Sonntagsblatt 6/2015 | Page 21

UDVP deutet darauf hin, dass auch für die bzw. den Schwaben eine neue Zeit angebrochen sei, nämlich die der volkspolitischen Besinnung, ein Wandel von eminenter Bedeutung für das ungarn- deutsche Schwabentum. Der Dichter hat in seinem Roman das angestrebte Ziel erreicht und zwar die Darstellung des Madjarisierungsvorgangs sowie die der Politisierung der Schwaben, die Hervorhebung der akuten Landesprobleme, was ihm, Adam Müller-Guttenbrunn, mittels klarer, allgemein verständlicher Sprache und übersichtlicher Glie - derung des behandelten Stoffes gelungen ist. Die vom Dichter gebrauchten schriftstellerischen Mittel vom aufschlussreihen Dialog über Informationen, Stimmungsbildern und Agitation im steten Wechsel tragen die vielschichtige Proble - matik in glaubwürdiger Weise an seine Leser geschickt heran. Doch mangels fehlender – vor allem auf dem Lande – kulturel- ler Strukturen und deutschbewusster Führungspersönlichkeiten vermag es die „Götzendämmerung” nicht, die breite Masse der Leser so zu erreichen, wie es sich der Dichter gewünscht hätte. Gewaltige Reaktionen rief das im Dezember 1907 anonym er - schienene Werk in der ungarischen Öffentlichkeit bzw. in der un - ga rischen Presse hervor. Die im Roman akribisch geschilderten Eindrücke ließen die madjarischen Behörden und viele Blätter vermuten, dass der Verfasser ein madjarischer Zeitzeuge oder sogar ein Mitglied des Pressebüros im Ministerium Fejérvárys sein könnte. Erst als sich bei der dritten Auflage Adam Müller- Guttenbrunn als Verfasser outete, hatten diese Blätter, die vorher den anonymen Autor als sachlich gut informiert bezeichnet hat- ten, diesen nunmehr als verlogen abgekanzelt. Die in Temeswar erscheinende „Südungarische Reform” unterzog den Roman einer gründlichen Schmähung und (der Schwa be!) Ferenc Herczeg bezeichnete ihn in „Az újság” als langweilig und arrogant. Zahlreiche Blätter starteten eine regelrechte Hetzkampagne, so dass auch die Behörden diverse Schritte gegen den Roman ins Rollen gebracht hatten, so z.B. entzog der Handelsminister Kos - suth dem Buch das Postdebit – die preiswerte Beförderung durch die Post – und versuchte die Verbreitung des Buches in Ungarn zu vereiteln. Es folgten polizeiliche Hausdurchsuchungen, und ver- einzelt ließen Stuhlrichter das Werk beschlagnahmen. Verboten wurde der Roman offiziell jedoch nie, und trotzdem hatte die Behörde den Gastwirt Friedrich Hess in Neusatz wegen Besitzes und Weitergabe des Buches zu einer viermonatigen Haftstrafe verdonnert. Allgemein wurde in Ungarn die nationalpolitische Mobilisie - rung der Schwaben durch die „Götzendämmerung” befruchtet. Führende Persönlichkeiten der Bewegung (UDV) bestätigten die Vermutung, dass der Roman die ungarische Gesellschaft am Nerv getroffen hätte. Der Verfasser des „Deutsch–ungarischen Katechismus”, Otto Krause, ersuchte in einem Schreiben Ed - mund Steinacker, er möge Adam Müller-Guttenbrunn ausrich- ten, dass das Buch sein Ziel erreicht hätte. Und der rumänische Nationalitätenführer in Siebenbürgen, Alexandru Vaida, äußerte sich anlässlich eines Besuches bei Adam Müller-Guttenbrunn in ähnlicher Weise. Auch Edmund Steinacker war der Ansicht, dass der Roman begeistert aufgenommen wurde. Auch ein Parteiaufruf der UDVP – vermutlich von Anfang 1908 – lobt den Roman, legt ihn den Schwaben als dringende Lektüre ans Herz und fügt hinzu, dass sie sich selbst um den Vertrieb bemühen werde. So gesehen, war der Erfolg der „Götzendämmerung” nicht ganz so gering, wie aus den Klagen des Dichters zu entnehmen ist, wenn dieser sich über ausbleibende Zuschriften aus der Heimat beschwert. Im Dezember 1907 hat der „Verein Südmark” eine größere Anzahl von Exemplaren nach Ungarn befördert und in einem Protokoll der UDVP-Besprechung in Neusatz wird festgehalten, dass die „Götzendämmerung” überall empfohlen und verlangt werde. Tatsache ist, dass der Roman viel später eine weite Verbreitung im Kreise der schwäbischen Landbevölkerung gefunden hat, zumal die Diskreditierung des Buches durch die Behörden und deren damit verbundenen Maßnahmen einerseits und die mäßige Lesebereitschaft des Bauernvolkes sowie deren geringe Bereitschaft, sich über das Buch zu äußern, beachtliche Ursachen sind, die anfangs die massive Verbreitung des Romans beeinträch- tigten. Andererseits ist bekannt, dass der Dichter sich erst ab 1910 um die Verbreitung seiner volkspolitischen Bücher im Kreise sei- ner Landsleute stärker bemüht hat. Adam Müller-Guttenbrunn äußerte die Meinung, dass die Vertrauensleute der UDVP den Vertrieb der „Götzendämme - rung” übernehmen könnten, was 1909 und 1910 auch tatsächlich durch Bruno Kremling, den Sohn des UDVP-Vorsitzenden erfolgte, der damals als „kulturpolitischer Adjutant” des Dichters tätig war. Nachdem die Nachfrage nach der „Götzendämmerung” und dem 1910 erschienen Roman „Glocken der Heimat” bei den Schwa ben verflacht war, sprang die „Deutsche-Dichter-Ge - dächtnisstiftung” in Hamburg-Großborstel ein, kaufte Tausend Bücher und beauftragte Bruno Kremling, diese in Ungarn an die Schwaben zu verteilen. Das war nur durch den 50%-Verzicht von Guttenbrunns Honorar und das Entgegenkommen des L. Staackmann-Verlages durch einen 50%-igen Rabatt möglich ge - worden. Außer Bruno Kremling betätigte sich auch die „Vereinigung deutscher Hochschüler aus den Ländern der ungarischen Krone” und der „Verein für die Erhaltung des Deutschtums in Ungarn” am Vertrieb der Adam Müller-Guttenbrunn-Bücher. Weitere Geldspenden der o.a. Vereine ermöglichten die Vertei - lung der bedeutendsten Heimatromane des Dichters an schwäbi- sche Soldaten. Den Vertriebsanstrengungen verschiedener Vereine und Privat - personen ist es zu verdanken, dass die Heimatromane des Dich - ters bis Kriegsende 1918 und besonders in der Nachkriegszeit seine schwäbischen Landleute erreichen konnten. Die Romane Adam Müller Guttenbrunns „sollten dazu Beitra - gen, das antiungarische Deutschtum zu stärken und die Dynamik der Assimilation der 1,9 Millionen Deutschen abzuschwächen.” Im geteilten Banat der Zwische nkriegszeit und im rumänischen Banat fanden die Bücher auch nach dem Zweiten Weltkrieg besonders durch die vom rumänischen Staat gesponserten Neuauflagen eine weite Verbreitung unter der Leserschaft und wurden auch im Rahmen universitärer Literaturveranstaltungen und in den deutschsprachigen Gymnasialklassen des Landes behandelt. WIR WENDEN UNS AN UNSERE LANDSLEUTE in Ungarn, LASSEN SIE DAS 1% IHRER STEUER UNSEREM VEREIN ZUKOMMEN. Unsere Steuernummer: 18044830-1-42 WIR DANKEN FÜR IHRE HILFSBEREITSCHAFT! DIE JAKOB BLEYER GEMEINSCHAFT e.V 21