Sonntagsblatt 4/2019 | Page 8

vor Augen schwebt! Denn in Mindelheim traf ich die Enkelin des bereits verstorbenen evangelischen Pfarrers von Großau, Ernst Weingärtner, dies im Rahmen einer Rotary-Jugendbegegnung. Ich erhielt über diese junge Dame die interessante Heimatchro- nik über die Landlergemeinde unweit von Hermannstadt – und in der Tat erhebt sich stolz die Kirchenburg des Ortes, weit sichtbar, die früher jeden Sonntag Menschen in sächsischer und landleri- scher Tracht ansteuerten und wo sich Konfirmanden auf den Ein- tritt in die „Jugend” vorbereiteten - als stilles Zeugnis von Zeiten, in denen noch alles authentisch gewesen sei, wie der ehemalige Pfarrer von Michelsberg, Dietrich Binder, in einem Fernsehbei- trag des Bayerischen Rundfunks kurz nach der Wende erzählte. Dennoch gibt es diese Menschen noch, auch wenn in kleiner Zahl. Ihr Erbe hingegen, wie auch diese Studienfahrt eindrück- lich demonstrierte, lebt ohne Zweifel weiter. Bereits vor dem Reiseantritt hat mich ein bisschen verunsichert, dass sich der ursprünglich festgelegte Preis ständig veränderte - und zwar nach oben... Aber, es hielt sich - Gott sei Dank - im „Rahmen“. Wegen den großen Distanzen zwischen unseren Zielpunkten waren die Fahrten immer etwas länger. Aber, es war nicht so schlimm, weil das Wetter meistens sehr schön war und die Land- schaften mit ihren unzähligen Tierarten wirklich bilderhaft er- schienen. Was ich von vornherein gar nicht verstand, waren zwei Dinge: Erstens, solche Fahrten werden nicht so oft angeboten und dazu war das Programm bereits in der Planungsphase einfach super. Wie konnte es sein, dass es dennoch so wenige Interessenten dafür gab? Zweitens, ein Teil der Mitfahrenden war sowas von feindlich gegenüber Rumänien und vor allem gegenüber den Ru- mänen eingestellt, dass ich einfach nicht verstand: Was war ihr Beweggrund sich zu dieser Reise anzumelden. An dieser Stelle muss ich dem Organisator und Reiseleiter Ri- chard Guth einen großen Dank aussprechen, denn er war die ganze Zeit darum bemüht, den diversen Wünschen der kleinen Reisegruppe restlos entgegenzukommen. Und das war - ich muss es ehrlich gestehen - manchmal eine wahre Herausforde- rung! Die Wehrkirche zu Großau Die Reise wurde durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundes- tages gefördert. Überwältigt Eindrücke von der Fahrt nach Siebenbürgen Von Stefan Bürgermayer Es war klar, dass wir in kurzer Zeit sehr viel sehen möchten. Dementsprechend gab es bei jeder Sehenswürdigkeit relativ be- grenzte Aufenthalte... Gleich am Anfang unserer Reise mussten wir an der Burg von Deva/Demrich schlicht und einfach vorbei- fahren, um die Burg in Hunedoara/Eisenmarkt noch ansehen zu können und damit wir in Sibiu/Hermannstadt noch rechtzeitig ankommen. Die Kulturhauptstadt Europas 2007 ist immer noch sehr schön und in einem guten Zustand. Sie wird weiter aus- gebaut und floriert fast wie eine Stadt in Deutschland. Auch die neue Stadtführung - bestehend aus zwei Frauen - managt die Stadt beispielhaft. Die Entwicklung ist nicht ins Stocken geraten, nachdem der frühere starke Bürgermeister zum Staatspräsiden- ten Rumäniens gewählt wurde. Nur in Klammern gesagt: Klaus Iohannis (Johannis) stand im November erneut zur Wahl und wurde mit großer Mehrheit im Amt bestätigt. Wohlgemerkt: Er ist als öffentlich bekannter Angehöriger der deutschen Minderheit aktuell der erste Mann Rumäniens! Sighișoara/Schässburg und Brașov/Kronstadt sollten - angeblich - sehr schön sein, mich haben sie aber leider nicht überzeugen können - nicht, weil sie substanzmäßig nicht schön wären, son- dern weil sie nicht einen so schön ausgeputzten und gepflegten Eindruck hinterlassen, wie Sibiu/Hermannstadt das tut. Im Endef- fekt haben wir so viele Städte, Dörfer und Kirchenburgen besich- tigt, dass sich die Erinnerungen in meinem Kopf total vermischen - obwohl ich überall zahlreiche Fotos geschossen habe. Von den unzähligen Kirchenburgen, die wir gesehen haben, muss ich al- lerdings eine hervorheben, die mir ganz besonders gefiel: die Kirchenburg von Mâlăncrav/Malmkrog. Sie faszinierte mich mit den Fresken, die mittelalterlich aussahen und sonst nirgendwo anders zu sehen waren. Ein spezielles Flair verlieh der Kirche ihre Beschmückung mit Früchten aus den Wäldern und von den Feldern zusätzlich, da man gerade Erntedankfest feierte. Auf dem Weg zurück nach Hause machten wir noch einen Ab- stecher in die Kulturhauptstadt Europas 2021, nach Timișoara/ Temeswar. Es war gut zu sehen, wie sich die Stadt bereits jetzt auf das Highlight vorbereitet. Dabei entwickelt sich die Haupt- stadt des Banats auch in einem auffallenden Tempo! Als ich von der organisierten Fahrt nach Siebenbürgen hörte, dachte ich mir, endlich kann ich mal auch die Gebiete besuchen, die östlich von Sibiu/Hermannstadt liegen. Öfters fahre ich nach Arad oder eben Timișoara/Temeswar, auch in Satu Mare/Sath- mar, Sibiu/Hermannstadt, Cluj-Napoca/Klausenburg und Târgu Mureș/Neumarkt war ich einige Male, aber in Sighișoara/Schäss- burg, Brașov/Kronstadt und in der Umgebung war ich noch nie. So kam ziemlich schnell die Entscheidung: Da muss ich auf je- den Fall hin! 8 Ich hoffe, die Jakob Bleyer Gemeinschaft wird in der Zukunft wei- tere solche thematische Reisen zu den deutschen Minderheiten auf dem Gebiet des ehemaligen Kaiserreichs Österreich-Ungarn organisieren! Die Reise wurde durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundes- tages gefördert. SoNNTAGSBLATT