»Der Aberglaube stammt aus einer Zeit, als die Menschen noch glaubten, die Natur sei belebt, sie sei
von Göttern bevölkert. In der damaligen Gesellschaft hatte das seinen Sinn. Es nahm den Menschen
einen Teil ihrer Ängste. Wenn es blitzte und donnerte, wenn ein Orkan das Meer aufpeitschte, wuss-
ten sie nicht woher diese Kräfte kamen. Der Gedanke, dass ein Gott des Donners, des Meeres, der
Sonne oder des Windes dahinter steckte beruhigte sie, denn nun konnten sie zu ihm beten, ihm
Opfer bringen, um ihn gnädig zu stimmen. Das Christentum, Aufklärung und die Wissenschaften
haben dem Animismus den Boden entzogen. Es gibt nur einen Gott, sagen die Bibel, die Thora sowie
der Koran. Die Wissenschaften negierten schon Ende des 19. Jahrhunderts den einen Gott. Seitdem
scheiden sich die Geister: Gott existiert nicht, sagen die einen. Gott existiert nicht, aber Gott IST,
sagen die anderen.«
Auf die Frage hin, was die Autorin dazu bewegt
habe, aus der Sicht der Henker statt der Opfer zu
schreiben, antwortete sie etwas, was mich sehr
beeindruckt hat: »Die Geschichte sollte nicht
wehleidig, anklägerisch oder Mitleid erheischend
werden. Schreibe ich aus der Sicht der Täter,
versetze ich mich in ihre Seele, in ihr Denken.
[...] Mir war es wichtig, den Lesern regelrecht
spüren zu lassen, wie schädlich es für die
Menschheit überhaupt sein kann, dem Elend und
Leiden anderer allein mit Mitleid und Trauer zu
begegnen. Das reicht nicht aus. [...]«
Wenn man nun nicht nur das Buch betrachtet,
sondern sich auch Gedanken darüber macht,
was hinter all dem steht, was die Autorin bewegt
hat, es zu schreiben, und was die Menschen
heute noch an dem Thema fasziniert, dann
kommt man zu dem Schluss, dass Die Bluthunde
von Paris ein Werk ist, das nicht nur durch seine
Brutalität heraussticht, sondern auch mit Viel-
schichtigkeit, guter Recherche und Gänsehaut-
momenten überzeugt!
Die Rezension zu diesem Buch findet ihr am 02.
Mai in unserem Bücherregal.
Christina Geiselhart studierte in
Tübingen Germanistik, Philosophie
und Pädagogik. Sie absolvierte
außerdem eine akademische Ge-
sangs- und Klavierausbildung.
Damit wandelte sie auf den Pfaden
ihrer Mutter. Seit 2003 ist sie Mit-
glied des Historikerkreises: Associ-
ation pour la sauvegarde da la
maison de Saint-Just. Bis zu ihrem
Umzug nach Paris im Jahr 1987
war sie im süddeutschen Raum als
Lehrerin tätig und trat als Sängerin
in einer Band auf. Sie ergatterte
einen Handkuss von Loriot und ern-
tete Komplimente von Udo Linden-
berg.
von Larena Delacruz
Quelle: christinageiselhart.de