Sonntagsblatt 3/2019 | Page 18

Die Dörfer im Burgenland, die ähnlich wie die ungarischen Klein- dörfer mit Schülermangel zu kämpfen haben, versuchen ihre Schulen zu erhalten, so kam ihnen die Anmeldung von ungari- schen Kindern gelegen. Mancherorts nahm das solche Ausmaße an, dass sich die einheimischen Eltern an der hohen Zahl von ungarischen Kindern störten und auch seitens der Schulträger wurden Vorbehalte laut. Deshalb wurde 2012 der Schuleintritt in die staatliche Volksschule (die der ungarischen Primarstufe ent- spricht) verschärft: Seitdem dürfen diese Schulform nur Kinder mit österreichischer Meldeadresse besuchen. Viele ungarische Familien - um einen Wechsel zurück in das ungarische Schul- system zu vermeiden - suchten nach einer Lösung: Es gab Orte, wo sich die Lehrer bereit erklärten, dass sich bei ihnen einige Kinder anmelden. Solche administrative Lösungen funktionieren nicht mehr, denn der gewöhnliche Aufenthalt wird von den Be- hörden auch überprüft. Seitdem wechseln die Kinder gewöhnlich nach der vierten Klas- se auf eine österreichische Schule - wenn nicht bereits im Kin- dergartenalter, wobei es ja komplizierter ist, denn diese Kinder müssen noch gebracht und abgeholt werden. Die einzelnen Kin- dergärten entscheiden eigenständig, wie viele ungarische Kinder sie aufnehmen. In der Regel sind das nicht mehr als vier-fünf pro Kindergartengruppe, denn man befürchtet, dass sonst die muttersprachliche Erziehung der österreichischen Kinder da- runter leiden könnte. Im Kindergarten müssen die nicht öster- reichischen Familien einen Beitrag leisten, aber dieser ist nicht allzu hoch. Zum Preis einer Monatskarte für den Bus Ein Schulbesuch kommt häufiger vor und das bedeutet keine hohe Bürde. Neben dem Unterricht ist die Versorgung mit Schul- büchern in Österreich auch kostenfrei, so ist die Busfahrt der größte Posten, wobei sich der Preis für die Monatskarte in Höhe von 15.-20.000 Forint (45 – 65 Euro) für viele rentiert. „Anstel- le sie (Anm.:die Kinder) zu Hause zum Deutsch-Privatlehrer zu schicken, bekommen wir eine muttersprachliche Ausbildung und eine wahrhafte Integration”, hören wir auch von den Eltern. „Die Mehrheit der Kinder kommt mit keinen oder minimalen Deutschkenntnissen an, sie werden ins tiefe Wasser gewor- fen”, das haben auch die Untersuchungen von Judit Buchwald bestätigt. Laut den Bundesbildungsrichtlinien müsste man bei acht fremdsprachigen Kindern einen Sprachvorbereitungs- und Förderkurs anbieten, aber während dies in Wien gut funktioniert, wäre das im Burgenland eher die Ausnahme. Es gibt Familien, die sich eben wegen der Bildungsmöglichkei- ten in Österreich an der Grenze angesiedelt haben. Mehrere österreichische Einrichtungen werben in Ungarn, in der west- ungarischen Presse erscheinen auch Anzeigen von österreichi- schen Schulen. Zwei Schulen sind besonders beliebt: In Ober- wart wird ein zweisprachiges Bundesgymnasium betrieben; den deutsch-ungarisch zweisprachigen Bildungsgang besuchen neben den burgenländischen Kindern auch in immer größerer Zahl Ungarn. Für sie ist es ein großes Plus, dass hier jeder in fünf Sprachen lernt. Das Josefinum in Eberau, eine katholische Privatschule, startet neben den österreichischen auch ungarische Klassen. Diese Schule besucht auch Levente, der eine Trompetenausbildung absolvieren möchte, in einer der 15 Schüler starken Klassen. Hier werden alle Hauptfächer von zwei Lehrern unterrichtet. Die- se Schule legt den Schwerpunkt erklärtermaßen auf die Integra- tion, Sprachförderung der Schüler aus Ungarn, damit sie von hier aus gut gewappnet Oberwart, Pinkafeld, Stegersbach, Güssing oder eine andere österreichische Mittelschule ansteuern. Jetzt könnte man die Schüler auch auswählen, nur Schüler mit einem Schnitt von 4 – 5 werden genommen. Dreimal in der Woche gibt es ungarischen Muttersprachenunterricht, aber es werde Wert auf den praktischen Unterricht gelegt. Ruhe im Westen „Die ungarische Leistungsfeststellung geht mit viel mehr Stress einher, hier kommen die ungarischen Schüler zu sehr zur Ruhe. 18 Man muss ihnen aufzeigen, dass man auch hier regelmäßig ler- nen muss”, erzählt Krisztina Oswald, eine der Ungarischlehrerin- nen der Schule und spricht von der Wichtigkeit des Projektunter- richts, der Förderung und der individuellen Lernwege. „Der Frontalunterricht funktioniert bei den heutigen Kindern nicht mehr. Der Lernstoff in Österreich ist etwas weniger als in Ungarn, aber es ist nicht einfach in einer fremden Sprache zu lernen”, sagt sie und unterstreicht die Vorteile des multikulturellen Milieus der Grenzregion. „Es kommt vor, dass die Integration einzelner Schüler in das ös- terreichische Schulsystem nicht glückt. Sie fühlen sich nicht wohl, die Gründe könnten am fremdsprachigen Umfeld, aber genauso am mangelnden Sprachvermögen oder den Mentalitätsunter- schieden liegen”, sagt die Lehrerin der Eberauer Schule. Andere nehmen die Hürden leicht: Wenn sie gewusst hätten, dass es mit der Sprache und Integration so schnell klappt, dann hätten sie ihre Kinder eher in Österreich angemeldet oder bereits das erste Kind hätten sie auf eine österreichische Schule geschickt, hören wir von mehreren Eltern. Die Mehrheit meint, dass sie das bekommen hätte, was sie er- wartet hat: einen praxisorientierteren, stressfreieren und kin- derorientierteren Unterricht. Hinter ihrer Wahl steht auch die Kritik am ungarischen Bildungswesen. Weniger das Schulträger- schaftszentrum KLIK oder die Bildungsreformen der letzten Jah- re, sondern vielmehr praktische Gesichtspunkte geben da den Ausschlag: Die Eltern halten den ungarischen Sprachunterricht für katastrophal, halten die Menge des theoretischen Wissens für überflüssig, während sie die Mentalität der österreichischen Lehrer loben. Die österreichische Schulbildung bietet eine extra Möglichkeit für die Glücklichen, denen es aus geografischen Gründen offen steht oder auch für die, die einen Umzug in Kauf genommen ha- ben, damit das Kind hier lebend in einer österreichischen Einrich- tung lernt. Sie bekommen für fast umsonst eine Alternative zur ungarischen staatlichen Schulbildung und sie entscheiden mit ihren Füßen beziehungsweise mit dem Schulbus. Die Mehrheit entscheidet sich unabhängig von der Politik dafür und würde es auch dann tun, wenn die ungarischen Schulen etwas besser wä- ren – mit der Möglichkeit einer Karriere in Österreich könnte das heimische Umfeld auch dann nicht mithalten, wenn es eine freie Lehrbuchwahl gäbe oder sich die Lehrerschaft in einem besse- ren Zustand befände. Ein Teil der Familien - vornehmlich aus der Mittelschicht - hat in Westungarn für den Auszug gestimmt. Diese Familien werden keinen Druck mehr auf das ungarische Bildungssystem von innen heraus üben, damit es ein Stück bes- ser wird, jedoch hat das ungarische Umfeld solche Familien für eine lange Zeit oder für immer verloren. Quelle: https://index.hu/belfold/2019/05/21/ingazo_gyerekek_ ausztria_oktatas_osztrak_iskolaba_jar/ Deutsche Migranten nach Siebenbür- gen! Von Martin Bukovics und Bea Bakó. Erschienen auf dem On- line-Portal azonnali.hu am 15. Juni 2019. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Chefredakteurin Bea Bakó. Deutsche Übersetzung: Richard Guth Eine Autonomie Siebenbürgens sei ein Ding der Unmöglichkeit, das Seklerland sollte lieber um Geld bitten, sagt Paul-Jürgen Porr, Vorsitzender der UDMR/RMDSZ der Rumäniendeutschen im Interview mit Azonnali. Seiner Ansicht nach ist es goldrichtig, dass sich Klaus Johannis im rumänischen Präsidentenstuhl nicht als Deutscher verhält. Die rumänischen Autobahnen vergleicht Porr mit dem männlichen Geschlechtsorgan und er würde gerne SoNNTAGSBLATT