Sonntagsblatt 6/2015 | Page 7

• MERKWÜRDIGkeiten • von Georg Krix
run gen mit den Revolutionen 1918 / 1919 und der Unterzeichnung des Friedensdiktats von Trianon deuteten , zeigten jedoch aber mehrere An zeichen darauf hin , dass in der Zwischenzeit unter dem Namen Pester Zeitung erschienenes Blatt seine Aufgabe nicht mehr erfüllen kann . Die zu der defensiven Richtlinie des politischen Katho lizismus gehörende Gruppe von Johann Zichy begrenzte bewusst die Initiativen von Bangha . „ Es ist insofern bemerkenswert , als Ernszt * zwar deutscher Abstammung ist , sich jedoch nicht zu der deutschbewussten Gruppe Bleyers rechnet .” berichtete der deut sche Gesandte Max Egon von Fürstenberg im März 1921 aus Budapest . Nachdem die Redaktion des Blattes von der Leitung des Zentralen Presseunternehmens aufgerufen wurde „ keinen deutschen Ortsnamen zu gebrauchen und auch sonst zu ihrer deutschen Richtung zu mäßigen ”, entschied Bleyer ein unabhängiges Segment der Minderheiten – Öffentlichkeit zu schaffen .
Über das am 2 . Oktober 1921 . erschienene Blatt schrieb Bleyer Folgendes : „[…] unser ganzes Bestreben ist einzig und allein darauf gerichtet , unser schwäbisches Volk auf die Bahn reiner , christlicher Sitten , treuer Liebe zum angestammten Vaterland und zum geborenen Volkstum zu leiten und zu fördern .” Diese Credo ist Anfüh rung ist neben Bleyers Auffassung auf die differentia spetifica des Blattes zu beziehen . Dies sind die christliche Religions - moral , die Konstruktion der deutsch – ungarischen Doppeliden - tität , die Dimensionen der ethnischen Identität , um das Prog - ramm der Zusammenarbeit mit der Kirche gebaut war .
Die Zeitungsredaktion lies diese Richtlinie betonend ließ unter der Rubrik „ Feierstunde ” das Sonntagsevangelium und dessen Erklä rung von des Pfarrerautoren erscheinen . Die Betonung der Werte der christlichen Religion hatte eine andere Linie , die die The matisierung der Katholizismus und der ethnischen Identität verknüpfte . Die Schriften über die Kirche und ihre Feste wie Huf - nagels Serie „ Passionsspiele von Solymár ” oder die Berichte von Pfarrer Perényi „ Weihnachten in Németmárok ” vermittelten auch die Züge der christmoralischen Werte und der kulturellen Repre - sentation . Unter Anleitung der Pfarrer Johannes Huber , Franz Hufnagel und Josef Varga wurden die Wallfahrten nach Ober - ammergau und Mariazell regelmäßig , die neben dem religiösen Gefühl durch die kollektive Ausübung der Religion die Stam - meszugehörigkeit verstärkten .
Fortsetzung folgt
* Prälat Alexander Ernszt ( 1870 – 1938 ) galt als Verbindungsmann zwischen Kirche und Regierung .

Der lange Weg von Gyuri zu Schorschi

Deutsche Namensgebung in Ungarn zwischen Gewohnheit und Aufbruch Von Richard Guth
Es schien Jahrzehnte , gar Jahrhunderte lang eine Selbstver - ständlichkeit , dass man als Deutscher in Ungarn Vornamen wie György , Terézia , Erzsébet oder János trug . Auch meine Groß - eltern trugen in ihren Ausweispapieren ungarische Vornamen , und in dem Ausweis meines Vaters ( und so auch seiner Nach kom - men ) prangte dank einem Verschreiber am örtlichen Ma gistrat Anfang der 1950er Jahre sogar der Nachname in der Schreibweise Gúth statt „ Guth ”. Als sich meine Eltern 1977 entschlossen haben , mir den Vornamen Si ( e ) gmund zu geben , erlebten sie „ auf ’ m Amt ” eine kalte Abfuhr : Die Eintragung des Vorna mens sei in dieser Form nicht erlaubt . So bin ich Richard geworden , wohlgemerkt als Richárd eingetragen .
Namensgebung ist seit jeher ein Politikum : Ich kann mich noch gut an die ová-Diskussion in der ( Tschecho- ) Slowakei Anfang der 1990er Jahre erinnern , als sich Angehörige der madjarischen Min - derheit gegen das Tragen der weiblichen ová-Endungen wehrten . Dies ist heute passé , auch wenn es immer wieder Versuche gibt , Ressentiments gegenüber vermeintlich Fremdem zu schüren und dies an eigentlich so ganz privaten Dingen wie Namensgebung auszutragen . Auch in Ungarn tat sich Einiges , auch wenn man dies vor dem Hintergrund des Wirrwarrs beim Vornamen gebrauch in der ungarndeutschen Öffentlichkeit nicht so recht glauben mag .
„ Unser Name ist praktisch ein Plakat von uns : Wenn wir jemanden kennen lernen , ist unser Name das Erste , was wir über uns verraten . Warum könnte er nicht auch unsere Identität andeuten ?”, betont Universitätsdozentin Maria Erb , Mitglied des Ger - ma nistenteams , das nach zehn Jahren das neue Vornamen - verzeichnis erstellte ( erreichbar über die Heimseite der LdU , leider aber nur in ungarischer Sprache ), in einer Pressemitteilung der Landesselbstverwaltung vom 02 . Oktober 2015 . Maria Erb ging dabei einen ähnlichen Weg wie ich , als sie sich nach eigenem Bekunden entschloss , ihren Vornamen amtlich ändern zu lassen . Es war nur ein kleiner Strich über dem A , was sie gerne weglassen wollte , bei mir ebenso . Aber ein Strich mit Bedeutung , da stimme ich der Wissenschaftlerin zu . Das Linguistenteam ( Maria Erb , Elisabeth Knipf , Koloman Brenner ) „ arbeiteten acht Monate daran , achttausend deutsche und viele tausend ungarische Rufnamen berücksichtigend jene Vornamen auszuwählen , die mit den sprachlichen , kulturellen und religiösen Traditionen der deutschen Minderheit in Ungarn in Einklang stehen , und gleichzeitig auch den heutigen Trends bei der Namensgebung entsprechen ”, so die Pressemitteilung . Dabei schien die Arbeit der Sprachwissenschaftler eine bärenstarke , denn sie mussten nach eigenen Angaben vieles berücksichtigen , so unter anderem die ungarischen , deutschen und österreichischen Namensgebungstraditionen , aber auch den Umstand , dass der eine oder andere deutsche Vorname wie zum Beispiel Kayla im ungarischen Umfeld den Betroffenen schnell zum Gegenstand von Spott und Hohn werden lassen könnte . Auch neuere „ In - novationen ” berücksichtigt das Verzeichnis wie die Übernahme von Vornamen aus dem Angelsächsischen wie Jessica oder Jennifer , bei Behaltung der ursprünglichen Schreibform , im Ge - gen satz zu der noch heute gängigen Praxis der phonetischen Schreibweise in Ungarn ( Dzseszika , Dzsenifer ).
„ Ich ermutige die Eltern , die Möglichkeit der deutschen Na - mensgebung wahrzunehmen , möchte ihnen jedoch raten , sich ihre Entscheidung gut zu überlegen , weil ihr Kind diesen Namen in einer ungarischen sprachlichen und kulturellen Umgebung tragen muss ”, betont Maria Erb im LdU-Beitrag . Etwas , was meine Frau und ich vor anderthalb Jahren beherzigt haben , als wir unsere Tochter in der Benediktinerabtei von Martinsberg auf den Namen Minna taufen ließen . Es bleibt zu hoffen , dass wir keine Aus - nahme bleiben .

• MERKWÜRDIGkeiten • von Georg Krix

MEINUNGEN / FRAGEN zu Äußerungen unserer Vertreter in der Landesselbst - verwaltung der Ungarndeutschen
In der letzten Nummer des Sonntagsblattes hatte ich in meinen Merkwürdigkeiten bereits erwähnt , dass die Mitglieder des vor einem Jahr konstituierten Vorstandes der Landesselbstverwaltung ( LdU ) in ihrer in der NZ erschienenen Vorstellung viele schöne
( Fortsetzung auf Seite 8 )
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