Laden dichtmachen‘. Ich möchte zwei wichtige Errungenschaf-
ten aus der Zeitspanne 2014-2018 hervorheben. Die eine ist die
Schaffung von Konsens zwischen den Nationalitäten Ungarns.
Derzeit konnten wir nämlich nur als Ausschuss (Parlamentsaus-
schuss der Nationalitäten Ungarns) auftreten, darum war es im
Sinne des Erfolgs unheimlich wichtig, frühere Konflikte beiseite
zu legen und den bestmöglichen Kontakt zwischen den 13 Na-
tionalitäten – vor allem aber zwischen den Parlamentssprechern
und den Vorsitzenden der Landesselbstverwaltungen – herzu-
stellen. Dies haben auch alle begriffen, und obwohl es natürlich
auch weiterhin Diskussionen gegeben hat, konnten und können
wir immer einen Kompromiss finden. Das zweite wichtige Ergeb-
nis ist meines Erachtens, dass es uns durch regelmäßige Ab-
stimmungen mit den Oppositions- und anschließend auch mit
den Regierungsparteien gelungen ist, zu erreichen, dass die
Angelegenheiten der Nationalitäten kein Thema des politischen
Geplänkels sind. Als Resultat dessen gibt es bezüglich der Ange-
legenheiten der Nationalitäten immer einstimmige Parlaments-
entscheidungen. Dies ist – finde ich – besonders wichtig, denn
in einer Demokratie kommt es natürlicherweise immer wieder
zu politischen Änderungen, und daher kann es gut vorkommen,
dass der eine oder andere Politiker, der das Gefühl hat, dass
in der vergangenen Wahlperiode bestimmte Angelegenheiten im
Sinne einer anderen politischen Einstellung geregelt wurden, für
uns wichtige Entscheidungen annulliert. Unsere Aufgabe ist, vor
allem die Rahmen, Gesetze und Möglichkeiten zu behandeln,
die die Interessen der Nationalitäten landesweit betreffen. Die
Vorschläge, die wir unterbreiten, beruhen in der Regel auf einer
engen Zusammenarbeit mit Experten der jeweiligen Bereiche,
den endgültigen Beschluss fasst aber immer die Politik. Meine
Aufgabe hierbei ist, eine Art Vermittler zu sein, der selbstver-
ständlich in gewissem Maße in den Themen bewandert sein
muss. Über die Lösung von wirtschaftlichen Fragen hinaus nahm
ich jahrelang von der Herausgabe von Büchern über den Bau
von Kapellen bis hin zur Herausgabe von Noten für Blaskapellen
an ganz vielen Projekten teil, und all daraus erwarb ich sehr vie-
le Erfahrung. Das ist ein interessantes Spiel, das strategisches
Denken erfordert.“
Als Parlamentsabgeordneter
„Zwischen den Möglichkeiten eines Sprechers und eines Abge-
ordneten gibt es gewaltige Unterschiede. Ich selber hätte es nie
gedacht, dass diese so groß sind! Als Abgeordneter, als Vorsit-
zender des Nationalitätenausschusses, als Mitglied des Haus-
halts- und des Hauptausschusses werde ich ernst genommen,
ein jeder spricht mit mir auf Augenhöhe. Meine Rolle ist übrigens
eine ganz spezielle – der Fall ‚Erster unter den Gleichen‘: Ich bin
nämlich von Parteien unabhängig, vertrete eine Nationalität, und
gelte deshalb in manchen Fällen als begünstigt. Ich glaube, das
ist für uns eine riesige Chance. Natürlich sind mit dem Stimm-
recht auch gewisse Schwierigkeiten verbunden, die wir allmäh-
lich gemeinsam klären müssen. Jedenfalls konnte die deutsche
Gemeinschaft darum ein Abgeordnetenmandat erzielen, weil wir
trotz unserer unterschiedlichen politischen Ansichten und Mei-
nungen dazu fähig waren, uns auf die Angelegenheiten und Inte-
ressen unserer Nationalität zu konzentrieren.“
Über die Gewichtigkeit des Stimmrechts
„Bereits vor etwa anderthalb Jahren befasste ich mich sehr inten-
siv mit der strategischen Frage, wie ich von meinem Stimmrecht
Gebrauch machen werde. Mit ganz vielen Leuten diskutierte ich
auch darüber. Im Sommer des vergangenen Jahres formulierten
wir schließlich das diesbezügliche Grundprinzip: Wenn wir die
Nationalitätenpolitik der jeweiligen Regierung für korrekt halten,
werde ich in allen weiteren Angelegenheiten im Sinne der Re-
gierung stimmen. Wenn jedoch die Nationalitätenpolitik der Re-
gierung nicht unseren finanziellen und sonstigen Erwartungen
entspricht, zwingt uns die Regierung selber, in die Opposition zu
treten. Dies haben wir übrigens auch vor der LdU-Vollversamm-
lung artikuliert. Damit die Landesselbstverwaltung der Ungarn-
deutschen und ihre Organisationen nicht gezwungen werden,
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wegen die Gesellschaft teilenden Angelegenheiten Entschei-
dungen zu treffen, die unsere ungarndeutsche Gemeinschaft
spalten, muss ich bei den Abstimmungen von dem täglichen poli-
tischen Geplänkel frei vorgehen. Wenn es bezüglich der ominö-
sen Stop Soros-Sache und der Verfassungsänderung – die die
Nationalitäten übrigens gar nicht betreffen – begründete Gegen-
argumente gegeben hätte, mich anders zu verhalten, hätte ich
eine Ausnahme gemacht. Niemand hatte sich aber gemeldet.“
Über die Fidesz-Mitgliedschaft
„Noch vor den Parlamentswahlen habe ich meine Parteimitglied-
schaft suspendiert, und unlängst trat ich aus Fidesz aus, obwohl
die Mitgliedschaft für mich auch bislang nicht von Bedeutung
war. Ich bin natürlich immer noch konservativ gesinnt, gläubig,
und daran wird sich auch nichts ändern, nichtdestotrotz konn-
te und kann ich mit Menschen mit anderen politischen Einstel-
lungen zusammenarbeiten. Ich wollte übrigens nie irgendeiner
Partei beitreten. Ich trat damals nur darum Fidesz bei, weil die
Partei ausschließlich Mitglieder als Bürgermeisterkandidaten an-
treten ließ. Dies bedeutete aber auch schon damals nicht, dass
ich immer mit allem einverstanden war. Mir waren immer die In-
teressen meiner Nationalität am wichtigsten. Es kam auch schon
früher mehrere Male vor, dass ich jene Ansichten von Fidesz,
die die Interessen der Nationalitäten verletzten, auch öffentlich
kritisierte. Man wollte mich sogar von der Partei ausschließen.
Ich bin zwar der Meinung, dass es zwischen der Suspension
der Parteimitgliedschaft und dem Austreten keinen wesentlichen
Unterschied gibt, bin ich nun auch formell ausgetreten, um auch
dadurch zu demonstrieren: Für mich ist meine ungarndeutsche
Identität das einzig wichtige Maß.“
Kleines Sandkörnchen in der Wüste-
Angela Korb über ihren LdU-Rücktritt
Auf der Sitzung der Landesselbstverwaltung der Ungarndeut-
schen am 15. September wurde der Rücktritt von Angela Korb
als Vollversammlungsmitglied angenommen. Wir veröffentlichen
die Erklärung der bisherigen Abgeordneten aus der Branau mit
freundlicher Genehmigung der Neuen Zeitung.
Mit großer Spannung und Anspannung wartete ich am 20. Juni in
Stuttgart auf die Berichte der Online-Nachrichtenportale über die
Abstimmung im Parlament bezüglich des Stop Soros-Gesetzes
und der anstehenden Grundgesetzmodifizierung. Als ich 2014
Vollversammlungsmitglied der LdU wurde, habe ich in meinem
Statement geschrieben, dass ich nach meinem besten Wissen
und Gewissen, die Anliegen der Ungarndeutschen im Auge be-
haltend, mich für die Gemeinschaft einsetzen werde. In Anbe-
tracht der Abstimmung unseres ungarndeutschen Abgeordne-
ten im ungarischen Parlament am 20. 06. 2018 lässt sich sein
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