Sonntagsblatt 6/2014 | Page 27

lich keit werden.( Sie sprachen kein Hochdeutsch, sondern zweierlei, ähnliche aber dennoch voneinander abweichende Dialekte.)
Friedlicher Bruderzwist
„ Oisdan, sou kous wirklich net weidageh, des muaßt doch eisehgn... Mia ghern oili zam; mia sitzn in an Tschinackl, mia miaßn zamhoitn und dearfa net da ani noch vuawärts und da andri noch ricklisch ruadan, sou kumma do net van Fleck!”
„ Ganz richtig; pin derselwr Manung! Wer soll uns denn achte und helfe, wann mer unteranander immer nar rafe?”
„ Is do kloar! Zamhoitn miaß ma, wia di andarn Zuagrasten... Ma soit doch net oilawei an da Vagangaheit umabeißn, des bringt jo nix ei. In dZuakunft miaßn ma schaua und net an da Vagan- gaheit henga bleibn.”
„ So ists! Jetz, wo mer alli glei unglicklich und geschlage sei, müsse mer alles ausschalde, was uns enzweie kennte und uns schwacht.”
„ Na oisdan, nochat san ma jo anig! Mia is ganz wurscht, ob ana a Voiksbündler oda kana woa, d’ Hauptsoch, er woar und is a guata Deitscha, Guadi und Mistigi gibts iveroi; d’ Hauptsoch is, ea hots guat gmant!”
„ Soll des mit den Volksbindler vielleicht a Ospielung sei? Gebt es dann unner eich keini Volksbindler?”
„ Wos hoast Ouspülung?! Muaß ma vielleicht scho jeds Woat af da Apatekawag owägn? Bist ma ova ganz vadächtig empfindlich!”
„ So, so: ich empfindli? Schließlich kann doch a Mensch mit Ehrgefihl ka Haut ham wie a Nilpferd!... es gipt nämli a solche!”
„ Wos Nüpfead? Manst do vielleicht goa mi? Daß i a Nüpfead?
Du wast wos nochat du bist?” „ He, Sie, tas verbitt i mer afs entschiedanst!” „ Goa nix host da za vabittn, vastandn, du eibüdta Zwietrachtla, du!”
„ A so, also tu zweifelst vielleicht gar dran, daß i ernstlich d’ Aus- sehnung under uns winsch? Ich pin also in teine Auge a Schein- heiliger a Liegner?( gibt ihm einen Nasenstüber). – Tu pist im stand ozunehme, taß ich tir nicht africhtikst zugeto pin?( Rip pen stoß.) Taß ich tich net schätz und lieb?”( Läuten an einem Barten de.)
„ Jo manst du vielleicht goa i bin a Depp, dea si oillas gfoin lost? Behaupst vielleicht i bin die Schuid, daß mia net einig san, daß man uns imma raffa? Daß i unaufrichtig döherred? Daß i di net füa mein Bruada hoit( Watsche)... glaubst ma net, daß dei Schick- soi mia genau sou am Herzen liegt, wia mei eigenes.”( Brustfleck geradeaus.)
„ Aber so komme mer toch net weiter. Schaug wie tie andere iwer uns lache.”
„ Glaubst i bin blind und siag des net scha längst? Owa schließlich muaß ma si do amoi ouständig aussprecha!“ „ Jawohl, ausschpreche..., tie Propleme pereinige...!” „ Sou is und net andascht, s is owei bessa, ma sogts aussa, ois ma trogt‘ s in da Brust rum, wos druckt und druckt... Wanns net an- dascht geht, muaß ma si hoit zammraffa …“
„ So ist’ s jawohl’ Mer schtelle fest, daß mer uns – etwas heftig zwar – aber offe ausgschproche ham und zur Aosicht komme sen, daß was zur Pefriedigung geto werde muß.” „ Jawoi; Befriedigung, genau des sog i a oilawei!” „ Tann is jo alles in Putter. Eljen’ Friede! Enigkeit!” „ Friede! Und Anigkeit, und imma nua s gemainsami Zü( Ziel) vorn Augn. Und wann man uns hia und do a bißl streitn, sou reinigt des nua die Luft wie s’ Gwitta d’ Atmusphäre oda wia‘ s scho hast.” „ Hand draf?” „ Do host mei Hand drauf!” „ Warum krimmst tu teine kleine Finger beim Handschlag ei? Soll tas – wie beim Schwur – pedeite, daß tu ten Handschlag fir unverpindlich haltst?”
„ Wos, mei klana Finga? Du Blödl, dea is doch schweakriegsbeschädigt’ Natirli, hot’ s oilawea Leut gebn, de si im Kriag druckt hobn und weit hintn Bolitik betriebn hobn, deni is nix passiert. Owa deini Vadächtigung mit mein klana Finga is wirklich beleidigend, du, du...”
„ So, ich hab mich also im Krieg g’ druckt..., ich hap mich dem Kampf fir uns alli – a fir tich, tu Lump – schändli entzoge?”( Eins auf den Kopf, senkrecht von oben.)
„ Iatzat rafft a scho wieda, dea Raufhansl! Oisdan wannsd grod nur des hobn wüst( willst), soisd s hohn( Schienbein schräge von unten). Wo i doch imma füa a Versöhnung woar und bin... und oille, a di, ois mein Bruada betracht( Nasendrehen in Richtung des Uhrzeigers), dö ma liabn muaß – oilli Vatriwani hob i gearn, a di, Pimpf blöda, obst ma‘ s glaubst oda net.”( Nasendreher gegen den Uhrzeiger.)
„ So kome mr net weider …”( Leider trat hier, als trennende, dritte Macht, ein Polizist dazwi schen, sonst – ich befürchte – wären die beiden imstande gewesen, sich zu Tode zu versöhnen.)
Jakob Bechtold
P. S.: Diesen Artikel schrieb ich mir von meiner Leber weg, aus Gram über die Zersplitterung der vertriebenen Ungarndeutschen – in Landsmannschaften, Gruppen und Grüppchen, Volksbünd- ler, Nichtvolksbündler, Katholiken – Protestanten etc. und etc. und etc.
*** Über den Autor, Jakob Bechtel( aus seinem Lebenslauf – er- schie nen in „ Ein Donauschwabe kritzelt …” – München 1977) Oberst a. D. Jakob Bechtold wurde am 22. August 1888 als erstes von 16 Kindern einer deutschen Kleinhäusler-Familie in der ehemaligen deutschen Großgemeinde Budakeszi / Wudikesz im Ofner Bergland geboren. Nach Besuch der Volksschule seines Heimat- ortes kam er an eine Realschule in Budapest und anschließend an die K. u. K. – Infanteriekadettenschule Preßburg, von wo er als Jahr gangserster( und Vorturner der 1. Riege) an die Theresia- nische Militärakademie in Wiener Neustadt überwechselte, wo er mit den späteren ungarischen Generalen Beregffy( Berger) und Béldy( Bruckner) in derselben Klasse saß. Von dort wurd er 1910 als Leutnant zum K. u. K. Feldjägerbataillon Nr. 28 in Temes- kubin – Kevevara ausgemustert …
Auf Grund seiner in Wien erworbenen Lehrbefähigung wirkte er an den Militär-Erziehungsanstalten „ Bocskay” in Budapest und ab 1923 bis zu seiner Pensionierung 1942 an der Militärschule in Kôszeg / Güns in Westungarn als Lehrer für Erdkunde, Deutsch, Naturgeschichte und Zeichnen …
Nach dem 1. Weltkrieg gab er selbst zwei humoristische Blätter „ Dugó”( Sport) und „ Bohóc” heraus. Nach dem 2. Weltkrieg war er in Deutschland ununterbrochen journalistischer und zeichnerischer Mitarbeiter verschiedener Heimatzeitungen und Heimat ka- lender.
Oberst Bechtold a. D. machte sich auch als Sportler einen Na- men. Er errang im Laufe seiner Sportlerlaufbahn bei verschiedenen Wettbewerben, hauptsächlich als Pistolenschütze, aber auch in der Athletik und im Tennisspiel insgesamt 107 Medaillen und 86 Ehrenpreise. 1936 nahm er als auserwählter Schnellfeuer-Pisto- len schütze an der Olympiade in Berlin und 1939 an der Weltmeis- terschaft in Luzern teil. Als Mitglied des deutschen Schützen- kaders für die Olympiade in Helsinki scheiterte seine Teilnahme an Erkrankung. In der Bundesrepublik errang er noch das bronzene, silberne und goldene Schützenabzeichen. Noch in Ungarn erschien sein Handbuch über das Schnellfeuerschießen, das erste seiner Art auf der Welt …
Ab 1945 lebte er mit Frau und Tochter in Pfarrkirchen / Ndb …
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