erwartungen: „Das ist ganz klar kein Programm für die breite Masse. Die Nische ist nicht groß, aber erfolgreich und erfordert hohen Aufwand in der Produktentwicklung und in der Inves-tition. Das ermöglicht höhere Preise, zwar auch bei deutlich höheren Kosten, aber auch im Ganzjahresbetrieb.“ Doch halt, so einfach ist die Sache mit der Umsetzung nicht. Als Negativ-Beispiel dienen die vergangenen 20 Jahre. Der Wellness-Boom hat der Hotellerie nicht nur zusätzliche Betten gebracht, sondern viele kleine Familienbetriebe in den Ruin getrieben. Das Versprechen, mit Wellness mehr Umsätze zu generieren, ging in vielen Fällen nicht auf. Was wird nachgefragt? Bevor die österreichische Hotellerie wieder einem nicht genau definierten Marketingbegriff auf den Leim geht, sollten die Gäste befragt werden. Der gute alte Fragebogen ist auch in Zeiten von Big Data das relevante Tool, wenn es darum geht zu sehen, wohin sich das Hotel entwikkeln soll. Regelmäßige Gästebefragungen zeigen, inwieweit das Angebot den Bedürfnissen der Gäste hinterherhinkt. Die Österreich Werbung hat in ihrer Reiseanalyse den größten Quellenmarkt, Deutschland, unter die Lupe genommen. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Ansprüche geändert, sind konkreter geworden. Daher können auch die Urlaubsformen besser voneinander getrennt werden als früher. Was den gesundheitsorientierten Urlaub betrifft, legen die Deutschen nun deutlich mehr Wert auf gesundes Essen/Trinken und eine Bade-/Saunalandschaft als noch vor zehn oder fünf Jahren. Beim Gesundheitsurlaub sowie Kurgästen ist die Nachfrage nach Präventionsangeboten, klassischen Kuranwendungen, aber auch nach Verwöhnangeboten gestiegen. Beim Wellnessurlaub Wellness world business | 3/2013