Sonntagsblatt 3/2020 | Page 17

Überreste fand nicht statt . Vor einem Jahr wurde der über 200 Jahre alte evangelische Friedhof in Helenenthal ( Woiw . Schlesien , Kreis Lublinitz ) vom örtlichen katholischen Pfarrer „ in Ordnung gebracht “. Die Grabsteine wurden dem Erdboden gleichgemacht und alte Eichen abgeholzt . Schweres Baugerät drang im Juli dieses Jahres auch in den deutschen evangelischen Friedhof in Jannewitz bei Lauenburg ein . Der örtliche Pfarrer rechtfertigte das ebenfalls damit , er wolle den Friedhofsbereich „ nur in Ordnung bringen “. Warum dabei eine Planierraupe über Grabplatten fahren musste , konnte er aber nicht erklären . Bewohner der Wohnsiedlung Słoneczne in Glogau entdeckten vor drei Jahren , dass man für sie einen Gehsteig aus Grabplatten von Kindern , die im Zweiten Weltkrieg gestorben waren , gebaut hatte . Derartige Beispiele für einen skandalösen Umgang mit deutschen Grabsteinen und Friedhöfen lassen sich endlos aufzählen .
Gemeinsames Vermächtnis
Damit das deutsche Kulturerbe Wertschätzung erfahren kann , ist es notwendig , die Denkweise zu ändern und es nicht als „ nicht unser eigen “, fremd und daher überflüssig und irrelevant zu betrachten . Wie Bernard Gaida in seinem Brief zu Recht bemerkt , ist der Grund für diesen Zustand und diese Herangehensweise „ unzureichendes Wissen über das deutsche Kulturerbe in Polen , woraus mangelnde Sensibilität für seinen Wert resultiert “. Der Vorsitzende des Verbandes deutscher Gesellschaften fordert „ Änderungen in den Lehrplänen für Geschichte und anderer Fächer , um die Kenntnis der regionalen Geschichte zu einem obligatorischen Bestandteil zu machen “ und schreibt , dass nur „ eine Verknüpfung des materiellen Erbes mit dem historischen Kontext eine Identifizierung der heutigen Bewohner mit dem großen Ganzen , einschließlich der deutschen Vergangenheit ihrer Heimatländer , aufbauen kann “.
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Die Brücke von Pilchowitz Die Brücke über dem Pilchowitzer Stausee ist eine der höchsten Eisenbahnbrücken in Polen . Sie befindet sich 40 Meter über dem Boden des Gewässers . Von dieser speziellen Konstruktion sind weltweit nur noch wenige Brücken erhalten geblieben . Es handelt sich dabei um eine auf zwei Steinpfeilern gebaute Stahlgitterbrücke . Sie wurde 1905 / 06 als Teil der damals neuen Eisenbahnlinie Hirschberg-Sagan errichtet . Anfänglich erhob sie sich über dem Trockental . Nach der Eröffnung des von Prof . Otto Intze entworfenen Staudamms in Pilchowitz im Jahr 1912 wurde das Tal dann mit Wasser geflutet . Kaiser Wilhelm II . war bei der offiziellen Eröffnung der Brücke im November 1912 anwesend . 1945 versuchten deutsche Truppen bei ihrem Rückzug , die Brücke in die Luft zu sprengen . Die Schäden wurden jedoch schnell behoben und bereits 1946 wurde der Eisenbahnverkehr wieder aufgenommen . Seit 2016 ist Eisenbahnlinie , die über die Brücke führt , aufgrund ihres schlechten Zustands außer Betrieb .
„ Wir sind drei Mädchen , Bianka Kiss , Marianna Maszlag und Simone Mirk , aus Werischwar , wo wir seit unserer Geburt leben . Wir sind allesamt in den Zwanzigern und haben vom Kindergarten bis zum Abitur eine ausgeprägte ungarndeutsche Erziehung genossen , sowohl seitens unserer Familien als auch der Bildungseinrichtungen . Deswegen dachten wir uns , dass es sinnvoll wäre , etwas auf die Beine zu stellen , was den ungarndeutschen Zug bei den Jugendlichen stärkt und die Menschen zusammenbringt . Schnell fiel die Entscheidung , dass man das am besten über eine Marke - Modelabel - umsetzen könnte , ohne gleich eine Tracht anzuziehen . Wir fingen an , Gedanken zu machen und brachten zu Sommeranfang 2020 unsere erste Kollektion heraus , die sechs unterschiedliche Designs enthält , die wir entworfen und produziert haben ”, erzählen die Inhaberinnen des Start-up-Unternehmens „ Einfach Schwäbisch ” aus Werischwar / Pilisvörösvár gegenüber dem Sonntagsblatt .
Trotz den verbesserten informationstechnologischen Möglichkeiten unserer Zeit wurde ich wieder mal per Zufall auf diese Initiative der drei jungen Damen im Studentenalter aufmerksam : Im Gespräch mit der Ersten Stadträtin von Werischwar / Pilisvörösvár , Bernadett Strack ( Beitrag „ Für eine nachhaltige Zukunft ” in dieser Ausgabe ), fiel der Name des Jungunternehmens zum ersten Mal . Die Betonung lag auch in diesem Gespräch auf der Verbindung von Tradition und Moderne . „ Schwäbisches Erbe bedeutet für uns , dass das Herz bebt , wenn Polka gespielt wird und wir stolz verlauten können , dass wir zusammengehören und Mitglieder dieser wunderbaren Gemeinschaft sind . Wir glauben , dass es sehr wichtig ist , die Traditionen zu erleben und sich der eigenen Geschichte bewusst zu werden , aber wir sind gleichzeitig der Ansicht , dass sich die Zeiten ändern , was erforderlich macht , unserer Herkunft mit einer anderen , veränderten Wahrnehmung , Philosophie , zu begegnen . Deshalb konzentrieren wir uns in erster Linie auf die Gegenwart und versuchen , mit einer kurrenten Vision unser ungarndeutsches Selbstbewusstsein beliebt zu machen und zu stärken ”, erzählen die drei jungen Damen und unterstreichen das von Bernadett Strack Genannte .
Hinter dem Anspruch der Stärkung der Identität versteckt sich in diesem Falle ein festes Geschäftskonzept : Die Zielgruppe sind die jüngeren Generationen zwischen 15 und 35 Jahren , aber die drei Macherinnen freuen sich auch über jüngere und ältere Kunden . „ Wir wollen eine positive , unterhaltende Marke aufbauen , was jedem ein Lächeln aufs Gesicht zaubert und die Zugehörigkeit zum Ungarndeutschtum stolz vermittelt .” Der erste öffentliche Auftritt fand Mitte Juli im Rahmen der Veranstaltung „ Platz ” statt , die von Marianna Maszlag organisiert wurde . Die Jungunternehmerinnen wollen nach eigenen Angaben regelmäßig „ am „ Platz ” sein ” - darüber hinaus befinden sie sich in Verhandlungen mit weiteren ungarndeutschen Ortschaften , wo sie sich bekannt machen wollen . Zu einem wichtigen Standbein soll sich der Internethandel entwickeln , der „ Einfach Schwäbisch ” -Webshop sei am Entstehen . Marketing findet nach Angaben der Geschäftsführerinnen in den sozialen Medien statt , aber man bemühe sich auch andere Plattformen zu finden .

Sonntagsblatt und Wirtschaft s

Die Erfahrungen sind nach Angaben der Jungunternehmerinnen durchweg positiv , es seien bereits Bestellungen eingegangen , sogar aus den USA . Die vielen geteilten Inhalte von „ Einfach Schwäbisch ” hätten beim Bekanntwerden der Marke enorm geholfen .
Mit einer Vision für das Ungarndeutschtum Modemarke „ Einfach Schwäbisch ” aus Werischwar will ein Lebensgefühl vermitteln
SoNNTAGSBLATT
Von Richard Guth
Auch die deutsche Sprache spielt für die jungen Damen eine wichtige Rolle : In der aktuellen Kollektion konzentrieren sie sich auf Hochdeutsch , aber nach eigenen Angaben haben sie viele frische Ideen , damit auch das Werischwarer Donaubairisch zum Zuge kommt . Die deutsche Sprache ist den Dreien nicht unbekannt , haben zwei von ihnen doch das Friedrich-Schiller-Gymnasium besucht . Sie hoffen darauf , dass die Marke neue Möglichkeiten mit sich bringen und auch die deutschen Kontakte gestärkt werden und dies trotz dem Bestreben , erst einmal in Ungarn zu expandieren beziehungsweise den Online-Verkauf zu stärken .
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