Sonntagsblatt 3/2019 | Page 27

Die JBG stellt Kandidaten in Witschke und Galgagyörk Der Autor oben genannten Artikels, Herr Richard Guth, hat sich bereits ziemlich ausführlich mit dem Für und Wider der Besorg- nisse der bevorstehenden Aufgabe befasst. Ich möchte hier eini- ge Gedanken ergänzend hinzufügen. „Problem” (für die Minderheiten, so auch die Ungarndeutschen) dürfte eigentlich nur die Neuerung in der Fragestellung sein, wo im Gegensatz zu früher diesmal die Anonymität ausgeschaltet wird, d.h. man will bei der Erfassung der statistischen Daten auch Namen (Vor- und Familienname) eintragen. Neu ist dieser Umstand nur für ein-zwei heutige Generationen, denn früher – sowohl vor und auch nach dem 2. Weltkrieg - wurde bei den Volkszählungen nach dem Namen gefragt bzw. dieser eingetra- gen, natürlich mit der Versicherung, dass er nach Auswertung der Angaben verschwinden und keinerlei (negative) Folgen ver- ursachen wird, was immerhin bezweifelt werden kann, weil: Kandidaten der JBG Die Jakob Bleyer Gemeinschaft stellt in zwei Ortschaften, in Witschke/Bicske (Komitat Weißenburg) und in Galgagyörk (Ko- mitat Pest), Kandidaten für die Nationalitätenselbstverwaltungs- wahlen auf. In Witschke gab es bisher keine deutsche Selbstver- waltung, deshalb haben sich drei junge Leute, Vinzent Benedek, Daniel Erlein und Kristian Szerencsés, bei der JBG gemeldet, um mit unserer Hilfe in Witschke eine deutsche Selbstverwaltung gründen zu können. In Galgagyörk gab es bürokratische Schwie- rigkeiten, deshalb entschied sich die JBG dafür, dass wir da den örtlichen Kandidaten helfen. Patrik Schwarcz-Kiefer, Vorstandsmitglied der JBG, steht auf der Kandidatenliste für die LdU, es gelang ihm aber nicht, einen si- cheren Listenplatz zu bekommen. Er wurde von der JBG und der GJU für den Verband der Branauer Detuschen Selbstverwaltun- gen vorgeschlagen - er und sein Programm, in dessen Mittel- punkt die Bekämpfung der Abwanderung stand, erhielten aber nicht genügend Stimmen von der Vollversammlung des Branau- er Verbandes, um unter den ersten 11 Kandidaten zu sein, die in die LdU kommen. Traurig war die Tatsache, dass an der Sitzung kaum Deutsch gesprochen wurde, und sich außer ihm nur ein Kandidat, Stefan Bürgermayer, auf Deutsch vorgestellt hat. Leserbriefe s Ein abgelegter Kommentar aus meiner Schublade zum Artikel von Richard Guth: SCHATTEN DER VERGANGENHEIT – DEBATTE UM VOLKSZÄHLUNG 2021 (SB 02/2019) Ein Leserbrief von Georg Krix Ein Dilemma der Ungarndeutschen? Oder (vorläufig) nur der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen? Ja, einstweilen hat sich nur Letztere mit dem Thema befasst, der breiten Masse der Ungarndeutschen ist das Problem (?) noch nicht bekannt. Immerhin lohnt es sich schon jetzt, sich zeitlich mit der Frage zu befassen, d.h.: Wie wollen/sollen wir uns bei der in zwei Jahren fälligen Volks- zählung verhalten? SoNNTAGSBLATT Als nämlich nach Kriegsende die Deutschen in Ungarn zu Kriegsverbrechern und Vaterlandsverrätern abgestempelt und deutsche Muttersprache und Volkszugehörigkeit zu Todsünden erklärt wurden, da hat man zur Begründung die dem Statisti- schen Landesamt (wohl rechtswidrig) entnommenen Volkszäh- lungsangaben von 1941 als „Beweismaterial” vorgenommen und das „nationale Bekenntnis” als Ursache der Enteignung und Ver- treibung unserer Landsleute zugrunde gelegt. Daraus folgt, dass „Deutschsein” eine Sünde war und ist, wes- halb man seither, jahrzehntelang – beinah allgemein – nicht be- reit war, offen und aufrichtig ein Bekenntnis für Muttersprache und Nationalität abzugeben. Wenn man also davon ausgeht, dass nach dem Krieg trotz Flucht, Verschleppung und Vertrei- bung immerhin doch noch 200.000 - 250.000 Deutsche im Lande verblieben sind, so haben die Volkszählungen bis zur politischen Wende so ca. 10 % der genannten Zahl als Deutsche aufge- wiesen, was einem Verschwinden der deutschen Volksgruppe gleichkommt. Um aber der „Wirklichkeit” näherzukommen, hat der ungarische Staat bei den Volkszählungen von 2001 und 2011 die Anonymi- tät eigeführt, d.h. die Angaben aller im Lande lebenden Bürger wurden also namenlos festgehalten und dabei war es jedermann freigestellt, hinsichtlich Muttersprache, Volkszugehörigkeit und Religion sich zu äußern oder auch nicht. Eine weitere sogenann- te „Erleichterung” wurde noch angeboten, man durfte (wer eben wollte) sich zu drei bzw. zwei Muttersprachen und Volkszuge- hörigkeiten „bekennen” und darüber hinaus Fragen beantwor- ten wie „Bindung zu kulturellen und traditionellen Werten” und „Sprachgebrauch in der Familie oder im Freundeskreis”. Das Ergebnis war verblüffend! Plötzlich hat sich die Zahl der Minderheitenangehörigen (insbesondere der Ungarndeutschen) verdoppelt bzw. vermehrfacht. Mit Stolz spricht man heute von 186.000 Deutschen in Ungarn, welche Zahl jedoch inzwischen schon angefochten, wenn auch in der Öffentlichkeit nicht revi- diert wurde. Dabei darf die Landesselbstverwaltung der Ungarn- deutschen (zu Unrecht) stolz auf dieses (manipulierte) Ergebnis sein und ebenso auch der ungarische Staat, der dadurch Groß- zügigkeit den Minderheiten gegenüber beweisen will und kann. Eben durch diese manipulierte Großzügigkeit ergeben sich dann anderenorts statistische Probleme/Unstimmigkeiten: Nehmen wir dazu als Beispiel die mehrheitlich deutsche Gemeinde Hajosch/ Hajós vor. Zur Zeit der Volkszählung 2011 lebten in der Ortschaft 3110 Einwohner, davon waren (laut Statistik der Volkszählung) 84,1% Madjaren, 2% Zigeuner, 0,4% Kroaten, 47% Deutsche und 15,5% haben kein Bekenntnis abgegeben. Somit hatte also Hajosch (gemäß dieser Statistik) 149% Einwohner! Wo ist der Haken? Die 47% Deutsche sind (eine mögliche Ursache!) ein- mal schon in den 84% Madjaren enthalten, weil sich unsere vor- sichtigen Schwaben sowohl als Madjaren und auch als Deutsche eintragen ließen. (Fortsetzung auf Seite 28) 27