rausgeschrieben , in der ich mich damals befand . Schon weil ich es gewagt hatte , in einer Frage , die dem Judentum unangenehm war , nicht seiner Meinung zu sein , stieß man mich ab . Und von der anderen Seite riß man fortwährend an mir . Aber ich stand doch fest und spreizte die beiden Beine aus , um die Balance nicht zu verlieren …]“ ( Erinnerungen eines Theaterdirektors , S . 31 ).
Der Schriftsteller gesteht auch Folgendes : „[… Auch schrieb ich schon zehn Jahre lang für ein großes Breslauer Blatt , das antisemitisch ist , Wiener Briefe , ohne mich um die politische Stellung desselben zu bekümmern . Ich fühlte mich frei von allen Parteifesseln und wollte es auch künftig bleiben …]“ ( Erinnerungen eines Theaterdirektors , S . 32 ).
Die später erfolgten Angriffe vorausahnend bzw . erläuternd , dazu schreibt der Schriftsteller : „[… Ich war immer ein unpolitischer Mensch , war immer ein Liberaler , ein Demokrat oder sonst etwas . Ein deutscher , ein begeisterter Anhänger meines Volkes war ich , denn ich kam von deutschen Kolonisten und lernte früh den Kampf um mein Volkstum zu führen gegen den magyarischen Nationalstaat . Aber wählen bin ich nie gegangen , nie habe ich einen Stimmzettel beschrieben , nie eine politische Versammlung besucht . Ja , ich habe die politischen Artikel selbst jener Blätter selbst gelesen , für die ich seit zwanzig Jahren Feuilletons schrieb . Ich war zur Not unterrichtet über die politischen Strömungen , aber persönlich war ich nie mit einer in nähere Berührung gekommen …]“ ( Erinnerungen eines Theaterdirektors , S . 32 ).
In der antisemitischen Satzung des Kaiserjubiläums-Stadttheater-Vereins − von engagierten Bürgern der Stadt Wien gegründet – wurde festgehalten , dass nur christliche Schauspieler zulässig seien und Direktor Adam Müller-Guttenbrunn hatte von Anbeginn mit Schwierigkeiten zu kämpfen : Der 1897 zum Wiener Bürgermeister ernannte Karl Lueger − das Theater gehörte also der Stadt Wien –, als bekannter Antisemit , erteilte er Guttennbrunn die Weisung , keine Juden anzustellen und dass nur Werke „ christlicher Schriftsteller “ zugelassen werden .
36
Zu dieser Haltung äußerte sich ADAM MÜLLER- GUTTENBRUNN wie folgt : „[… aber zu einem antisemitischen dürfe man es nicht stempeln . Es sei nach meinem Gefühl undenkbar , in Wien ein Kunstinstitut zu schaffen , das den Juden in seiner Eigenschaft als Mitbegründer , als Autor , als Schauspieler und als Publikum ausschließe …]“ Erinnerungen , 15 / 16 . Und weiter die Meinung des Dichters dazu : „[… Ein Theater gegen das Judentum – pfui Teufel …]“ ( Erinnerungen , 33 ). Und weiter äußerst sich der Schriftstelle wie folgt : „[… Die Herren wissen ganz gut , daß ein antisemitisches Hetztheater undenkbar ist , aber sie sehen selbst in einem von antiliberaler Seite geförderten Theater eine Gefahr und da darf man wohl sagen , sie sehen Gespenster …]“ ( Erinnerungen , 25 .) und äußert die Feststellung : „[… Und es gab sogar ausgesprochen > Jüdische < Blätter , die meinen Standpunkt billigten . Ein bekanntes Montagblatt nahm mich in Schutz gegen die erfahrenen Angriffe , es mißbilligte wie ich die Unklugheit der Liberalen , mit einem Kohn an der Spitze zu einer gemeinsamen Aktion mit den Antisemiten zusammenzutreten und es leugnete die Möglichkeit wie ich , daß aus einer solchen Verbindung heute in Wien etwas Nützliches hervorgehen könnte …]“ ( Erinnerungen , 26 ).
Der Schriftsteller bekennt bezüglich antisemitischer Vorwürfe , indem er auf seine Temeswarer Schulzeit eingeht , als nach dem Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn 1867 , ein Jahr später auch in Temeswar die madjarische Sprache als Unterrichtssprache eingeführt wurde und er statt des Schulbesuches den Fischfang im Begakanal vorzug und so aufgrund des schlechten Zeugnisses die Schule verlassen musste . Der ratlosen Mutter Eva Müller empfahl hingegen der kluge Guttenbrunner Dorfjude Jellinek , den Buben weiter studieren zu lassen , denn aus dem wird mal was ganz Großes . Müller-Guttenbrunn war Herrn Jellinek bis an sein Lebensende stets dankbar . Wie sollte er da eine antisemitische Einstellung haben ???
Der Referent beklagte es , dass die meisten Kritiker Adam Müller-Guttenbrunns sich wohl nie in seine Werke vertieft hätten , um sich ernstlich mit seinem Gesamtwerk , seinen Anschauungen , Einstellungen usw . auseinanderzusetzen . Diese Kritiker beschränken sich auf einzelne Schriften und vieles ist aus dem Kontext gerissen - einseitig und tendenziös dargestellt . Ob Unwissenheit , Absicht und Oberflächlichkeit mitspielen , bleibt dahingestellt , doch der Meinungsbildung der Öffentlichen sei das keineswegs zuträglich . Dass dem Schriftsteller „ Deutschtümelei “ vorgeworfen wird , muss dahingehend relativiert werden , dass er für sein Volk der „ Schaben im Osten “ eintritt , sich gegen Nationalitätenpolitik und Assimilierungstendenzen einsetzt - ist normal . Niemand käme auf die Idee Giuseppe Garibaldi , Sitting Bull , Mahatama Gandhi , Nelson Mandela u . a . Vorwürfe zu machen , dass sie für die Rechte ihrer Völker eingetreten sind , doch im Falle Adam Müller-Guttenbrunns geht es ja um die deutsche Minderheit und dem Terminus DEUTSCH haftet eben eine drückende historisch bedingte Last der Vergangenheit an .
Leider werden die mannigfaltigen Leistungen des Schriftstellers für Österreich s t e t s außer Acht gelassen , was erneut auf eine tendenziös beabsichtigte Darstellung seines Wirkens hinweist .
Der geschätzte Leser mag sich selber eine Vorstellung bzw . ein Bild d a v o n machen , wie ADAM MÜLLER-GUTTENBRUNN nach seinen Erinnerungen und Geständnissen zu beurteilen wäre .
SoNNTAGSBLATT