• Zum Feierabend •
Endstation: „ Schwäbische Tanya”
für die deutsche Sprache aktiv waren und u. a. den „ Tag der deutschen Sprache” durchführten( bis 2011, mit Präsenz der Medien und gutem Widerhall). Der jetzt, nach zehn Jahren Regionallei- tung fällige Personalwechsel wurde während meiner Anwesenheit im April 2014 vollzogen. Neuer VDS-Regionalleiter und Reprä- sentant ist der Deutschlehrer Hola FAMBI; seine Ernennung ist durch eine Mitglieder-Wahl noch zu bestätigen. Bei einem Essen der Deutschen Botschaft aus Anlass meines Besuchs, zu dem alle deutschsprechenden Organisationen und Gruppen in Togo eingeladen waren( Deutschlehrerverband, Goethe-Institut, Deutschabteilung der Universität, Verband der Deutschland-Rückkehrer, Germanophilia usw.), stellte ich den VDS vor als gemeinsame Plattform der Zusammenarbeit aller dieser – oft isoliert arbeitenden – Gruppen, mit dem Ziel einer Konzentration der Kräfte zur Stärkung, Verlebendigung und Verteidigung der deutschen Sprache in Togo. Dies wurde mit großem Beifall aufgenommen, und der neue VDS-Regionalleiter wurde mit Wohlwollen begrüßt. Das Goethe-Institut Lomé, dessen Institutsleiter dem VDS beitrat, ist zur aktiven Kooperation bereit und steht mit seinen landesweiten Verbindungen und seinen Räumlichkeiten der VDS-Arbeit zur Verfügung.
Auch im togoischen Hinterland gab es etwas zu tun. In der Stadt Palime und in Zentraltogo, wo besonders viele deutsche Koo- perationsprojekte laufen, war eine große Gruppe Togoer daran interessiert, einen VDS-Unterverband zu bilden, den ich dann gleichsam offiziell aus der Taufe hob. Schon in diesem Jahr soll dort ein Tag der deutschen Sprache stattfinden.
Aus: GLOBUS 2 / 2014
• Zum Feierabend •
Eine schwere Zeit Ungarndeutsche in der „ neuen Heimat Deutschland” – die erste Zeit nach der Vertreibung
Endstation: „ Schwäbische Tanya”
von Johann Wachtelschneider
Zum Jahresende 1945 verdichteten sich die Gerüchte um die Vertreibung der Deutschen aus Ungarn – Gewissheit durch die Be schlüsse des Ministerrates am 22. Dezember 1945. Die Bevöl- kerung Schorokschars verfiel in tiefe Lethargie. Die Menschen begannen bereits manche Wertgegenstände zu verkaufen oder in Sicherheit zu bringen und Möbel und Gerät- schaften aller Art bei Bekannten in den umliegenden ungarischen Dörfern einzustellen. Bei einer solchen „ Sicherstellungsfuhre” nach Újhartyán – einem deutschen Dorf( Schorokscharer Toch- tersiedlung) mit hohem Magyarisierungsgrad – durfte ich meinen Vater mit unserem Pferdefuhrwerk begleiten. Unsere fast neue, modische Küche fand hier bei der Familie Fajta( Feith) einen bleibenden Platz.
Nach fast dreißig Jahren, 1975, machten wir bei den Bekann- ten in Újhartyán einen Besuch und stellten fest, dass unser Eigen- tum in all den Jahren gute Dienste geleistet hatte!! Man trug uns damals sogar an, die Küche wieder mitzunehmen, da sie ja unser Eigentum sei. Vater lehnte dieses Angebot freundlich ab und be- schrieb dem Haushaltsvorstand und seiner Familie wie eine mo- der ne Einbauküche mit sämtlichen E-Geräten bei uns in Deutsch- land Standard sei. Dies löste in U. allgemeines Kopf schütteln und staunende Mienen aus. Es war ein netter Sonntags ausflug von Schorokschar aus mit freundlicher Bewirtung und interessanten Einblicken in das damalige Leben der Ujhartyaner. Doch nun zurück in das zu Ende gehende Jahr 1945. Am Jahresende 1945 machte sich mein Onkel Pista( Schuster) auf den Weg in die Großgemeinde Wudersch / Budaörs zu einer be- freun deten Familie, um den neuen Gerüchten in Bezug auf die bevorstehende „ Deportation” nachzugehen.
Mit der niederschmetternden Nachricht von der Richtigkeit der Gerüchte kam er wieder heim und berichtete den erstaunten Zuhörern, dass die Ausweisungslisten in Budaörs bereits öffentlich aushingen, und dass der erste Transport nach Deutschland am 19. Januar 1946 abfahren soll. Es folgten dann noch weitere sechs Transporte mit insgesamt 6753 Personen!!( Aalen – 1058, Göppin- gen – 1054, Neckarzimmern – 1016, Gerlachsheim – 1033, Öhringen – Künzelsau – 882, Karlsruhe – 878, nochmal Göppingen – 832, Creg- lingen –? und nach Sachsen( 1947!) 80 Familien. Wir Schorokscharer hatten noch eine Gnadenfrist bis An- fang Mai. Dann begann auch bei uns die Tragödie.
Aus unserer Großgemeinde wurden ca. 5600 Personen – mit den „ Malenky-Robot-Heimkehrern”( aus Russland) – in fünf Trans porten in die damalige US – Zone ausgewiesen( Augsburg, Göppingen, Wasseralfingen – Nürtingen, Böblingen, Backnang). Nun zurück zum „ Ruckenlager” in Wasseralfingen, wo ich und meine erweiterte Familie am 15. Mai 1946 zunächst unterkamen.
In der zweiten Woche unseres Lageraufenthaltes in Wasseral- fin gen herrschte dort große Unruhe. Sollte doch in der kommenden Woche die Verteilung unserer Schorokscharer Menschen aus dem Barackenlager in die umliegenden Städte und Gemeinden beginnen. Vorher mussten aber noch wichtige Entscheidungen ge- troffen werden.
Für die Schorokscharer Lagerinsassen gab es für die bevorstehende Eingliederung zwei Optionen – bei aller Hoffnung auf die baldige Heimkehr nach Ungarn: Sollte man sich in ländlicher Umgebung mit den Arbeitsmöglichkeiten in der Landwirtschaft – mit dem großen Vorteil der Ernährungssicherung – niederlassen oder die Industriezonen im „ Mittleren Neckarraum” mit ihren vielfältigen Arbeitsmöglichkeiten wählen? Letztere Entscheidung sollte sich auf lange Sicht als die günstigere erweisen, was damals aber absolut nicht vorauszuahnen war.
So wurden dann die Entscheidungen aufs Geratewohl von den einzelnen Familien und Sippen getroffen. Das Ergebnis sah am Ende dann so aus, dass sich etwa die Hälfte unseres Transportes für den Verbleib im ländlichen Raum, also für den Landkreis Aalen entschied. Die anderen 500 Personen wurden wieder einwaggoniert und in den Raum Nürtingen – Kirchheim u. Teck ge- bracht.
Für die nächsten Tage stand jetzt die Verteilung der im Kreis Aalen verbliebenen Soroksárern auf die verschiedenen Städte und Gemeinden an. Keiner der Betroffenen kannte die Strukturen, noch die Topographie des Gebietes, auch konnte niemand von uns Einfluss auf die Aktionen nehmen. Dadurch verlief die „ Neuansiedlung” so ab wie bei einer Lotterie oder gar einer Tom- bola. Wer Glück hatte, zog ein gutes Los und wer weniger Glück hatte, dem stand eine Menge Ärger bevor. Um der Aufnahme der Vertriebenen und Flüchtlinge Herr zu werden, arbeiteten die verschiedenen Behörden mit dem Gesetz zur „ Wohnraumbewirtschaftung”. Dieses besagte, dass jeder einheimische Eigentümer einer Immobilie Wohnraum zur Verfügung stellen musste, wodurch natürlich sein eigenes Raumangebot oft erheblich eingeschränkt wurde. Dadurch gingen die „ Einweisun- gen” nicht immer „ reibungslos” über die Bühne – ein Albtraum für uns Schorokscharer, da wir doch fast alle eigene Häuser in S. bewohnt hatten. Besonders bitter wurde es in manchen Situa tio- nen, wenn wir als „ ungarische Zigeuner” beschimpft wurden und dorthin( Ungarn) wieder verschwinden sollten! Welch erstaunliche Metamorphose innerhalb weniger Tage: von den „ büdös svábok” im Ungarland zu den „ ungarischen Zigeunern” im Schwa- benland!!
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