The WeLoveBooks Magazine Magazin | Page 11

»Der Aberglaube stammt aus einer Zeit, als die Menschen noch glaubten, die Natur sei belebt, sie sei von Göttern bevölkert. In der damaligen Gesellschaft hatte das seinen Sinn. Es nahm den Menschen einen Teil ihrer Ängste. Wenn es blitzte und donnerte, wenn ein Orkan das Meer aufpeitschte, wuss- ten sie nicht woher diese Kräfte kamen. Der Gedanke, dass ein Gott des Donners, des Meeres, der Sonne oder des Windes dahinter steckte beruhigte sie, denn nun konnten sie zu ihm beten, ihm Opfer bringen, um ihn gnädig zu stimmen. Das Christentum, Aufklärung und die Wissenschaften haben dem Animismus den Boden entzogen. Es gibt nur einen Gott, sagen die Bibel, die Thora sowie der Koran. Die Wissenschaften negierten schon Ende des 19. Jahrhunderts den einen Gott. Seitdem scheiden sich die Geister: Gott existiert nicht, sagen die einen. Gott existiert nicht, aber Gott IST, sagen die anderen.« Auf die Frage hin, was die Autorin dazu bewegt habe, aus der Sicht der Henker statt der Opfer zu schreiben, antwortete sie etwas, was mich sehr beeindruckt hat: »Die Geschichte sollte nicht wehleidig, anklägerisch oder Mitleid erheischend werden. Schreibe ich aus der Sicht der Täter, versetze ich mich in ihre Seele, in ihr Denken. [...] Mir war es wichtig, den Lesern regelrecht spüren zu lassen, wie schädlich es für die Menschheit überhaupt sein kann, dem Elend und Leiden anderer allein mit Mitleid und Trauer zu begegnen. Das reicht nicht aus. [...]« Wenn man nun nicht nur das Buch betrachtet, sondern sich auch Gedanken darüber macht, was hinter all dem steht, was die Autorin bewegt hat, es zu schreiben, und was die Menschen heute noch an dem Thema fasziniert, dann kommt man zu dem Schluss, dass Die Bluthunde von Paris ein Werk ist, das nicht nur durch seine Brutalität heraussticht, sondern auch mit Viel- schichtigkeit, guter Recherche und Gänsehaut- momenten überzeugt! Die Rezension zu diesem Buch findet ihr am 02. Mai in unserem Bücherregal. Christina Geiselhart studierte in Tübingen Germanistik, Philosophie und Pädagogik. Sie absolvierte außerdem eine akademische Ge- sangs- und Klavierausbildung. Damit wandelte sie auf den Pfaden ihrer Mutter. Seit 2003 ist sie Mit- glied des Historikerkreises: Associ- ation pour la sauvegarde da la maison de Saint-Just. Bis zu ihrem Umzug nach Paris im Jahr 1987 war sie im süddeutschen Raum als Lehrerin tätig und trat als Sängerin in einer Band auf. Sie ergatterte einen Handkuss von Loriot und ern- tete Komplimente von Udo Linden- berg. von Larena Delacruz Quelle: christinageiselhart.de