Sonntagsblatt 3/2019 | Página 11

rischen Erwägungen zum Grenzschutz des Landes. Die an der Grenze entlang angesiedelte, hauptsächlich serbische Bevölke- rung leistete so Grenzschutzdienst. nisierten privaten Ansiedlungen. Die kaiserlichen und privaten Ansiedlungen verliefen parallel. Die Form der Ansiedlung wurde nach Größe und Organisation des Grundbesitzes bestimmt. Es stellte sich die Frage, woher man die Fachkräfte nimmt. Dort im Westen herrschte Überbevölkerung, hier brauchte man Arbeitskräfte. Es lag auf der Hand, dass die Ansiedler von den westlichen, überbevölkerten und von enormen Steuern geplag- ten Gebieten Europas ins Land gerufen werden. Es war ein wich- tiger Aspekt, keine saisonalen Arbeiter, sondern Siedler, die sich niederlassen - wie Landwirte oder Handwerker – einzuladen, um mit ihren Fachkenntnissen zur Entwicklung des Landes beitra- gen zu können (SZABÓ 2006: 10). Als erstes wurde die Neusiedlung in den Städten organisiert, da die Städte als wichtige Verpflegungszentren und Stützpunk- te der österreichischen Armee dienten. Auch die in den Städten angesiedelten Handwerker bekamen Bürgerrechte. Infolge der Ansiedlungen verdoppelte sich die Anzahl der Stadtbewohner. Für die Ansiedlung hatte Graf Leopold KOLLONITCH einen Plan von 500 Seiten mit dem Titel Einrichtungswerk ausgearbeitet. Danach sollten die Siedler Ermäßigungen bekommen. Die An- siedlung, die nicht nur Arbeitskräfte, sondern auch Fachkennt- nisse ins Land liefere, diene der Verstärkung des Handels und der Industrie. Die Ansiedler würden durch Einladungsbriefe an- geworben. Für die aus dem Ausland angeworbenen Ansiedler seien 5 steuerfreie Jahre, für die ungarischen Ansiedler nur 3 vorgesehen. Den Ansiedlern gebührten Haus, Grundstück und das Recht des freien Umzugs (SZABÓ 2006: 15). Für die Abwicklung der Ansiedlung hatten auch die ungarischen Großfürsten unter der Leitung von Paul Esterházy und Georg Széchenyi einen Plan ausgearbeitet, der die ungarische Hof- kammer sicherstellt und verhindert, dass die ungarische Kammer über Wien gesteuert wird. Wahrscheinlich wollten die Herrschaf- ten die von Kollonitch geplanten Ermäßigungen nicht zulassen. Im Jahre 1686 wurde in Ofen/Buda eine Kammeraufsicht und -amt eingerichtet, um die Ansiedlung abzuwickeln (SZABÓ 2006: 15). Am 11. August 1689 erließ Kaiser Leopold I. das Erste Habs- burgische Impopulationspatent (TAFFERNER 1974: 53–55), das den Ansiedlern Ermäßigungen wie fünf steuerfreie Jahre für die ausländischen und drei Jahre für die ungarischen Ansied- ler versprach. Als weitere Begünstigungen standen ihnen stark reduzierte Preise für Weinbaugebiete, Erbrecht auf Haus und Grundbesitz und mehrere Industrie und Bergbau fördernde Maß- nahmen zur Verfügung. Die Ansiedlung konnte aus staatlicher oder auch aus privater Initiative erfolgen und beschränkte sich hauptsächlich auf die folgenden Gebiete: 1) Ungarisches Mittelgebirge: Wichtige Gebiete waren der Bako- nyerwald, das Schildgebirge, und das Ofner Bergland, weitere wichtige Gebiete waren noch Ofen/Buda, Pest, Stuhlweißen- burg/Székesfehérvár und Gran/Esztergom. 2) Schwäbische Türkei: Branau/Baranya, die Schomodei/So- mogy und das Komitat Tolnau/Tolna mit den Zentren Fünfkirchen/ Pécs, Sexard/Szekszárd, Bonnhard/Bonyhád und Ruppertsburg/ Kaposvár 3) Sathmar/Szatmár, Arad, Großwardein/Nagyvárad und Groß- karol/Nagykároly 4) Slawonien/Szlavónia und Syrmien/Szerémség mit den Zent- ren: Ruma, India, Semlin/Zemjén. 5) Batschka/Bácska 6 ) Banat/Bánság (WASSERTHEURER Reg.Nr. 84128: 12). Da die Habsburger katholisch waren, versuchte der österreichi- sche Kaiser ausschließlich eine katholische Bevölkerung anzu- siedeln, um seine Position in der Region zu stärken. Die Ansied- lungen verliefen auf zweierlei Weise. Die ersten Ansiedlungen erfolgten im staatlichem Rahmen unter der Organisation von Leopold I, später von Karl III, Maria Theresia und Josef II. und dienten als Beispiel für die späteren von den Großfürsten orga- SoNNTAGSBLATT Die Ansiedlungen können in drei größere Wellen aufgeteilt wer- den. Die erste Ansiedlungswelle dauerte 1722–1726. Es verliefen kaiserliche und private Ansiedlungen parallel. Im Rahmen der privaten Ansiedlungen (1689-1740) wurden Gran/Esztergom, Komorn/Komárom, Raab/Győr und die Komitate Pest, Weißen- burg/Fejér, und Wesprim/Veszprém sowie die Tiefebene (haupt- sächlich die Komitate Saboltsch und Bekesch) und die nördli- chen Randgebiete der Mittelgebirge (die Komitate Hont, Heves, Semplin/Zemplén) und Sathmar/Szatmár angesiedelt. Die kai- serlichen Ansiedlungen hatten die Ansiedlung des Banats zum Ziel. Nach den Plänen von Graf Claudius Florimund VON MER- CY (1666–1734) noch aus dem Jahre 1719 wurden die Ansiedler in schon bestehenden Siedlungen untergebracht. Unter seiner Leitung haben sich die angesiedelten Dörfer schnell entwickelt und wurden industriell ausgebaut. (WASSERTHEURER Reg.Nr. 84128: 14). Wegen des österreichischen Erbfolgekriegs 1756–1763 oder des Siebenjährigen Krieges konnte es zu einer zweiten Ansiedlung nicht mehr kommen. Nach dem Krieg beauftragte aber Maria Theresia General Friedrich Alois KOLOWRAT, die Tätigkeiten des Grafen Mercy fortzusetzen. Seit 1766 gab es ein Sonderko- mitee im Banat für die Organisation der Ansiedlungen. Die zweite Ansiedlungswelle konzentrierte sich auf die Batschka. Die Ansiedlung erfolgte unter der Organisation der kirchlichen und weltlichen Großgrundbesitzer, die ihre Landgüter nach der Türkenzeit vom Wiener Hof zurückbekommen hatten. Bis zum Jahre 1773 kamen Ansiedler aus den Gebieten von Lothringen, Trier, der Schweiz, Baden, Pfalz, Luxemburg und Tirol. Die An- siedlung verlief erfolgreich unter der Leitung von Anton COTH- MANN, aber im Jahre 1771 wurden die Unterstützungen einge- stellt. Die dritte Ansiedlungswelle (1782–1787) erfolgte im Sinne des Impopulationspatents, erlassen vom Josef II. am 21. September 1782, und erstreckte sich auf das ganze Gebiet Ungarns. Es ka- men 7600 deutsche Ansiedler, die meisten von ihnen wurden im Banat angesiedelt (WASSERTHEURER Reg.Nr. 84128: 15-16). Die Ansiedler stammten hauptsächlich aus der Pfalz, aus dem Saar-Gebiet, aus der Umgebung von Frankfurt und Mainz, aus Hessen und aus Württemberg. Die meisten von ihnen wurden auf südlichen Kammergütern und in geringer Zahl auch in an- deren Komitaten wie Pest, Gran/Esztergom, Eisenburg/Vas, Tol- nau/Tolna, und Schomodei/Somogy angesiedelt. Die ersten Ansiedlungen waren gescheitert, da die angesiedel- ten Deutschen keine Vorräte hatten und unter extremen Wetter- verhältnissen litten, welche die Bevölkerung dezimierten. Die Ansiedler konnten ohne Kontrolle kommen und oft waren unter ihnen auch in Österreich unerwünschte Personen. Als Konse- quenz wurden neue Vorschriften erlassen. Solche Vorschriften waren z.B., dass ausschließlich Verheiratete in Ungarn ankom- men durften, die über die notwendigen Vorräte zum Überleben verfügten. Viele Ansiedler ohne Vermögen konnten oft nur durch Mithilfe von Eltern und Verwandten nach Ungarn kommen. In der Sammlung von HACKER (1977) - Auswanderungen aus Ober- schwaben - bekommt man in den Einträgen oft zu lesen, dass das Abzugsgeld von den Verwandten oder den Eltern der Aus- siedler bezahlt wurde. In vielen Fällen findet man aber bei den Ortschaften, die z.B. in den Kirchenbüchern von Wudigess/Bu- dakeszi als Geburtsort angegeben sind, keine Einträge, da die Ansiedler einfach „davongelaufen“ waren. (Fortsetzung auf Seite 12) 11