Stadt Visionen – Wissen, Kreativität und Kultur in der Innenstadt der Zukunft | Page 9

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Innenstadt als Ganzes betrachten, interdisziplinär denken und kooperativ gestalten

Innenstädte zeichnen sich durch ihre Multifunktionalität aus: Sie sind Orte zum Arbeiten und Wohnen, für Versorgung und Handel sowie für Kulturerlebnis und Freizeitgestaltung zugleich. Aufgrund der historisch gewachsenen Bedeutung des Standortes Innenstadt stellt dieser häufig den symbolischen und funktionalen Mittelpunkt einer Stadt – und oftmals einer ganzen Region – dar. In den Innenstädten zeigt sich die Wirtschaft in ihrer größten Vielfalt, was sie zu einer essenziellen Impulsgeberin für die stetige Entwicklung der Gesamtstädte macht.
Doch die Dinge sind in Fluss gekommen und verändern sich angesichts des wirtschaftsstrukturellen und demografischen Wandels in unseren Städten. Im Folgenden sollen ausgewählte Entwicklungen und Handlungsfelder beschrieben werden, ohne allerdings den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Es wird aufgezeigt, dass ein abgestimmtes und kooperatives Handeln von Verwaltung, Kommunalpolitik, Eigentümerinnen und Eigentümern, Unternehmen und Zivilgesellschaft ein wichtiger Erfolgsfaktor sind.
Strukturwandel der Innenstädte aktiv begleiten
Waren die Innenstädte über Jahrzehnte die unangefochtenen Versorgungszentren der Städte, so wächst der Druck auf den innerstädtischen stationären Einzelhandel seit Jahren. Großflächige Einzelhandelseinrichtungen an den Stadträndern und vor allem der Online- Handel stellen eine ernste Konkurrenz dar. Die Geschäftsschließungen infolge der Covid- 19-Pandemie verdeutlichen die Fragilität des innerstädtischen Einzelhandels. Patentrezepte, dieser Dynamik entgegenzutreten, gibt es nicht. Abhängig von Ort, Kaufkraft und Stabilität des innerstädtischen Einzelhandels werden ganz unterschiedliche Konzepte gefragt sein, um den Innenstadthandel zu stabilisieren. Das Ringen um die Zukunft einer ganzen Reihe von Warenhausstandorten macht deutlich, dass dieser Umbruchprozess noch lange nicht zum Abschluss gekommen ist.
Ungeachtet aller Bemühungen wird sich der Einzelhandel auf Dauer zumindest teilweise aus den Zentren zurückziehen. Dies ist ein einschneidender Vorgang, war doch der Handel teils über Jahrhunderte wirtschaftliches Rückgrat und prägender Wachstumsmotor von Städten. Ein spürbar geschwächter Wirtschaftsstandort Innenstadt wird die Besucherströme verändern und leerstehende Gewerbeimmobilien hinterlassen. So bedrohlich das klingt, zeichnet sich damit zugleich die Möglichkeit ab, Innenstädte künftig wieder multifunktionaler zu nutzen und dort neben dem Wohnen z. B. verstärkt gemeinwohlorientierte Nutzungen zu etablieren. Solche Nutzungen werden insgesamt einen höheren Stellenwert gewinnen. Zudem wird darüber diskutiert, wie das Handwerk zurück in die Innenstädte geholt werden kann.
Neben allen neuen Perspektiven wird es Hauptziel städtischer Wirtschaftspolitik bleiben, die Stadtkerne als produktive und betriebsame Mittelpunkte zu bewahren, in zeitgemäßer Form. Hierfür Rahmenbedingungen und die Infrastrukturen zu schaffen, ist auch künftig ein zentrales Ziel der Stadtentwicklung. Unsere Innenstädte müssen lebenswert und lohnenswert bleiben, um weiterhin Orte der Identifikation zu sein.
Kulturelle Orte als wichtige Ankerpunkte
Angesichts der Schwierigkeiten des stationären Einzelhandels gewinnen kulturelle Einrichtungen bei dem Anliegen, einer drohenden Marginalisierung der Innenstädte entgegenzuwirken, einen besonderen Stellenwert. Angesprochen sind genuin städtische Kultur- und Wissensorte wie Theater, Bibliotheken, Kinos, Schulen,
Prof. Dr. Holger Schmidt Professor für Stadtumbau und Ortserneuerung an der RPTU Kaiserslautern – Landau
Dipl.-Ing. Frank Peter Jäger von 2019 bis 2023 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Stadtumbau und Ortserneuerung der RPTU Kaiserslautern-Landau
EXTERNAL Literaturhinweise
Stadt Visionen – Wissen, Kreativität und Kultur in der Innenstadt der Zukunft 9