Stuhlweißenburg bestattet, was einer Heiligsprechung gleichkam. Nach seinem Tod folgten chaotische Jahre in Ungarn, es gab Aufstände. Das Domkapitel von Székesfehérvár fürchtete die Entweihung des Leichnams, man nahm ihn aus dem Mar mor- sarkophag und brachte ihn in die Grabkammer der Unterkirche um ihn zu verbergen. Dabei geschah es, dass der rechte Arm abgetrennt und in die Schatzkammer der Basilika gebracht wurde, deren Wächter ein Mann namens Merkur war. Vermutlich hat er den mumifizierten Arm gestohlen und auf seinem Grundbesitz in Bihar versteckt. Als der König Ladislaus – der später auch heiliggesprochen wurde – von der Reliquie hörte, suchte er Merkur auf. Er vergab dem „ Dieb” und ließ an der Fundstelle der Reliquie zum Andenken an den ersten König und zu einer würdigen Unterbringung des Sanktuariums eine Abtei gründen. Die Abtei befindet sich im heutigen Rumänien, sie und die um sie herum entstandene Stadt heißt Szentjobb – Siniob( Heilige Rechte).
Der Ausdruck,, Szent Jobb” – also die hl. Rechte – verwies ur- sprünglich auf den ganzen rechten Arm, wie auf dem Siegel der Abtei auch zu sehen ist. Der Oberarm wurde vermutlich 1370 abgetrennt und nach Polen gebracht, zum Anlass der polnischungarischen Personalunion. Damals war es keine Seltenheit, dass Könige sich mit solchen Geschenken das Wohlwollen und die Gnade fremder Herrscher einholen versuchten.
Im 14. Jahrhundert gelangte die Reliquie erstmals nach Székes- fehérvár, danach während der osmanischen Herrschaft um 1590 nach Raguza, in das heutige Dubrovnik zu den dortigen Domi- nikanern. Sein Aufenthaltsort war in Ungarn fast 200 Jahre lang unbekannt, ungarische Adelige kamen zufällig auf die Spur. Sie warnten erstmals Kaiser Leopold I., dann die Kaiserin Maria The- resia. Als Maria Theresia davon erfuhr versuchte sie alles um die Rechte zurückzubekommen. Sie ging langwierige diplomatische Verhandlungen ein, was letztlich zum Erfolg führte. So durfte das Publikum die Hl. Rechte bereits am 16. April 1771 in Wien be- wundern, bevor sie mit großem Aufwand nach Buda / Ofen transportiert wurde. Maria Theresia ordnete gleichzeitig an, den Tag des Hl. Stephan, den 20. August zu feiern. Seit Anfang der 1800er Jahren, auf Anordnung von Josef II., wurde die Reliquie von einem christlichen Orden bewacht. Nachdem dieser Orden aufgelöst wurde, hatte die Diözese von Esztergom / Gran die Aufgabe die Hl. Rechte sicher aufzubewahren. Anfang der 1900er Jahren wurde sie in die Zsigmond-Kapelle der Budaer Burg gebracht und hier blieb sie bis 1944. Während des Krieges wurde die Reliquie samt Herrschaftsinsignien( die Hl. Krone, Zepter, Reichsapfel, Krönungsmantel und-schwert) verschleppt und in einer Höhle von Salzburg versteckt. US Truppen fanden die Insignien, die sie zur Bewahrung dem Erzbischof von Salzburg übergaben. Die Kronjuwelen wurden 1945 zurückerstattet. Eine Tradi tion ist der Umzug mit der Hl. Rechte in Budapest. Der Brauch wurde 1947 abgebro- chen infolge einer mit der Kir che aufgezwungenen Ve- rein barung, nach der keine Lan desumzüge mehr gehalten werden dürfen. Das Fest lebte aber als kirchliches Fest weiter. Zwischen 1950 und 1971 war die Rechte in einem eingebauten Tresor der Woh- nung des Pfarrers aufbewahrt. Lediglich einmal im Jahr, am 20. August wurde sie in die Basilika überbracht und gleich nach den Feierlichkeiten wieder in den Tresor eingeschlossen. Zum 200. Jahrestag der Heimbringung erhielt die Reliquie 1971 eine absperrbare Kapelle in der Basilika. Der Landesumzug mit der Hl. Rechte wurde zum ersten Mal 1989 erneut abgehalten. Seit 1990 wird dieser nach alter Tradition organisiert. Die Hl. Rechte ist heute in der Basilika in der Hauptstadt in einer schusssicheren Vitrine untergebracht. Zur Echtheit der Hl. Rechte wurden Untersuchungen von drei Ärzteteams durchgeführt. Da es keine Anhaltspunkte zur Identifizierung der Hand gab – bei dem ersten Auffinden in Raguza fehlte der zuvor angeblich getragene Ring des Königs Stefan, was eine eindeutige Identifikation hätte ermöglichen lassen – so konnte man nicht mehr und nicht weniger feststellen, als dass es sich hier um eine etwas kleinere Hand eines Mannes handelt, die in einem relativ gut mumifizierten Zustand erhalten blieb. Solange seitens der Kirche und der Wissenschaft keine eindeutigen Fragen zum körperlichen Wesen des ersten Königs Ungarns auftauchen, hat eine genetische Untersuchung der Hand erstmals keinen Sinn. Quelle: mult-kor. hu; de / hu. wikipedie. org – gekürzt
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Ein Bericht aus: DIE WELT
Die älteste Schrift wurde in Europa erfunden
Der Balkan ist die Wiege der europäischen Zivilisation. Ein Fund in Bulgarien stützt die These, dass Alteuropäer schon vor Ägyptern und Sumerern eine Schrift hatten. Auch das Hakenkreuz kannten sie. Von Matthias Heine Feuilletonredakteur
Die Tontafeln von Tartaria in Rumänien waren der erste Be- weis für die Existenz einer „ Do- nauschrift”. Die neue in Bulga- rien ge fundene Platte könnte die Theorie erhärten, dass die Schrift von Europäern erfunden wurde – lange vor den Ägyptern und Meso po tamiern. Foto: De Agostini / Getty Images
Lange Zeit gingen Altertums- forscher davon aus, dass die Schrift vor mehr als 5000 Jahren in Mesopotamien erfunden wur- de: Die Tontäfelchen mit dem altsumerischen Schriftsystem, das piktografische Zeichen verwendete und nicht mit der späteren Keilschrift zu verwechseln ist, stammen aus der Zeit um 3200 vor Christi Geburt. Herausgefordert wird diese Entstehungsthese durch neue Funde in Ägypten und Südosteuropa, aber auch durch begründete Spekulationen über die chinesische Schrift.
„ Entdeckung des Jahrhunderts”
Jetzt ist in Bulgarien ein weiteres Artefakt ausgegraben worden, dass nach Meinung seiner Entdecker die These stützt, mindestens schon vor 5000 Jahren habe in Europa ein Schreibsystem existiert: Es ist eine Tonplatte, die Teil eines Gefäßes war und auf der Sym- bole zu sehen sind – darunter eine Swastika. Nach Meinung der Ausgräber und ersten Betrachter handelt es sich um eine Bild- schrift. Das Tonfragment sei eine „ Entdeckung des Jahrhunderts” für die Geschichte der schriftlichen Kommunikation, sagte der
( Fortsetzung auf Seite 28)
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