mich aufgeklärt, dass es Menschen gibt die Schwaben, sind und
auch andere, die halt Ungarn sind. Doch woher sind wir dann
gekommen? Wer sind wir, die Schwaben? Und warum sprechen
wir anders als die Deutschlehrerin in der Schule? Seit wann sind
wir überhaupt da?
Um diese Fragen zu beantworten müssen wir uns in der Ge-
schichte vertiefen. Deutsche waren schon von Anfang an im
Karpatenbecken anwesend. Es müssen zwei größere Epochen
der Ansiedlungen unterschieden werden: die Ansiedlungen des
Mittelalters und die der Neuzeit.
Die Anwesenheit der Ungarndeutschen ist in Ungarn nicht kon-
tinuierlich. Die ersten germanischen Stämme sind im 9. Jh. in
unserer Heimat erschienen. In der Umgebung vom Plattensee
und Fünfkirchen wurden altfränkische Stämme als Osterweite-
rung des Fränkischen Reiches angesiedelt. Diese Siedlungen
wurden aber durch ungarische und mährische Heere vernichtet
(SZABÓ 2006: 2).
Die mittelalterlichen Ansiedlungen können zeitlich auf die Zeit
der Herrschaft von König Stefan I. gelegt werden, als der König
in der Hoffnung auf Erfolg eines Staates mit mehreren Nationali-
täten „Hospes” in das Land eingeladen hat. Diese Hospes waren
hauptsächlich Ritter, Mönche und Landwirte. Diese gesellschaft-
lichen Gruppen spielten bei der Verbreitung des Christentums
und in Hinsicht der politischen und militärischen Veränderungen
eine große Rolle (SZABÓ 2006: 3).
Im Mittelalter können zwei größere geschlossene Gesellschaf-
ten unterschieden werden: die der Siebenbürger Sachsen (in der
Wirklichkeit sind sie Moselfranken, Sachsen werden sie genannt,
da sie das Magdeburger Stadtrecht übernommen hatten, das
sächsisch verfasst war) und die der Zipser im Oberland. Darü-
ber hinaus gibt es noch einige kleinere Gesellschaften wie z.B.
die der 1100 angesiedelten burgenländischen Landwirte, die ver-
hindert haben, dass die bayerischen Stämme weiter nach Osten
vorrücken können, und eine andere im Burzenland (Barcaság),
nämlich die des 1211 vom Heiligen Land zurückkehrenden und
angesiedelten deutschen Ritterordens. Eine weitere kleine, aber
umso bedeutendere Gesellschaft entstand in Deutschpilsen
(Nagybörzsöny) im Pilsner Gebirge, in Lorenzen (Vámosmikola)
und in Szokolya. Diese Gemeinden haben sich in den Jahrhun-
derten vor der Türkenzeit stark assimiliert, doch haben sie diese
schweren Zeiten überlebt (SZABÓ 2006: 4).
Wichtiger sind aber die Ansiedlungen der Neuzeit. Bevor wir aber
diese Ansiedlungen unter die Lupe nehmen, sollten wir die Um-
stände des 16.-18. Jahrhunderts in Deutschland untersuchen.
Unter den Ereignissen des 16. Jahrhunderts war die Reformation
von sehr großer Bedeutung. Sie hat im 17. Jahrhundert das gan-
ze Europa völlig verändert. Ab den 30er Jahren des 17. Jahrhun-
derts ist die Bevölkerungszahl sprunghaft gewachsen. Früher
war man der Ansicht, dass die strengere Anwendung der kirch-
lichen Regeln der Geburtenregelung dafür verantwortlich wäre.
Heute denkt man eher, dass dabei die neuen technischen Geräte
und dadurch die Entwicklung der Landwirtschaft eine entschei-
dende Rolle gespielt hat. Das führte dann für Jahrhunderte zur
Überbevölkerung von Westeuropa.
Im 17. Jahrhundert wurden ca. 22 Kriege geführt. Diese waren
hauptsächlich Erbfolgekriege und Religionskriege. Der berüch-
tigtste unter allen war der Dreißigjährige Krieg (1618-48). Da sich
sämtliche Länder des Kontinents daran beteiligt hatten, wurde er
auch „der Weltkrieg des 17. Jahrhunderts“ genannt.
Der Dreißigjährige Krieg wurde durch den Westfälischen Frie-
den beendet. Nach dem Dreißigjährigen Krieg schwächte sich
die Wirtschaft von Europa deutlich ab. Am Ende des 17. und im
darauffolgenden Jahrhundert wurden weitere Kriege geführt, die
sich aber nicht über das ganze Reich erstreckten, sondern nur
einige Mitgliedstaaten betrafen. Solche waren z.B. der franzö-
sisch-niederländische Krieg oder der spanische Erbfolgekrieg
1701.
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Über zwei Jahrhunderte zwischen 1550 und 1740 wandelten
sich die klimatischen Verhältnisse, es wurde besonders kalt. In
der zweiten Hälfte des 16. Jh. dauerte der Winter von November
bis März, es gab viel Schnee und Eis. Die Sommer waren kalt
und im Herbst gab es oft zerstörerische Gewitter und Fluten in
den Niederlanden. Der erste Tiefpunkt der Kleinen Eiszeit dau-
erte von Dezember 1586 bis September 1587. Auch das erste
Quartal des 17. Jh. war kalt. Ab dem zweiten Quartal wurde dann
das Klima etwas wärmer.
Etwa drei Viertel der Bevölkerung arbeitete in der Landwirt-
schaft und so war ihr Lebensunterhalt vom Wetter abhängig. Die
schlechten Wetterverhältnisse und die Kriege erschwerten das
Leben der Bevölkerung sehr oder machten es sogar unmöglich.
Gerade zu dieser Zeit erschienen Agenten in der Region, die den
Bewohnern, ihren Verwandten und Freunden Grundstücke und
ein Leben ohne Kriege versprachen.
All diese Faktoren führten dazu, dass viele Menschen die güns-
tige Gelegenheit wahrnahmen, im Osten ihren Lebensunterhalt
zu finden.
Doch woher kamen die Agenten? Und warum lohnte es sich in
einem östlichen Land so viele Menschen aufzunehmen?
Das Karpatenbecken stand von 1541, von der türkischen Beset-
zung von Ofen/Buda an, 150 Jahre bis zum Jahre 1689 unter
türkischer Herrschaft. Das Programm zur Eroberung des christ-
lichen Europas wurde bereits von Mehmed II. angekündigt, je-
doch erst von Sulejman begonnen. Als Primärziel wurde die Er-
oberung Ungarns gesetzt, von da aus sollte die Eroberung des
Heiligen Römischen Reiches folgen.
Die 150-jährige türkische Herrschaft warf die Wirtschaft des
Landes um Jahrhunderte zurück. Während dieser Zeit erlitten
die Landwirtschaft und die Industrie einen rapiden Rückschlag.
Dazu trug auch die Verschleppung oder Migration der ungari-
schen Bevölkerung und dadurch der deutliche Rückgang der zur
Verfügung stehenden Arbeitskräfte deutlich bei. All das führte zu
einem völligen kulturellen und wirtschaftlichen Rückgang des
Landes. Durch die Plünderungen und Brandstiftungen während
der Kriege - nicht nur seitens der türkischen, sondern auch der
österreichischen Armee - wurden die Probleme noch weiter ver-
tieft (SZABÓ 2006: 10).
Besonders die südlichen Gebiete waren von der Vernichtung und
Entvölkerung betroffen. Im 17. Jh. wurden die Gebiete von spon-
tanen Einwanderern wie z.B. Serben, Wallachen, Schokatzen
und zuletzt von Kroaten besiedelt, die aber schon geplant ange-
siedelt wurden. Allmählich kehrten auch die emigrierten Ungarn
zurück und gleichzeitig erschienen auch andere Völker wie Ru-
mänen, Ruthenen und Israeliten.
Im Jahre 1686, nach der Vertreibung der Türken, konnten die
ungarischen Großfürsten, die sich den Habsburgern gegen-
über loyal zeigten, ihr Land zurückbekommen. Auch die Kirche
und alle, die mit Urkunden beweisen konnten, dass ein Landgut
wahrhaft ihnen gehört, waren darunter. Sie mussten dafür 10%
des Landgutes als jus armorum (fegyverváltság/Waffenablöse)
an das Neuerwerbskomitee (Újszerzeményi Bizottság) bezahlen.
(Dieses Komitee wurde aufgestellt, um die Kosten der Rücker-
oberung zu decken und verlangte absolute Loyalität den Habs-
burgern gegenüber. Seine Aufgabe bestand darin, zu erreichen,
dass möglichst wenig Land in den Besitz der Gemeinadeligen
kommt. Dabei wurden fremden Generälen, Kriegslieferanten
oder Beamten ganze Komitate geschenkt.) Der Kaiser belohnte
so diejenigen Personen, die sich an der Befreiung des Landes
aktiv beteiligt hatten bzw. dabei einen besonderen Dienst geleis-
tet hatten. So eine Person waren Graf Claudius Florimund Mercy
(1666–1734) oder die italienischen und französischen Grund-
herren wie Veterani, Caprara und Souches. Die Grundherren
brauchten Arbeitskräfte (Wassertheurer Reg. Nr. 84128: 12). Die
Bevölkerungsdichte des Landes war sehr gering, deshalb war
eine planmäßige Ansiedlung notwendig, genauso, wie aus militä-
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