wie für einen echten Fortbestand von uns sorgt . Auf diesem Weg hat unsere Mehrheit in der Minderheit ihre Identität verpasst .
Dieser Umstand hat uns sicher keinen Vorteil verschafft , wenn wir auch zu einer politisierten Minderheit geworden sind , die sich kulturell noch – wenn auch immer mehr entfremdet – darstellt , ihrer Sprache aber bald nur noch auf der Beamtenebene mächtig ist . Vielleicht ist auch mehr nicht beabsichtigt ? Oder hat man auch etwas mehr noch vor , als Projekte anzustoßen , deren Idee im Rahmen kluger Diskussionen und Konferenzen für die Finanzierung freigegeben werden ?
Was bringen sie unter dem Strich ? Ergeben sie noch den öffentlichen Gebrauch unserer Sprache oder stirbt alleine ein Schwein , um sich bei Schnaps und Würsten , in welcher Sprache auch immer , gut zu unterhalten , um danach gleich in den sonst für alle gleichen ungarischen Alltag wieder entlassen zu werden ? Wie definiert sich noch unsere Identität – und zwar nicht nur auf dem Papier oder als Lippenbekenntnis ? Ist unsere Erscheinung in unserer Gesellschaft von heute in Ungarn noch markant genug ? Ist dafür alles getan , um unser Dasein als Volksgruppe so darzustellen , um nicht alleine nur Subventionen für unsere Existenz
SoNNTAGSBLATT noch in Anspruch zu nehmen ? Im Zusammenhang mit einem aktuellen Hauptprojekt der LdU , die Lehrpfade , las ich in einer Neuerscheinung über die Mehrsprachigkeit in Ungarn 1 , dass auch Lehrpfade die „ sichtbar gemachte Sprache “ darstellen können , was natürlich schön und gut ist , nur empfände ich es als noch anstrebenswerter , unsere Sprache ( n ) einfach akustisch hörbar , auf Schritt und Tritt als Mittel unserer täglichen Kommunikation unter uns im Gebrauch zu erleben .
Es gibt also Fragen , die hart klingen , ich könnte sie auf Anhieb auch nicht beantworten . Alleine persönliche Beispiele , die mit finanziellen Umständen und Projekten sicher nichts zu tun haben – wie mein erlebter Fall im Warenhaus von Mohatsch – beweisen mir doch letzte Schimmer einer berechtigten Hoffnung im Zusammenhang damit , dass es Insel unseres Fortbestandes noch gibt , die unserer wahren Identität eine Grundlage verschaffen können . Wer es kann , wer es will , mache entschlossen mit . Es könnte noch immer etwas daraus werden !
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Borbély Anna – Bartha Csilla Többnyelvűség Magyarországon . Budapest , 2024 https :// real . mtak . hu / 193887 / 1 / tobbnyelvuseg _ magyarorszagon . pdf
GUT INTEGRIERT SEIN VERPFLICHTET
Von Richard Guth Ich muss gestehen , dass ich schon einmal mit dem Verfassen dieses Beitrags begonnen habe . Dann bin ich aber unsicher geworden und habe das Geschriebene wieder gelöscht . Ein erneuter Fall rief das Vorhaben wieder in Erinnerung . Worum geht es ?
Wenn man eine gewisse Sympathie-Rangordnung aufstellen würde ( dies tun Meinungsforscher tatsächlich ), dann würde unsere deutsche Gemeinschaft unter den 13 ethnischen und nationalen Minderheiten weit oben landen ( die besagten Umfragen bestätigen dies ). Man verbindet mit „ deutsch ” weiterhin positive Eigenschaften wie Fleiß , Ordnungsliebe oder Ehrlichkeit . Also Leute , denen man als Angehöriger der Mehrheitsbevölkerung vertrauen kann ! Ein wesentlich negativeres Bild hat die Mehrheitsbevölkerung über die Nachbarvölker wie Slowaken oder vor allem Rumänen . Hier vermischen sich althergebrachte Supremitätsvorstellungen mit nicht verarbeiteten historischen Traumata wie Trianon . Interessanterweise besitzen in diesem Kontext die deutsche Besatzung 1944 oder die jahrhundertelange habsburgische Herrschaft mit zeitweise harschen Germanisierungstendenzen so gut wie keine derartige Relevanz , die dann das positive Bild beeinflussen könnte .
Oft wird diese positive Fremdwahrnehmung dann auch durch kulturelle Veranstaltungen verstärkt , die ein romantisches Bild über die Lage der deutschen Gemeinschaft zeichnen . Wenn man dann mit den Leuten ( Madjaren ) ins Gespräch kommt , dann schwärmen diese von der mustergültigen Minderheitenpolitik des Landes , in deren Folge ja jeder seine Traditionen und seine Muttersprache pflege ( n könne ).
Es kommt aber hin und wieder vor , dass unsere Gemeinschaft - oder genauer gesagt Vertreter der Gemeinschaft - in einem etwas anderen Licht erscheint bzw . erscheinen . Oft erreicht die Berichterstattung darüber nicht die Schwelle der Öffentlichkeit , da nur regionale Medien darüber berichten - oder zwar überregionale , aber mit einer überschaubaren Print- oder Online-Leserschaft . Da wird beispielsweise über ein Gemeinschaftshaus berichtet ( Bauherrin : die örtliche DNSVW ), dessen Bau zwar gefördert worden sei , aber dessen Fertigstellung nicht erfolgt sei . Oder die Rede ist von einem mit der Gemeinschaft verbundenen Bürgermeister , der durch Zwangsversteigerung ein Haus erworben habe , aus dem eine sechsköpfige Familie habe ausziehen müssen . In einem anderen Bericht ging es um einen Musiker , der in einem Ferienlager der Gemeinschaft mitgearbeitet habe , obwohl er früher wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden sei und zum damaligen Zeitpunkt seine Probezeit absolviert habe .
Das Gemeinsame bei allen drei Vorfällen ist die Tatsache , dass in der Berichterstattung ein Hinweis auf die Zugehörigkeit der Akteure zur deutschen Gemeinschaft gegeben wurde . Es geht mir dabei nicht um eine Präjudikation der Beschuldigten ( denken wir auch an den Grundsatz „ in dubio pro reo ”) – dazu müsste man ihnen Gelegenheit bieten , Stellung zu nehmen – oder gar um die Fälle an sich , von denen es zehn- oder hunderttausende im Land gibt . Es geht mir vielmehr um die Lehren daraus .
Wir sind zweifelsohne gut integriert . Wir denken und handeln genauso wie die Mitglieder der Mehrheitsbevölkerung , unser Konsumverhalten unterscheidet sich auch kaum von der nichtdeutschen Bevölkerung - vom allgemeinen Sprachgebrauch ganz zu schweigen . Fast hätte man den Eindruck , man sei sang- und klanglos in der Mehrheitsbevölkerung aufgegangen , mit der man ja mittlerweile auch familiär vielfach verbunden ist .
Dennoch nimmt man uns als die „ Schwaben “ oder „ Ungarndeutschen “, also doch als etwas wahr , das sich von der Majorität unterscheidet . Diese Unterscheidung stellt uns vor Herausforderungen und verlangt von uns , moralisch fast eine reine Weste zu haben . Denn jede Verfehlung wird der deutschen Gemeinschaft angehaftet und nicht dem vermeintlichen schwarzen Schaf als Individuum und Teil einer Körperschaft . Daher : Lasst uns unseren Kritikern nicht dieses Gefallen tun .
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