Sonntagsblatt 4/2013 | Page 20

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Wallfahrt nach Altötting

Am 13-14 . Juli 2013 fand die 54 . Gelöbniswallfahrt der Donauschwaben am traditionsreichen bayrischen Gnadenort statt . Von Peter Stelczer , Schaumarl Solymár
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Das Verhältnis zwischen den nationalen Minderheiten und der Mehrheit der Gesellschaft war seit Anfang des 19 . Jahrhunderts im mitteleuropäischen Raum , insbesesondere im historischen Ungarn , ein neuralgischer Punkt . Feststellbar sind Bestrebungen , die einerseits auf die Schaffung homogener Nationalstaaten und andrerseits auf die Erhaltung der Minderheiten gerichtet waren , was zu schweren Konflikten und schließlich zur gewaltsamen Zerschlagung der Minderheiten führte und leider bis in unsere Tage noch führt . Die nach dem 2 . Weltkrieg von der Mehrheitsgesellschaft an den Donauschwaben begangenen Atrozitäten , Grausamkeiten und Liquidationsversuche lassen sich nicht leugnen . Die Verursacher haben lange Zeit die mit Entrechtung beginnenden und in Volksausrottung mündenden ethnischen Säuberungen nicht als Straftaten anerkannt und sogar als Machtausübende und mehrheitliche Kraft über Jahre hinweg verboten , dieses Thema auch nur anzuschneiden . Öffentlich verkündet wurden dagegen Lügen , die ihre Unschuld beweisen sollten : die „ KOLLEKTIVSCHULD ” der Minderheit . Endlich konnten und durften die von diesen Ereignissen schwer betroffenen Menschen vor der breiten Öffentlichkeit diese Verbrechen als Verbrechen , diese Gräueltaten als Gräueltaten bezeichnen .
Wie wir aus im Frühjahr dieses Jahres in unserem Rathaus gehaltenen Referaten über den „ Holocaust an den Ungarn und Schwaben ” in der Wojwodina ( ehern . Jugoslawien ) fahren konnten , wurden die brutalsten ethnischen Säuberungsmaßnahmen in Titos Vernichtungslagern in den Jahren 1944 bis 1948 begangen ; über 100 000 fanden dort in den „ Friedensjahren ” einen grausamen Tod .
Die unschuldigen Lagerinsassen legten damals gemeinsam mit Jesuitenpater Wendelin Gruber ein Gelöbnis ab , das die Überlebenden und deren Nachkommen einhalten und seither alljährlich der Geschehnisse und der Opfer bei einer „ Gelöbniswallfahrt ” gedenken . Diese Wallfahrt ist auch eine christliche Antwort unseres Volksstammes , ein NEIN auf jegliche ethnische Säuberung , Vertreibung und die zahlreichen verbreiteten Lügen . Auch wir können und müssen dies zum Ausdruck bringen !
Unter diesem Aspekt fand zum 54 . Mal die Gelöbniswallfahrt nach Altötting , dem größten Wallfahrtsort Bayerns , vergleichbar in etwa mit Csflcsomlyö der Ungarn , statt . Obgleich die Zahl der überlebenden Opfer im Laufe der Zeit immer kleiner wird , nahmen überraschend viele Pilger daran teil . Es war ergreifend mit anzusehen , wie anlässlich eines Hauptereignisses , der Lichterprozession am Samstag , die älteren Menschen in ihren Volkstrachten voller Inbrunst , begleitet von der Blaskapelle aus der Umgebung von Temeswar , mitgesungen haben . Die Prozession endete unter stillem Glockengeläute am Kirchenportal der Gnadenkapelle zur „ Schwarzen Madonna ” und als nach einigen abschließenden , den Opfern gedenkenden Worten , der aus dem Banat stammende Pfarrer Peter Zillich sein Akkordeon mit dem Lied : „ Wenn die Abendglocken klingen ” ertönen ließ , waren viele zu Tränen gerührt . Es war ein unvergessliches gemeinsames Erlebnis der Begegnung .
Unter den Pilgern , in der Regel tausende , waren Schwaben aus Temeswar , Arad und Sathmar / Rumänien und viele in Österreich und Deutschland lebende Vertriebene und Aussiedler . Eine besondere Atmosphäre schaffte die große Gruppe der Wolgadeutschen , die als Opfer der stalinistischen Willkür nach Kasachstan umgesiedelt wurden , und die in ihren farbenfrohen Matijoschka- Trachten und ihren deutschen Gesängen Aufsehen erregten .
Die Veranstaltung wurde gekrönt durch die Anwesenheit des Apostolischen Nuntius in Deutschland , Jean Claude Périsset . In seiner Predigt als Hauptzelebrant beim Hochamt am Sonntag hob er hervor , dass die „ Schwaben ”, die sich einst , aus den verschiedensten deutschen Landen kommend , entlang der Donau bis zur Mündung ansiedelten , im Gedenken an ihre Opfer der Umwelt auf würdige christliche Weise ein Beispiel gaben und trotz der erlittenen Grausamkeiten den einstigen Tätern ihre Hand zur Versöhnung reichten .
Bei der Veranstaltung war Schaumar / Solymär mit einer Gruppe von 57 Personen vertreten ; neben Teilnehmern aus St . Iwan bei Ofen / Pilisszentivän , Schorokschaar / Soroksär , Wudigess / Budakeszi und Budapest , ist vor allem der Schaumarer Frauenchor mit seinen wunderbarbaren , melodischen deutschen Marienliedem , die sie allenthalben erklingen ließen , hervorzuheben . Doch auch alle anderen Mitglieder der Gruppe konnten sich voller Stolz vor der mit Blumen geschmückten Schaumarer Tafel aufstellen . Der gemeinsame Gesang und die schönen Trachten fanden überall höchste Anerkennung . Josef Lutz , der Leiter der Teilnehmer aus Sankt Anna / Banat , die ebenfalls in ihren sehenswerten Trachten angereist waren , lud uns zu einem Besuch in ihrer Heimat ein und regte sogar eine Partnerschaft zwischen den beiden Gemeinden an .
Organisiert wurde das Treffen in Altötting vom St . Gerhards- Werk Stuttgart , dem Verein der katholischen Donauschwaben , dessen Ziel es u . a . ist , das traditionelle , vom christlichen Geist geprägte Gemeinschaftsbewusstsein zu bewahren und zu vertiefen . Unsere Reise , das dreitägige Programm , haben wir vor allem der finanziellen Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung , Familie und Frauen zu verdanken , das einen großen Teil der Kosten für unsere Fahrt , die Unterkunft und Verpflegung übernommen hat .
Geistig begleitet wurden wir von Pater Dr . Gottfried Heiter , Ordensangehöriger der Prämonstratenser Abtei Csorna . Mit Meditation , aber auch mit feinsinnigem Humor , sorgte er für unser Seelenheil .
Unsere Route führte uns über Passau , sodass wir in der Kirche des Klosters Niedernburg das Grabmal der sei . Gisela , der ersten , aus Bayern stammenden Königin Ungarns , besuchen und unsere Ehrerbietung mit einer Kranzniederlegung zum Ausdruck brachten . Es war für uns eine angenehme Überraschung , dass die Spuren der Flutkatastrophe , von der die Stadt erst knapp einen Monat vorher schwer getroffen war , beseitigt waren ; der Geruch von frischer Farbe war überall zu spüren .
Im monumentalen St . Stephans Dom , benannt nach dem ersten christlichen Märtyrer , bot sich uns , begleitet vom innigen Gesang unseres Frauenchors , die Möglichkeit der Besinnung und Erinnerung an Gossfürst Géza und dessen Sohn Wajk , der als erster König Ungarns gekrönt wurde und seinen christlichen Namen Stephan vor allem den Passauer Missionaren verdankt .
In Altötting waren wir insbesondere beeindruckt und ergriffen
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