len Dörfern wollen sie diese nicht weitergeben. Meine Eltern kön-
nen nicht deutsch sprechen, und den Dialekt unseres Dorfes ken-
nen sie auch nicht. Die älteren Generationen haben die Sprache
nicht mehr weitergegeben. Aber meine Oma konnte allererst nur
deutsch sprechen, sie musste Ungarisch in der Grundschule ler-
nen, weil sie sprachen zu Hause immer deutsch.
Was ich gelernt habe von meinen Eltern, Großeltern und
Urgroßeltern, will ich meinen Kindern auch weitergeben. Weil wir
die Zukunft sind, für die Schwaben. Wir, die Jugendlichen. Und
ich bin stolz darauf, dass ich zu einer solchen Minderheit gehören
kann, das heißt, ich bin stolz darauf, dass ich ein Schwabe sein
kann.
Richard Guth
O
DER MENSCH –
Dr. Franz Anton Basch
Das in unserer letzten Sonntagsblatt-Nummer angekündigte Buch
„Love Story in Budapest” von Prof. Dr. Nelu B. Ebinger wurde
bis her erst in einigen Dutzend Exemplarn verkauft, doch anschei-
nend von viel mehr Menschen gelesen (oder wenigstens durchge-
sehen). Denn es sind bei mir Meinungen dazu eingegangen, leider
nicht in Schrift, sondern über Telefon und auch überwiegend von
„Unbekannt”. Warum diese Anonymität? Das Buch und auch
mei ne dazu geschriebene Empfehlung sprechen deutlich, offen
und aufrichtige Worte. Es wäre doch zu erwarten, dass auch
Meinungen dazu in ähnlicher Weise kundgetan werden.
Immerhin haben mich diese Telefonkritiken dazu bewogen, mit
einem 1932 von Dr. Basch geschriebenen Artikel einen Beweis zu
liefern, wie dieser Mensch Basch al s junger Mann, angehender
Politiker, damals engster Mitarbeiter von Prof. Dr. Bleyer über
„sein deutsches Volk in Ungarn” dachte, wie er dieses Volk ein-
schätzte, verehrte, liebte und – völlig frei von Parteipolitik, ja über-
haupt von Politik – mit jedem niedergeschriebenen Wort eigent-
lich seine Bereitschaft erkennen ließ, für dieses Volk ehrlich zu
arbeiten, zu kämpfen, sich für dessen schönere Zukunfz einzuset-
zen.
Wir wollen diesen Artikel, der im „Deutscher Volkskalender des
Ungarländischen Deutschen Volksbildungsvereins” (Jahrgang
1933 – S. 88–103) erschienen ist in vollem Wortlaut bringen, doch
der Länge wegen werden wir dies nur in Fortsetzungen bewerk-
stelligen können.
Bitte, lesen Sie aufmerksam jedes Wort, – Sie werden viel da -
raus lernen. Am Ende angekommen werden Sie das Ungarn -
deutsch tum und auch die Person Basch in einem anderen, in
einem glänzenden und verheißungsvollen Lichte sehen und die
Zeitung mit einem Seufzer beiseitelegen: Ja, es war einmal…
G. Krix
Unser Volk, unser Stolz,
unser Glück
von Dr. Franz Anton Basch
Wer sein eigenes Volk nicht liebt, kann sich selbst nicht achten.
Wer unbekümmert um das Schicksal der eigenen Volksgenossen
nur für sich selbst lebt, das Streben, Leiden, Kämpfen seiner
Volksbrüder nicht teilt, verdient kaum, dass man ihn zu dem Volke
rechnet, de mer aus Gottes Willen entsprossen ist. Der kennt nicht
den beglückenden Stolz, der jedes gesunde, begnadete Volk er -
füllt, sei es nun groß oder klein, reich oder arm.
Wir ungarländische Deutsche haben, – Gott sei Dank – noch
im mer das reine, gesunde, kräftige Blut in unseren Adern, wo -
durch unsere Ahnen sich unvergänglichen Ruhm als Siedler und
Soldaten erwarben. Die viel bewunderte Arbeitslust, der eiserne
Lebenswille erfüllen noch immer unsere Herzen und Sinne.
Unermüdliches Schaffen, unbändige Zähigkeit, unerschrockenes
Vorwärtsstreben, makellose Treue: sind heute noch die herrlichs-
ten Tugenden unseres Volkes.
An diesen Tugenden halten wir alle fest, die sind der Hort unse-
rer Zukunft. Diese gab uns Gott auf den irdischen Weg mit. Er
gab uns Lebensfreude und Treue mit beiden Händen. Wenn nur
wir es auch wollen, werden wir nie verkommen, nie verschwinden.
Eben darum dürfen wir es nie und nimmer vergessen, dass auch
wir ein Volk sind, in jeder Stunde zueinander stehen müssen. Nur
wer es tief und innig fühlt, dass er zu seinem Volke gehört, ist stark
und wer stark ist, hat auch Opferwilligkeit und Treue in seinem
Herzen.
Ja, es ist schon so: Unser Volk, unser Stolz, unser Glück!
Kein Fremder aus Nah und Fern, weilte er auch nur einige Tage
in unseren wunderschönen Dörfern, vermag ohne tiefe Ergrif -
fenheit von uns Abschied zu nehmen. Wer unsere Häuser einmal
mit ehrlichem Herzen betrat, wer uns mit offenen Augen bei der
Arbeit beobachtete, dem muss Liebe und Anerkennung das Herz
erfüllen. Wer einmal an unsren Fest mit unseren braven Müttern
und Mädeln in schlichter Fröhlichkeit tanzte, dem wird das Herz
vor Glück aufjauchzen. Wer dazu noch sah, wie unser Volk Tag für
Tag mit tausend Sorgen ringt und trotzdem nicht gebrochen wird,
wer sah, dass unser Volk gerade in Zeiten der Not gegen Tod und
Teufel ankämpft, wie ein Riese sich durch Elend und Bitterkeit
durchschlägt, – wer hätte da unser Volk nicht bewundern müssen?
Unser Volk, unser Stolz, unser Glück!
Dass dies wahr ist, wollen wir allen Lesern dieser Zeilen bewei-
sen. Hand in Hand wandern wir durch alle Gebiete unseres unga-
rischen Vaterlandes, wo unsere Brüder leben. Wir wollen und ken-
nen lernen, wir müssen uns lieben lernen. Wir sind alle Brüder,
sind alle eines Blutes, einer Seele, darum müssen wir alle auch
zusammenhalten.
Unmittelbar an der österreichischen Landesgrenze befindet
sich die westungarische deutsche Siedlungsgruppe. Zu dieser
ge hö ren die Heidebauern im Wieselburger Komitat, dann die
Hien zen in Ödenburg und in den sechs bei Ungarn verbliebenen
deutschen Gemeinden der Umgebung von Ödenburg, wie auch
einige deutsche Gemeinden im Eisenburger Komitat. Diese
Deutsch ungarn sind im heutigen Ungarn die ältesten deutschen
Siedler. Nach ihrer Abstammung und Mundart gehören sie zum
österreichisch–bajuwarischen Volksstamm. Es ist ein durch und
durch gesunder und lebenstüchtiger Menschenschlag. Es mutet
einen gar seltsam an, wen man ihnen in den Bahnzügen oder in
den nahen Städten begegnet und sie in ihrer treu bewahrten und
ausdrucksreichen Mundart sprechen hört. Ist die alte bäuerliche
Volkstracht auch schon seit mehreren Jahrzehnten geschwunden,
so ist der waschechte österreichisch–bajuwarische Volkscharakter
um keinen Ton anders, um keine noch so geringe altererbte Eigen -
schaft ärmer geworden. Ihre Ahnen waren die ersten deutschen
Siedler in Ungarn. Wie alle, Siedler, wurden auch ihre Altvordern,
von einem unverwüstlichen Arbeitswillen neuem Raum zugetrie-
ben. Diese strotzende Arbeitslust lebt heute noch ungeschwächt
fort. Es ist eine wahre Freude, die einem das Herz wirklich rascher
schlagen lässt, sie bei der Arbeit zu sehen. Durch unermüdliches
Schaffen brachten sie es, besonders die auf der ungarischen Klei -
nebene wohnenden Heidebauern, zu einem beachtenswerten
Wohl stand. Ihre Dörfer muten im Verhältnis zu dem größeren
Teil der übrigen Deutschen Rumpfungarns wie kleine Städte an.
Ihre Häuser, wenn auch klein und niedlich, ähneln mehr Bürger-
(Fortsetzung auf Seite 22)
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