Sonntagsblatt 6/2014 | Page 21

len Dörfern wollen sie diese nicht weitergeben. Meine Eltern kön- nen nicht deutsch sprechen, und den Dialekt unseres Dorfes ken- nen sie auch nicht. Die älteren Generationen haben die Sprache nicht mehr weitergegeben. Aber meine Oma konnte allererst nur deutsch sprechen, sie musste Ungarisch in der Grundschule ler- nen, weil sie sprachen zu Hause immer deutsch. Was ich gelernt habe von meinen Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, will ich meinen Kindern auch weitergeben. Weil wir die Zukunft sind, für die Schwaben. Wir, die Jugendlichen. Und ich bin stolz darauf, dass ich zu einer solchen Minderheit gehören kann, das heißt, ich bin stolz darauf, dass ich ein Schwabe sein kann. Richard Guth O DER MENSCH – Dr. Franz Anton Basch Das in unserer letzten Sonntagsblatt-Nummer angekündigte Buch „Love Story in Budapest” von Prof. Dr. Nelu B. Ebinger wurde bis her erst in einigen Dutzend Exemplarn verkauft, doch anschei- nend von viel mehr Menschen gelesen (oder wenigstens durchge- sehen). Denn es sind bei mir Meinungen dazu eingegangen, leider nicht in Schrift, sondern über Telefon und auch überwiegend von „Unbekannt”. Warum diese Anonymität? Das Buch und auch mei ne dazu geschriebene Empfehlung sprechen deutlich, offen und aufrichtige Worte. Es wäre doch zu erwarten, dass auch Meinungen dazu in ähnlicher Weise kundgetan werden. Immerhin haben mich diese Telefonkritiken dazu bewogen, mit einem 1932 von Dr. Basch geschriebenen Artikel einen Beweis zu liefern, wie dieser Mensch Basch al s junger Mann, angehender Politiker, damals engster Mitarbeiter von Prof. Dr. Bleyer über „sein deutsches Volk in Ungarn” dachte, wie er dieses Volk ein- schätzte, verehrte, liebte und – völlig frei von Parteipolitik, ja über- haupt von Politik – mit jedem niedergeschriebenen Wort eigent- lich seine Bereitschaft erkennen ließ, für dieses Volk ehrlich zu arbeiten, zu kämpfen, sich für dessen schönere Zukunfz einzuset- zen. Wir wollen diesen Artikel, der im „Deutscher Volkskalender des Ungarländischen Deutschen Volksbildungsvereins” (Jahrgang 1933 – S. 88–103) erschienen ist in vollem Wortlaut bringen, doch der Länge wegen werden wir dies nur in Fortsetzungen bewerk- stelligen können. Bitte, lesen Sie aufmerksam jedes Wort, – Sie werden viel da - raus lernen. Am Ende angekommen werden Sie das Ungarn - deutsch tum und auch die Person Basch in einem anderen, in einem glänzenden und verheißungsvollen Lichte sehen und die Zeitung mit einem Seufzer beiseitelegen: Ja, es war einmal… G. Krix Unser Volk, unser Stolz, unser Glück von Dr. Franz Anton Basch Wer sein eigenes Volk nicht liebt, kann sich selbst nicht achten. Wer unbekümmert um das Schicksal der eigenen Volksgenossen nur für sich selbst lebt, das Streben, Leiden, Kämpfen seiner Volksbrüder nicht teilt, verdient kaum, dass man ihn zu dem Volke rechnet, de mer aus Gottes Willen entsprossen ist. Der kennt nicht den beglückenden Stolz, der jedes gesunde, begnadete Volk er - füllt, sei es nun groß oder klein, reich oder arm. Wir ungarländische Deutsche haben, – Gott sei Dank – noch im mer das reine, gesunde, kräftige Blut in unseren Adern, wo - durch unsere Ahnen sich unvergänglichen Ruhm als Siedler und Soldaten erwarben. Die viel bewunderte Arbeitslust, der eiserne Lebenswille erfüllen noch immer unsere Herzen und Sinne. Unermüdliches Schaffen, unbändige Zähigkeit, unerschrockenes Vorwärtsstreben, makellose Treue: sind heute noch die herrlichs- ten Tugenden unseres Volkes. An diesen Tugenden halten wir alle fest, die sind der Hort unse- rer Zukunft. Diese gab uns Gott auf den irdischen Weg mit. Er gab uns Lebensfreude und Treue mit beiden Händen. Wenn nur wir es auch wollen, werden wir nie verkommen, nie verschwinden. Eben darum dürfen wir es nie und nimmer vergessen, dass auch wir ein Volk sind, in jeder Stunde zueinander stehen müssen. Nur wer es tief und innig fühlt, dass er zu seinem Volke gehört, ist stark und wer stark ist, hat auch Opferwilligkeit und Treue in seinem Herzen. Ja, es ist schon so: Unser Volk, unser Stolz, unser Glück! Kein Fremder aus Nah und Fern, weilte er auch nur einige Tage in unseren wunderschönen Dörfern, vermag ohne tiefe Ergrif - fenheit von uns Abschied zu nehmen. Wer unsere Häuser einmal mit ehrlichem Herzen betrat, wer uns mit offenen Augen bei der Arbeit beobachtete, dem muss Liebe und Anerkennung das Herz erfüllen. Wer einmal an unsren Fest mit unseren braven Müttern und Mädeln in schlichter Fröhlichkeit tanzte, dem wird das Herz vor Glück aufjauchzen. Wer dazu noch sah, wie unser Volk Tag für Tag mit tausend Sorgen ringt und trotzdem nicht gebrochen wird, wer sah, dass unser Volk gerade in Zeiten der Not gegen Tod und Teufel ankämpft, wie ein Riese sich durch Elend und Bitterkeit durchschlägt, – wer hätte da unser Volk nicht bewundern müssen? Unser Volk, unser Stolz, unser Glück! Dass dies wahr ist, wollen wir allen Lesern dieser Zeilen bewei- sen. Hand in Hand wandern wir durch alle Gebiete unseres unga- rischen Vaterlandes, wo unsere Brüder leben. Wir wollen und ken- nen lernen, wir müssen uns lieben lernen. Wir sind alle Brüder, sind alle eines Blutes, einer Seele, darum müssen wir alle auch zusammenhalten. Unmittelbar an der österreichischen Landesgrenze befindet sich die westungarische deutsche Siedlungsgruppe. Zu dieser ge hö ren die Heidebauern im Wieselburger Komitat, dann die Hien zen in Ödenburg und in den sechs bei Ungarn verbliebenen deutschen Gemeinden der Umgebung von Ödenburg, wie auch einige deutsche Gemeinden im Eisenburger Komitat. Diese Deutsch ungarn sind im heutigen Ungarn die ältesten deutschen Siedler. Nach ihrer Abstammung und Mundart gehören sie zum österreichisch–bajuwarischen Volksstamm. Es ist ein durch und durch gesunder und lebenstüchtiger Menschenschlag. Es mutet einen gar seltsam an, wen man ihnen in den Bahnzügen oder in den nahen Städten begegnet und sie in ihrer treu bewahrten und ausdrucksreichen Mundart sprechen hört. Ist die alte bäuerliche Volkstracht auch schon seit mehreren Jahrzehnten geschwunden, so ist der waschechte österreichisch–bajuwarische Volkscharakter um keinen Ton anders, um keine noch so geringe altererbte Eigen - schaft ärmer geworden. Ihre Ahnen waren die ersten deutschen Siedler in Ungarn. Wie alle, Siedler, wurden auch ihre Altvordern, von einem unverwüstlichen Arbeitswillen neuem Raum zugetrie- ben. Diese strotzende Arbeitslust lebt heute noch ungeschwächt fort. Es ist eine wahre Freude, die einem das Herz wirklich rascher schlagen lässt, sie bei der Arbeit zu sehen. Durch unermüdliches Schaffen brachten sie es, besonders die auf der ungarischen Klei - nebene wohnenden Heidebauern, zu einem beachtenswerten Wohl stand. Ihre Dörfer muten im Verhältnis zu dem größeren Teil der übrigen Deutschen Rumpfungarns wie kleine Städte an. Ihre Häuser, wenn auch klein und niedlich, ähneln mehr Bürger- (Fortsetzung auf Seite 22) 21