Sonntagsblatt 5/2016 | Page 16

verbot ; damit waren die letzten noch bestehenden Bühnen in Te - meschburg und Preßburg beseitigt . Als einziges deutsches Theater wirkte lediglich das in Hermannstadt weiter .
Die deutsche Schauspielkunst in Ungarn hatte weder eine politische noch eine ideologische Mission ; sie musste dem entschlossenen Angriff des madjarischen Nationalismus erliegen , weil diesen ein politisches Ziel und leidenschaftlich verkündete Ideolo - gien beseelten . Zusammen mit der deutschen Bühne erlag das gesamte deutsche Stadtbürgertum Ungarns , abgesehen von Siebenbürgen , diesem ungestümen Angriff .
( Aus : Südostdeutsche Vierteljahresblätter 1973 . Auch in : Pannonica . Schorndorf 1979 , S . 215 – 219 .)

Blick über die Grenze

Wenn wir in Ungarn über Vertreibung reden , so denken wir dabei allgemein an unser Schicksal , an das Schicksal der Deutschen in Ungarn . In diesem Jahr – 2016 – feierten wir den 70 . Jahrestag des Beginns der als „ Aussiedlung ” benannten und bekannten Vertrei bung , mit der rund 200 000 unserer Landsleute – die Hälfte der Volksgruppe – außer Lan - des gebracht wurde , und gleichzeitig auch die meisten der „ Daheim - gebliebenen ” – infolge der Boden reform , Enteignung , Umsiedlung – bodenlos und heimatlos machte . Letztendlich bedeutete all dies die endgültige Zerschlagung der einst blühenden deutschen Volksgruppe Ungarns . Wem war das Schicksal holder gesinnt ? Denen , die im zerbombten Deutschland ein neues Leben beginnen mussten oder jenen , die „ zu Hause ” entrechtet und entwurzelt um ihr Dasein rangen ? Ein Thema , das wir im Sonntagsblatt aufgreifen wollen – Nach Karfreitag eine Auferstehung ?
Gleichzeitig vergessen wir oft – leider –, dass es unseren Lands leuten in den Nachbarstaaten auch nicht besser erging , ja sogar z . B . im Falle des damaligen Jugoslawien , noch viel schlimmer ! Wohl wurde über den Leidensweg dieser ( Jugoslawien ) Donauschwaben – auch bei uns – einiges bekanntgemacht , aber unsere heutige Jugend hat diesbezüglich wenig Ahnung . Ebenso ist uns allen wenig bekannt , wie der Nach - folgestaat Jugoslawiens , das heutige Serbien , die Zeit von Damals beurteilt und darüber berichtet .
Deshalb soll nachfolgender Artikel uns Einblick gewähren über die heutige geschichtliche Betrachtung des leidvollen Schicksals der Donauschwaben Jugoslawiens :
Zoran Janjetovic

Die neueste serbische Historio - graphie über die Donauschwaben

Jahrzehntelang waren die Donauschwaben ein vernachlässigtes Thema in der serbischen Historiographie . Dies galt auch für die ganze jugoslawische Geschichtsschreibung die wenig Aufmerk - samkeit nationalen Minderheiten widmete . Die Jugoslawiendeut - schen hatten darunter doppelt zu leiden : sie wurden vernachlässigt und das was über ihnen geschrieben wurde , hatte in vielen Fällen einen eher negativen Beiklang . Grundsätzlich versuchte man sie kollektiv als „ Faschisten ” und „ Kriegsverbrecher ” darzustellen um so auf indirekte Weise ihre Behandlung seitens der kommunistischen Behörden zwischen 1944 und frühen 1950er Jahren zu rechtfertigen . Erst mit dem Untergang des kommunistischen Ge - sellschaftsmodells und der Ideologie , begann man die Ge schichte der Jugoslawiendeutschen objektiver darzustellen . 1 In diesem Referat werde ich mich bemühen einen Überblick der neusten serbischen Geschichtsschreibung über die Donau - schwaben in der Vojvodina aufzuzeichnen . Ich werde sowohl die veröffentlichte Werke , als auch die die noch als Manuskripte vorliegen erwähnen die in den letzten ein Paar Jahren entstanden sind . Die letztgenannten sind keineswegs unbedeutend da sie bezeugen daß das Thema Donauschwaben mittlerweile auch an den Universitäten und Schulen ebenso „ hoffähig “ wie alle andere , geworden ist . Das ist eine höchsterfreuliche Entwicklung , auch wenn bei manchen Arbeiten dieser Art einiges zu wünschen übrig bleibt .
Man konnte dieses Referat auf zwei Weisen verteilen : entweder nach der Sichtweise der Verfasser , oder chronologisch ( in die Reihenfolge des Entstehens ). Da es sich um eine verhältnismäßig kurze Zeitspanne handelt in der die Werke entstanden sind , spielt die Chronologie keine große Rolle . Darum werden wir uns für den erstgenannte Weise entscheiden .
In diesem Fall können wir die Arbeiten über die Donau schwa - ben in zwei Gruppen verteilen : einerseits die Werke die der alten Sichtweise aus der Zeiten des Kommunismus , verpflichtet sind , und andererseits , die deren Verfasser sich bemühen das Thema objektiv und unvoreingenommen zu bearbeiten . Der erste Ver - treter der „ alten Schule ” ist Dr . Branko Pavlica , ein Politologe der sich bemühte als Experte für deutsch – jugoslawische Beziehungen zu profilieren . 2 Eine Schwäche seiner Werke geht hervor schon aus der Tatsache daß er kein Historiker , sonder Politologe ist . In anderen Worten ist seine Methode unzulänglich da er sich nur auf die veröffentlichte Quellen , und zwar unkritisch , stützt . Außer - dem , benutzt er nur die alte jugoslawische Fachliteratur wobei die neusten Werke aus frühen 1970er Jahren stammen . Diese unzulängliche , ja unwissenschaftliche , Methode ist mit einem unerläßlichen Fehler gekrönt : mit dem Mangel an Objektivität , ja , den Mangel an Wille objektiv zu sein .
Alle diese Fehler sind zu finden in seinen zwei Werken die den Jugoslawiendeutschen gewidmet sind . Eins ist das Buch „ Die deut sche Minderheit in Jugoslawien . Das Schicksal der Volks - deut schen nach dem Zweiten Weltkrieg ” 3 , und das andere ist ein Aufsatz in der Zeitschrift des serbischen Helsinki-Komitees ( sic !) unter dem Titel „ Die Volksdeutschen – die Fünfte Kolonne im alten Jugoslawien ”. 4 In diesen Arbeiten wiederholt er alle alte Anklagen , Halbwahrheiten und Unwahrheiten der alten kommunistischen Historiographie : die Volksdeutschen hätten eine bevorzugte Lage vor der Gründung Jugoslawiens ; in Jugoslawien wären sie stets untreu und feindselig ; alle hätten mit dem Dritten Reich kollaboriert und alle , außer ein Paar Ausnahmen , dienten als Fünfte Kolonne gegen dem Land in dem sie lebten . Andererseits , wurden sie seitens des jugoslawischen Staates immer fair behandelt , sowohl vor als auch nach dem Zweiten Weltkrieg . Seine Beschreibung der Lage der Jugoslawiendeutschen in Lagern nach dem Zweiten Weltkrieg ist eine Verharmlosung die weit über die Grenze der Lüge geht . 5
Ein anderer Vertreter der „ alten Schule ” ist ebenso nicht ganz jung , Predrag Bajic . Der ist bei weitem nicht so einseitig , aber bei ihm spielen die Donauschwaben eine eher untergeordnete Rolle . Zum Unterschied von Pavlica ist Bajic ein geschulter Historiker der voriges Jahr seine Magisterarbeit über das jugoslawische Banat im Zweiten Wltkrieg an der Philosophischen Fakultät der Universität Novi Sad verteidigt hat . 6 Das Thema ist nicht neu und man konnte erwarten daß der Verfasser die Forschung vertiefen würde . Leider hat er es nicht getan : er benutzt nur wenige neue , bisher unbekannte Dokumente , die in meisten Fällen nichts neues bringen . Darum ist Bajic aber über unterschiedlichen Aspekten ausschweiflich , auch wenn sie nur wenig Zusammenhang mit dem Thema haben . In großen und ganzen ist sein Bild des Banats im Krieg nicht zu unterscheiden von das alte das die ältere kommunistische Historiker gemahl haben . Sogar der historiographischen
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