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mein( ungarn-) deutschtum( 21)
Bloggerin Rita Steckl aus Sankt Iwan bei Ofen im Gespräch
– Rita, Du stammst aus einer Werischwarer schwäbischen Familie. Er zäh le bitte über deine Familie! – Ja, genau. Ich lebe jetzt in Sankt Iwan, aber stamme aus einer Werischwarer schwäbischen Familie. Alle meine Vorfahren waren Ungarndeutsche, also ich kann stolz sagen, dass ich eine 100 %-ige Schwäbin bin. Meine Mutter heißt Manhercz, und unter den Groß- und Urgroßeltern sind auch nur schwäbische Familien- namen zu finden: Schreck, Peller, Kimmel … Leider waren aber die Traditionen, Bräuche nicht so wichtig in meiner Familie, als ich noch Kind war. Meine Omas haben die Tracht in den letzten Jahrzehnten nicht mehr getragen, meine Eltern wurden auch nicht so erzogen. Aber den Dialekt haben alle meine Großeltern bis ans Lebensende alltäglich benutzt, meine Oma hat sehr viel mit mir schwäbisch gesprochen. Das kam mir auch zunutze, denn ich verstehe immer noch sehr viel davon. – Welche Rolle spielte, spielt die deutsche Sprache in deiner Familie? – Die deutsche Sprache war immer enorm wichtig in meinem Leben. Im Kindergarten habe ich schon angefangen, deutsch zu sprechen und ich habe auch Verwandte in Deutschland. Sie haben uns mehrmals im Jahr besucht, mit meinen Cousinen habe ich nur deutsch gesprochen. Da der Dialekt und auch das Hochdeutsche schon als Kleinkind in meinem Leben anwesend waren, würde ich die Beziehung folgendermaßen beschreiben: Wenn ich den Dia- lekt oder deutsche Wörter höre, ist es für mich immer ein „ kleines Zuhause”. – Du sprichst ausgezeichnet deutsch. Liegt das nur an dem familiären Hintergrund? – Nein. Im Kindergarten haben wir schon deutsche Wörter, Lie- der gelernt. In der Grundschule hatte ich ausgezeichnete Deutsch leh rer( Frau Judit Lazri muss ich nicht vorstellen), und in der 5 – 8. Klasse hatten wir eine Lehrerin aus Deutschland. Es war toll, da wir in den Stunden kein einziges ungarisches Wort gehört haben. In der Fachmittelschule habe ich eine zweisprachige Klasse be sucht, wo wir neben den sechs Deutschstunden auch noch andere Fächer auf Deutsch gelernt haben. Ich mochte es sehr, für mich war es immer leichter, einen Text z. B. auf Deutsch zu lernen. – Wie würdest du dich selbst definieren? Was bist Du? Deutsche, Schwä bin, Ungarndeutsche, Sanktiwanerin? – Interessante Frage, ich habe noch nicht so richtig nachgedacht … In meiner jetzigen Lage würde ich sagen, ich bin eine Schwäbin in Ungarn. – Du betreibst den Blog „ Pilischer Schwaben?” Was hat dich dazu veranlasst, diesen Blog ins Leben zu rufen? Was sind deine Ziele mit dem Blog? – Mein Blog „ Pilischer Schwaben”( Pilisi Sváb Hírmondó, www. pilisisvabok. blogspot. hu) existiert schon seit drei Jahren. Ich stamme aus einer Familie, für die die Traditionen, unser Erbe nicht so wichtig sind. Als ich selber eine Familie gegründet habe, wurden mir meine Wurzeln wichtiger. Als ich mit der Recherche begann, habe ich keine Internetseite über die Pilischer Schwaben, also meine engere Heimat – Sankt Iwan bei Ofen, Werischwar, Schau mar – gefunden. Diese drei Gemeinden sind so nah zueinander, aber es kam oft vor, dass die Werischwarer über die traditionellen Programme von Schaumar z. B. keinerlei Informationen hatten. Ich dachte, das kann so nicht weitergehen – wir Schwaben werden immer weniger sein, wir müssen zusammenhalten und einander kennen lernen. Dieser Blog war nur der erste Schritt, denn ich habe dadurch viele nette Schwaben kennen gelernt.
Auch den Eintritt in die Kompanei verdanke ich diesem Blog. Die Reaktio nen waren und sind immer noch positiv, ich hoffe, dass ich so der Traditionspflege ein bisschen beitragen kann. – Die Seite enthält im Moment vornehmlich ungarische Inhalte. Hat das etwas mit der Sprachsituation der Pilischer Schwaben zu tun? – Du meinst, warum die Artikel nicht auf Deutsch übersetzt wurden? Nein, das hat leider mit Zeit- und Kapazitätenmangel zu tun. Obwohl ich gut Deutsch sprechen und schreiben kann, ist es für mich ein großer Zeitaufwand, bis ich alles übersetze. Ich hoffe zumindest, dass es sich bald ändert und auch die Leser dann in Deutschland meinen Blog lesen können. Aber in der Tat: Es ist nicht charakteristisch, dass mich hiesige Schwaben nach deutschen Inhalten fragen: Bisher waren es nur zwei in der Gegend lebende Schwaben. – Du bist Mutter dreier Kinder: Wie versuchst Du die deutsche Identität( und Sprache) weiterzugeben? – „ Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.”( J. W. Goethe)
Diesen Gedanken kann ich mich nur anschließen. Ich halte es für sehr wichtig, dass die deutsche Sprache ein Teil unseres Familienlebens ist, auch wie es in meiner Kindheit war. Wir hören uns jeden Tag deutsche Kinderlieder an, oft schauen sie deutsche Märchen an. Im Kindergarten haben sie auch schon viele Wörter gelernt, sogar einige schwäbische Reime können sie bereits vorsagen. Sie haben auch Volkstanzunterricht, zu Hause hören sie gern Volksmusik. Meine große Tochter habe ich manchmal auf die Proben von der Kompanei mitgenommen, sogar das neue Stück hat sie angeschaut. Ich hoffe, dass dies alles ein guter Start für sie ist, und sie auf Ihre Identität mal stolz sein werden und sie die Traditionen weiterpflegen werden. – Wie siehst du die Zukunft der deutschen Minderheit in Ungarn? Wo liegt unsere Verantwortung als Akademiker? – Unsere Verantwortung ist sehr groß. Wir sind die letzte Gene- ration, die noch Kontakt zu den „ alten”, zu der älteren Generation hat, die die alten Bräuche, Traditionen, die Sprache noch gut kennt. Unsere Aufgabe ist, dieses Erbe zu pflegen und weiterzugeben. Wenn wir das nicht tun, wer wird es dann sonst machen? Wir haben keine leichte Aufgabe, da es sehr schwierig ist, die nach kommenden Generationen zu motivieren. Wir können sie nur mit ihren eigenen Mitteln, d. h. über das Internet, Facebook etc. ansprechen. Auch die Traditionen müssen zum Geschmack der modernen Generationen interpretiert werden. Außerdem ist es noch wichtig, dass wir als eventuelle „ Vorbilder” existieren, – also tun, tun, tun! – Liebe Rita, vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte: Richard Guth
Ungarndeutsches Kultur- und Informationszentrum
Konrad-Adenauer-Straße und-Büste in Budapest eingeweiht
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Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung und Präsident des Europäi- schen Parlaments a. D., Hans-Gert Pöttering, hat am 4. November 2015 in Budapest im Rahmen einer Feierstunde die erste Büste von Konrad Adenauer in Ungarn feierlich enthüllt. Zu diesem Anlass wurde auch das Schild der Konrad-Adenauer-Straße im Budapester Stadtwäldchen eingeweiht.
In seiner Ansprache vor Gästen aus Politik, Wirtschaft, Wissen- schaft und Bürgergesellschaft betonte der Stiftungsvorsitzende die Bedeutung des Ungarnaufstandes für die Freiheit des Kontinents. Die Einigung Europas sei erst möglich geworden, als 1989
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