Vor 130 Jahren geboren
VALENTIN HOMAN( 1885 – 1951)
Valentin Hóman( Hóman Bálint) wur- de 1885 in Budapest geboren. Seine Mittel- und Hochschulstudien absolvierte er ebendort, und dort machte er auch seinen Doktor der Philosophie. Von 1903 bis 1923 war er Leiter der Archiv-Abteilung der Universitätsbib liothek in Buda- pest, 1922 wurde er Direktor der Széchenyi-Bibliothek des Natio- nalmuseums, 1923 höchster Direktor des Ungarischen National- museums in Budapest, 1925 berief ihn die Budapester Universität auf den Lehrstuhl für mittelalterliche ungarische Geschichte, und als Historiker lehrte er dort bis 1932. Von 1932 bis 1938 war er Minister für Kultus und Unterricht in den Regierungen Gömbös und Darányi und von 1039 bis 1942 bekleidete er dasselbe Amt in den Regierungen Teleki, Bárdossy und Kállay. Seit 1932 war er auch Abgeordneter der Stadt Stuhl weißenburg, die ihn zum Ehrenbürger ernannt hatte.
Im Mittelpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit stand die mittelalterliche Geschichte Ungarns. Seine erste umfangreichere Arbeit ist die Ungarische Münzgeschichte von 1000 – 1325( er- schie nen 1916), worin er als erster die Metrologie, Chronologie und Wirtschaftsgeschichte des ungarischen Geldes systematisch behandelte. Die Fortsetzung dieses Werkes bildet „ Das Finanz- wesen und die Wirtschaftspolitik des ungarischen Königtums zur Zeit Karl Roberts”. Es gelang ihm auch die Klärung des Verhält- nisses der mittelalterlichen ungarischen Geschichtswerke zueinander und zu ihrer Quelle, der verlorengegangenen „ Gesta Hunga- rorum” aus der Zeit des Sankt Ladislaus. Seine kleineren Werke wurden von der Ungarischen Historischen Gesellschaft in drei Bänden 1938 herausgegeben. Die erste Hälfte der großen „ Un- garischen Geschichte”( bis 1526) verfasste Hóman, während die Jahrhunderte nach 1526 der ungarische Historiker Szekfû behandelte. Bis 1940 reichend, erschien dieses Werk in sechs Auflagen. Der zweite Band kam auch in italienischer Sprache( Ausgabe der Italienischen Königlichen Akademie) heraus.
Die Tätigkeit Valentin Hómans bedeutete einen Wendepunkt in der ungarischen Geschichtsschreibung: sie führte die geistesgeschichtliche Richtung zum Siege. Die Anhänger dieser Richtung haben neben Gyula Szekfû und Zoltán Gombocz Hóman als ihren Führer anerkannt, als sie ihn 1922 zum Vorsitzenden ihrer Verei- ni gung, des Minerva-Vereins, wählten und in dem Buch „ Die neuen Wege der ungarischen Geschichtsschreibung” über die neuen Gesichtspunkte und die neuen Methoden ihrer Wissen- schaft Rechenschaft ablegten. Hómans neue Erkenntnisse wurden allgemein für richtig anerkannt. Er wurde ordentliches Mit- glied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, der Sankt Stefans-Akademie, Vorsitzender der Ungarischen Historischen Ge sellschaft, Schutzpatron des Vereins für Ungarische Volkskun- de, Ehrenpräsident der Ungarischen Heraldischen und Genea- logischen, der Ungarischen Archäologischen und Kunsthistori- schen und der Ungarischen Numismatischen Gesellschaft; die Universitäten von Budapest und Fünfkirchen machten ihn zu ihrem Ehrendoktor, ebenso die zu Berlin, Heidelberg, Bologna, Mailand, Tartu und Warschau.
Der Reichsverweser Horthy verlieh ihm den Corvin-Kranz und die Corvin-Kette. Die polnische Historische Gesellschaft und die Finnisch – Ugrische Gesellschaft zu Helsinki sowie die Dante- Alighieri-Gesellschaft drückten ihm ihre Anerkennung durch Verleihung der Ehrenmitgliedschaft aus.
Historisch – politisch folgenschwer waren Hómans Forschungen über die madjarische Frühgeschichte, namentlich jene über die Herkunft der madjarischen Hunnensage. Nach seiner Auffassung stammt diese aus ausländischen Quellen, doch berühre dieser Umstand den Gedanken der hunnisch – madjarischen sprachlichen und rassischen Identität auf keine Weise. Dagegen meinte der Sprachforscher Z. Gombocz, der Kern der Hunnensage sei bereits vor der Landnahmezeit im Bewusstsein des Madjarentums vorhanden gewesen. Beide Forscher sind deutscher Abstammung und beide hielten es für ihre Pflicht, die Nostalgie der madjarischen Gesellschaft nach ihrer „ asiatischen Urheimat” wissenschaftlich zu rechtfertigen. Erst nach seiner Verurteilung im Jahre 1946 versuchte Hóman im Gefängnis, seine und seiner Freunde These über die asiatische Abstammung der Madjaren zu zerstören.
Hóman war vertrauter Freund des Gyula Gömbös, und als solcher wurde er 1932 auch in dessen Kabinett berufen. Als Kultus- minister baute er 1500 neue Volksschulen und Lehrerwohnungen, mehrere Sportanstalten und Gymnasien und erweiterte die An- lagen der Universitäten. Der Bau der Nationalen Sporthalle ist ebenfalls sein Verdienst. Hóman war auch maßgebend beteiligt an der Neugestaltung des ungarischen Erziehungswesens – die Gesetzesparagraphen XI: 1934, VI: 1935, XIII und XIV: 1938 usw. sind seine Schöpfungen – und auf seine Initiative sind die Kulturabkommen mit Deutschland, Italien, Bulgarien, Polen, Finnland, Estland und Japan zurückzuführen. Die Verbindungen mit England und den Vereinigten Staaten vertiefte er durch Gründung einzelner Institute. Den besonderen Zielsetzungen seiner Kulturpolitik gemäß strebte er stets die Einführung der italienischen Sprache an den ungarischen Gymnasien an. Er errichtete in Pannonhalma-Martinsberg das Graf-Ciano-Gymnasium, in Sárospatak ein englischsprachiges und in Gödöllô ein französischsprachiges Internat. Außerdem führte er an Stelle der aus drei Schultypen bestehenden sogenannten Minderheitenschule den einheitlich gemischtsprachigen Schultyp ein, wodurch der deutschen Volksgruppe jene Schulen, in denen nur in der Mutter- sprache unterrichtet worden war, verlorengingen, ohne dass der doppelsprachige Unterricht tatsächlich überall eingeführt worden wäre.
Für seine Verdienste um die Vertiefung der internationalen Beziehungen der ungarischen Wissenschaft erhielt er den päpstlichen Großen Sankt-Gregor-Orden, den italienischen königlichen Kronen-Orden, den Adler-Orden des Deutschen Reiches, den polnischen Polonia-Restituta-Orden, den österreichischen Golde- nen Verdienstorden, den finnischen Weißen-Rosen-Orden, das Großkreuz des Malteserordens usw.
Am 3. Juli 1942 trat Hóman von seinem Ministerposten zurück, aber auch nachher hielt er noch wichtige politische Reden. An- lässlich einer Feier, in deren Rahmen Marschall Mannerheim zum Ehrendoktor der Szegediner Universität gewählt wurde, hielt Hóman eine großangelegte Rede über die Nationalitätenfrage in Ungarn. Er behauptete, Ungarn sei ein Nationalstaat und kein Nationalitäten stät. Es sei im Sinne des Sankt-Stefans-Gedankens ein nationaler Staat, denn die Madjaren seien jenes Volk im Karpatenbecken, das eine Nation gebildet, einen Staat geschaffen und ein Land aufgebaut hat. Ungarn sei ein rassisch festbestimmtes Gebilde, woran auch die Tatsache nichts ändere, daß im Laufe der Zeit die madjarische Bevölkerung fremde Elemente aufgenommen habe. Innerhalb der Landesgrenze von 1942 betrage der Anteil des Madjarentums 71 Prozent der Gesamtbevölkerung. Der ungarische Staat behandle seine Nationalitäten human und brüderlich und fühle sich berechtigt, von ihnen volle Loyalität und Treue zu fordern. Ferner beanspruche der Staat das Recht der Leitung und der Aufsicht auf allen Gebieten der Kulturpolitik.
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