Sonntagsblatt 5/2014 | Page 24

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Land und ich glaube nicht, dass ich etwas hier dagegen tun kann, ich bin nicht mal sicher, ob ich etwas dagegen tun will. Hier im Dorf von Isszimmer sind wir fast alle assimiliert und es gibt vielleicht einige Menschen, die etwas dagegen haben, aber keiner will dagegen etwas tun, mich eingeschlossen. Ich habe mich noch nicht entschlossen, ob ich Deutscher werde und wegziehe wie viele an- dere vor mir oder einfach Ungar bleibe, aber dass Ungarndeutsch- tum meine Vergangenheit ist, weiß ich schon.
Richard Guth
Über Genen und Vererbung Vor 130 Jahren starb

Gregor Mendel – „ der Vater der Genetik”

Gregor Johann Mendel( ur- sprüng licher Geburtsname Johann Mendel – als Mönch im Augus- tiner-Orden = OESA nahm er den Namen Gregor an) wurde am 20. Juli 1822 in Heinzendorf, heute Ortsteil von Vražné bei Odrau, ehemals Österreichisch- Schlesien geboren und starb am 6. Januar 1884 in Brünn. Er war ein katholischer Ordenspriester und bedeutender Naturforscher, der die nach ihm benannten mendelschen Regeln der Vererbung entdeckte. Er wird daher oft auch als „ Vater der Genetik” bezeichnet.
Johann Mendel war der Sohn der Kleinbauern Anton und Rosina Mendel und hatte eine ältere und eine jüngere Schwester. Schon als Kind half er im elterlichen Garten beim Veredeln der Obst- bäume, und im Garten der Dorfschule züchtete er Bienen. Als ausgezeichneter Schüler konnte er nach der Dorfschule das Gym- nasium in Troppau besuchen, wobei er allerdings ab seinem 16. Lebensjahr seinen Lebensunterhalt größtenteils als Privatlehrer selbst verdienen musste. Von 1840 bis 1843 studierte er am Philo- sophischen Institut der Universität Olmütz. Weil seine jüngere Schwester Theresia teilweise auf ihr Erbe verzichtet hatte, konnte er die ersten beiden Jahrgänge dieses Studiums 1843 – mit sehr guten Noten – abschließen. Dann sah er sich, wie er in seiner kurzen Autobiografie vermerkt, wegen „ bitterer Nahrungssorgen” gezwungen, seine Studien abzubrechen und Mönch zu werden. 1841 war sein Vater bei Waldarbeiten verunglückt; nachdem er sich von seinen Verletzungen nicht erholte, sollte Mendel eigentlich den Hof übernehmen. Nur durch die Unterstützung seiner Schwester Theresia und weil sein Schwager den Hof übernahm, konnte er dennoch eine akademische Laufbahn anstreben. Auf Empfehlung seines Physiklehrers, des Paters Friedrich Franz, wurde er 1843 als Mönch in die Augustiner-Abtei St. Thomas in Alt Brünn aufgenommen. Hier erhielt er den Ordensnamen Gre- go rius und begann seine biologischen Untersuchungen als Amateurforscher. Von 1845 bis 1848 studierte er Theologie und Landwirtschaft an der Brünner Theologischen Lehranstalt. 1847 wurde er zum Priester geweiht, und weil seine Vorgesetzten sahen, dass er mehr der Wissenschaft als der Seelsorge zuneigte, erhielt er eine Stelle als Hilfslehrer am örtlichen Gymnasium.
Mendel als Augustiner-Abt 1850 bemühte sich Mendel um die Zulassung für das Lehramt an Gymnasien in Naturgeschichte und Physik, bestand jedoch die Prüfung an der Universität Wien nicht, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass er in diesen Fächern Autodidakt war. Daraufhin ermöglichte ihm sein Abt Cyrill Napp von 1851 bis 1853 ein Stu- dium in Wien. Dort lernte Mendel unter anderem Experimentelle Physik bei Christian Doppler, dem Entdecker des Doppler- Effekts, und Anatomie und Physiologie der Pflanzen bei Franz Unger. Ab 1854 war er wieder als Hilfslehrer in Brünn tätig, jetzt an der Oberrealschule, wo er 14 Jahre bleiben sollte.
1868 wurde er Abt der Abtei Alt Brünn. Im Frühjahr 1883 erkrankte Mendel an einem Nierenleiden, das zu einer allgemeinen Wassersucht führte. Er verstarb am 6. Januar 1884 in Brünn.
1856 begann Mendel im Garten des Klosters seine systematischen Kreuzungsexperimente mit den zuvor sorgfältig ausgewählten Sorten der Erbse. Er betrachtete Merkmale der Erbsen pflan- zen und-samen, die klar zu unterscheiden waren, beispielsweise violett- oder weißblühende Sorten, solche mit gelben oder grünen Samen usw. Er kreuzte sie, indem er die Pollen der einen Sorte auf die Narben der anderen Sorte brachte und unerwünschte Selbst- und Fremdbestäubungen durch Entfernung der Staub- blätter und Verhüllung der Blüten ausschloss. Mit dieser schon länger bekannten Technik unternahm er erstmals große Versuchs- reihen. Aus 355 künstlichen Befruchtungen zog er 12 980 Hybri- den und konnte so gesicherte Erkenntnisse über die regelhafte Aufspaltung der Merkmale gewinnen.
Zwischen 1856 und 1863 kultivierte er schätzungsweise 28 000 Erbsenpflanzen. 1862 gründete er mit anderen befreundeten Na- tur forschern aus der Umgebung den Naturforscher-Verein Brünn. Aus seinen Experimenten gingen zwei allgemeine „ Gesetze” hervor, die bis heute als mendelsche Regeln bekannt geblieben sind. 1866 publizierte er seine Versuche über Pflanzenhybriden, die aber in der Fachwelt kaum beachtet wurden, und 1870 folgte der Aufsatz „ Über einige aus künstlicher Befruchtung gewonnene Hieracium-Bastarde.” Dass Mendel aber viel ausführlicher und umfassender gearbeitet hat, als diese beiden Arbeiten vermuten lassen – unter anderem hatte er neben Erbsen Versuche mit mehreren anderen Pflanzengattungen durchgeführt –, ist aus dem Briefwechsel mit Carl Wilhelm von Nägeli ersichtlich.
Der erstmals von Mendel geführte Nachweis, dass sich die genetische Gesamtinformation eines Lebewesens aus einzelnen Genen zusammensetzt, war auch ein wichtiger Beitrag zur Stützung der 1859 von Charles Darwin publizierten Selektionstheorie, die sich mit dem Einwand konfrontiert sah, dass neu entstandene Merk- male durch „ mischende Vererbung” im Laufe der Generationen ausgedünnt und verschwinden würden und die von Darwin ins Spiel gebrachte Selektion somit keinen Angriffspunkt finde. Allerdings konnte Mendels Arbeit ihre Wirkung erst ab 1900 zusammen mit denen ihrer Wiederentdecker de Vries, Correns und Tschermak entfalten.
Im deutschen Sprachraum bürgerte sich das Verb „ mendeln“ ein mit der Bedeutung, dass bestimmte Erbmerkmale in der nächsten Generation in spezifischen Gesetzmäßigkeiten wieder auftreten.
( Nebenbei bemerkt: Während der sozialistischen Jahrzehnten wurde auch in Ungarns Schulen die Lehre von Iwan Wladi- mirowitsch Mitschurin unterrichtet bzw. in der Landwirtschaft angewandt. Der Sowjetgelehrte Mitschurin leugnete – irrtümlicherweise – die Mendelschen Regeln. Die Botanik wurde somit zur Parteisache und Ideologie.)— ri—

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