Sonntagsblatt 4/2024 | Page 14

IM TRUBEL DER GESCHICHTE –

Erinnerungen eines Heimatvertriebenen aus Wudersch
Bearbeitet von Martin Szanyi Diese Zeilen geben Einblick in das Leben eines Mannes , der die Wechselfälle des 20 . Jahrhunderts miterlebt hat . Es ist interessant zu beobachten , wie sich Kindheitserinnerungen mit rückblickenden Momenten des Erwachsenwerdens vermischen . Geschichte nicht aus der Vogelperspektive , sondern Momente der Selbstfindung oder eben auf dem Fußballplatz ! Diese Ausschnitte aus seinem Leben sind wie ein Fenster in eine Vergangenheit .
Es geht um Auszüge aus den Erinnerungen des aus Wudersch / Budaörs stammenden Industriekaufmanns Norbert Riedl , der in Neuhausen auf den Fildern heimisch wurde . Der Name Riedl dürfte vielen von uns wohlklingen , hatte sich der Heimatforscher Dr . Franz Riedl , der Vater von Norbert , doch um die Heimatforschung und die Pflege der Kontakte – also um die Heimatverbliebenen insgesamt – ebenso verdient gemacht .
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Teil 4 1976 Mit zehn Monaten , also im Februar 1976 , kann unser Robert schon viele Worte deutlich aussprechen . Mit seinem Alexander gelingen ihm amüsante Spielchen . Ander Fasnet geht Alexander als Cowboy , als „ Teufele “ und sogar als Hexe . Er unternimmt auch spritzige Fahrrad-Ausflüge mit Kunststücken gekonnt im Hof in der Lindenstraße vor den Garagentoren .
Am Samstag , den 1 . Mai 1976 , hat unser Robert-Büble Geburtstag . Er ist ein Jahr jung . Die Familien Fingerlin und Riedl streicheln und küssen unser Söhnlein . Als Höhepunkt schmettern wir einen fröhlichen Gesang beim Waldspaziergang zum „ Lindenhof “. Dort darf Robertle Kinderkarussell fahren und Schoppele-Trinken auf Holzstämmen mit seiner lieben , schönen Mama .
„ Dr Schwob ‘ wird erst mit 40 gscheit !“ Am Samstag , dem 29 . Mai 1976 , feierte ein lustiges Völklein - nämlich die Schulkameradinnen und die Schulkameraden von Sieghilde - ihren 40 . Geburtstag im Gasthaus zum „ Ochsen “ in Neuhausen . Die „ Haus- Musikkapelle “ spielte zünftig-schmissig zum Tanze auf . Erzählen , lachen , singen und tanzen - das können die Neuhausener besonders gut . Es herrschte lustige Stimmung pur . Noch lange zehrte die Schulgemeinschaft und Kameradschaft von den unvergesslichen Stunden im Ochsensaal .
Am Freitag , dem 18 . Juni 1976 , läuft Robert erstmals alleine . Barbara , Bettina und Roland vom Bodensee sind da . Alle freuen sich über Roberts „ Alleingang “.
Bei der KURBAU AG ging es zügig weiter . Da ich eine gründliche Teneriffa-Erfahrung bei der Firma CONTIG- RUND gesammelt hatte , übertrug man mir die Vermarktung der KURBAU-Objekte auf Teneriffa . Besonders begehrt waren die Appartements „ MOLINO BLANCO “ und „ ACAPULCO “ in Puerto de la Cruz und Bungalows in der Urbanisation „ JARDIN DEL SOL “ in TACO- RONTE . Für die Akquisition dieser Objekte schaltete ich eine spezielle Anzeige in der Zeitschrift „ Der Beamte im Ruhestand “. Viele Besichtigungs- und Verkaufsflüge nach Teneriffa brachten satte Provisionseinnahmen . Bei den Besichtigungen fungierte ich als Reiseleiter , Busleiter und Verkaufsleiter .
Meine Interessentengruppe führte ich auch an den Teide . Dort oben im „ PARADOR “ ( ein staatlich geführtes Hotel und Restaurant ) traf ich am Samstag , den 26 . Juni 1976 , auch Hannes Löhr , Fußballspieler des FC Köln und deutscher Nationalspieler . Bei der Fußballweltmeisterschaft in MEXICO vom Sonntag , den 31 . Mai , bis zum Sonntag , den 21 . Juni 1976 , war Hannes aktiv dabei . Deutschland erreichte den 3 . Platz .
Unsere Urlaubsziele haben wir immer abwechslungsreich ausgewählt . Am Mittwoch , den 27 . Juli 1976 , flogen wir nach MENORCA . Während des Fluges unterzog Robert das Rollo am runden Flugzeugfenster durch Auf- und Abschieben einem Dauertest .
Nach Ankunft in unserem Hotel „ SURMENORCA “ konnte Robert nicht schnell genug ins Wasser kommen . Er wollte sofort „ bada “. Er war erst 15 Monate jung . Alexander hat sich im Swimmingpool selbst den Kopfsprung beigebracht und schlotzte gern Superespia-Eis und Robert Dracula-Eis .
In diesem Jahr kam auch Frau Mildred Schreiner von Nashville Tennessee zu uns nach Neuhausen . Frau Schreiner hat uns im Jahre 1946 CARE-Pakete geschickt und uns bei der Lebensmittelversorgung sehr geholfen . Wir haben sie herzlich aufgenommen und ihr dieSehenswürdigkeiten in unserer Umgebung gezeigt . Sieghilde schreibt über Alexander in ihrem Album : „ Dein Papa hat dich immer wieder geküsst und umschlungen . Anscheinend war es dir ein wenig zu viel .“ Vorsichtig hast du dann gesagt : “ a bisselenedda “. In diesem Jahr feierten wir auch den 75 . Geburtstag von Fingerlin Großvater , unserem Opa .
Lieber Robert , du bist an Weihnachten schon fast 20 Monate jung . Wir alle haben eine große Freude an dir . Die Meintsertante aus Holland hat öfters zur Sieghilde gesagt : „ Pass ‘ auf das Bubele auf , sonst stehlen sie es dir !“ Für alles , was gegenwärtig in deiner Umgebung passiert , findest du deine Worte . Wir müssen staunen , wie schön du schon sprechen kannst . „ Wo ist mein Auto “? „ Ich bin schon da “. „ Apfelsaft mit Sprudel “. „ Robert macht Krach “.
An Weihnachten packten die Buben jubelnd ihre Geschenke aus : Flugzeug , Schaufelbagger , Spiele usw . Mit Interesse verfolgten die Bäsia Barbara und Bettina und Vetterle Roland vom Bodensee die Bescherung . 1976 war ein glückliches und frohes Jahr Voller Ereignisse und Freude .
14 SoNNTAGSBLATT
1977 Das Jahr fangt ja gut an ; schon am 3 . Januar . Herr Jakob Schneider , Verwaltungsdirektor , bedankt sich für meinen Rat , in Schönwald im schönen Schwarzwald