Sonntagsblatt 3/2018 | Page 6

1038 ) Stephan – ehemals Vajk - war ein madjarischer Fürst aus der Dynastie der Árpáden und von 1000 bis 1038 erster König des von ihm begründeten Königreiches Ungarn . Er gilt als der Nationalheilige des heutigen Ungarn und christianisierte die heidnischen Madjaren . Sein Gedenktag ist der 20 . August , der in Ungarn auch als Staatsfeiertag gehalten wird . Die römisch-katholische Kirche gedenkt seiner als eines apostelgleichen Heiligen .
Kurz aus seinem Leben
Zusammen mit seinem Vater Géza ( Geisa ) wurde Stephan 985 von Adalbert von Prag getauft . Während der Großfürst Geisa trotz der Taufe im Grunde Heide blieb , erhielt Stephan eine christliche Erziehung . Diese wurde noch verstärkt durch die Heirat Stephans mit der bayerischen Herzogstochter Gisela , der Schwester des späteren Kaisers Heinrich II . Zudem festigte die Hochzeit das Bündnis Ungarns mit den bayerischen Fürsten , die noch 991 einen Feldzug gegen die Ungarn geführt hatten , und besiegelte die Bindung der Ungarn an die Westkirche . Als Stephan 997 nach dem Tod seines Vaters Großfürst wurde , war er , auch dank des Einflusses von Adalbert von Prag , vermutlich überzeugter Christ . Am Anfang seiner Herrschaft musste er sich gegen seinen Onkel Koppány durchsetzen , der als Clanältester selbst den Anspruch auf den Fürstenstuhl erhob .
Im Jahr 1000 sandte Stephan den Abt Astricus ( Anastasius ) aus dem Gefolge Adalberts zu Papst Silvester II . mit der Bitte nach Gewährung der Königswürde . Unterstützt wurde dieses Anliegen vom deutschen Kaiser Otto III ., der mit Stephan verwandt war und sich zur gleichen Zeit in Rom befand . Anastasius brachte schließlich die Krönungsinsignien nach Ungarn . Die Krönung Stephans durch einen päpstlichen Gesandten am 17 . August 1000 in Gran ( Esztergom ) war verbunden mit der Installierung einer Landeskirche und vermutlich auch mit der Schenkung des Königreichs Ungarn an den Papst , der es als Lehen an Stephan übergab . Dieser Schritt , analog zur Schaffung des Königreichs Polen , sollte die Herrschaft Stephans und die Kontinuität der Thronfolge in seiner Familie sichern . Anastasius wurde später zum Bischof von Gran ( Esztergom ) ernannt , und damit zum Oberhaupt der ungarischen Landeskirche .
Stephan setzte als König die Christianisierung fort . Er holte Missionare ins Land , vor allem deutsche Ordensleute . Er stand in Kontakt mit Bruno von Querfurt und Odilo von Cluny . Darüber hinaus ordnete er die politische Struktur Ungarns neu . Die alten Stammesgebiete ersetzte er durch rund 40 Gespanschaften ( vármegye ). Jeder Gespan ( ispán ) diente als Regionalverwalter und als Heerführer der freien Krieger , der Jobagionen , seiner Gespanschaft .
Am 2 . September 1031 verunglückte Stephans einziger Sohn Emmerich ( Imre ) bei einer Bärenjagd tödlich , sodass nun die Söhne von Geisas Bruder Michael Thronfolger waren , die aber zum Heidentum neigten . Stephan I . machte seine Vettern regierungsunfähig , indem er sie blenden und ihnen Blei in die Ohren gießen ließ ( trotzdem ein Heiliger ?). Die anderen flohen daraufhin nach Polen und Russland . Er ernannte schließlich Peter Orseolo , den Sohn seiner Schwester Maria , zu seinem Nachfolger . 1038 verstarb Stephan und wurde neben seinem Sohn in der Marienkirche in Székesfehérvár ( Stuhlweißenburg ) beigesetzt . Seine Gebeine wurden später nach Buda ( Ofen ) übertragen . Am 20 . August 1083 wurde Stephan zusammen mit seinem Sohn Emmerich ( Imre ) heiliggesprochen .
Bereits in den ersten Jahren , als das tausendjährige Reich der Krone des Heiligen Stephan gegründet wurde , finden sich Spuren deutscher Einwanderer in Ungarn .
Der heilige Stephan selbst war ganz in westeuropäischem Geiste erzogen . So wie er sein Reich regierte , geschah es ganz im Geiste der christlichen Weltanschauung . Er aber wollte nicht allein auf dieser hohen Warte stehen , sondern auch sein Volk mit sich führen . Dieses lebte ja noch in den alten heidnischen Anschauungen . Als großer Mensch wusste der heilige Stephan , dass seine Kräfte allein dieses Werk nicht vollbringen können . So sah er sich nach Helfern und Mitarbeitern um . Solche aber fand er bei
6 den Deutschen und bei diesen vor allem unter den Geistlichen und Rittern . Aber noch enger knüpfte er die Bande mit dem deutschen Wesen : Seine Gemahlin suchte er in Deutschland und er fand sein geliebtes Weib in der Person der Schwester des deutschen Kaisers Heinrich II . : in Gisela , der bayerischen Prinzessin .
B e t r e ff e n d d e r A b s t a m m u n g S t e f a n s . S e i n e Vo r f a h r e n ( aus „ Abstammung und Kultur ” von Josef Wekerle ):
Stephan der Heilige war nicht nur der Begründer des ungarischen Staates , sondern auch ein christlicher König mit westlichem Charakter . Sein ursprünglicher Name war Vajk ( vielleicht aus Veit ?); bei der Taufe bekam er den Namen des Schutzpatrons der Diözese Passau : Stephan . Sein Vorbild war Karl der Große , und auch er hat , wie Karl , seinen Staat mit dem Kreuz und mit dem Schwert begründet . ( Dementsprechend stammt auch das ungarische Wort für König = király aus dem Namen Karl !) Seine Frau Gisela war die Schwester des bayerischen Herzogs Heinrich ; Stephans Leibgarde bestand aus bayerischen Rittern — die seine eigenen madjarischen Verwandten auf seinen Befehl in blutigen Schlachten niedermetzelten — und seine Gesetze nahm er aus dem „ Lex Baiuvariorum ”, welches mitunter wörtlich übernommen wurde . Ebenso sind seine Kirchen- , Finanz- und Zollverwaltung , die Gerichte nach deutschem Muster geschaffen worden . Die „ Nation der Juristen ” — wie sich die Ungarn gerne nennen — entstand also ganz nach deutschen Gesetzen . So ist der ungarische Staat nur dem Namen nach „ Ungarn ”, in Wirklichkeit ist er eine fast ausschließlich deutsche ( bzw . germanische ) Schöpfung . Genauso wurden auch die anderen osteuropäischen Staaten wie Russland , Polen , Böhmen , Serbien und die baltischen Staaten von germanischen Menschen nach germanischen Vorstellungen gegründet . Diese Tatsache ist in Deutschland noch zu wenig bekannt .
Auch die Städte Pannoniens ( westlich der Donau ) — soweit sie die Stürme der Landnahmezeit überlebt haben - trugen wesentlich dazu bei , dass die westliche Kultur in Ungarn Fuß fassen konnte . Noch heute ist dieser Einfluss deutlich sichtbar im höheren Zivilisationsgrad des Landes westlich der Donau gegenüber dem östlichen Landesteil . Interessant ist dabei sicherlich ein Rückblick auf die Landnahme der Madjaren . Sie kamen eigentlich mit wesentlicher Hilfeleistung der germanischen Russen in ihrer heutigen Heimat an . Dies war fraglos dem diplomatischen Geschick ihrer Führer zu verdanken . Noch mehr Diplomatentalent bewies der Landeroberer Fürst Árpád , es gelang , ihm im Jahre 892 mit dem bayerischen König Arnulf Bündnis zu schließen gegen den Herrn des Großmährischen Reiches Swatopluk ( Swentibold ), der nämlich auch die „ Pannonische Mark ” für sich beansprucht hat . Nun bekam Árpád als Verbündeter Pannonien . auf friedlichem Wege ; dadurch trennte er die Westslawen von den Südslawen . Das ist die weltgeschichtliche Bedeutung der Landnahme der Madjaren . Die „ pannonische Mark ” war von slawischen , awarischen und langobardischen Volksresten buntgemischt bewohnt ; in den Städten siedelte schon seit mehr als 100 Jahren eine bayrischfränkische Stadtbevölkerung . Ödenburg ( Sopron ), Pressburg ( Pozsony ), Güns ( Kőszeg ), Moosburg ( Zalavár ), Fünfkirchen ( Pécs ) waren schon bedeutende Handelszentren mit großen Kirchen und zugleich Militärstützpunkte des Fränkischen Reiches — wie es Hómann beschreibt . Wahrscheinlich waren aber auch Gran ( Esztergrom ), Raab ( Győr ), Weißenburg ( Székesfehérvár ) und Etzelburg ( heute Óbuda ) bereits deutschbewohnte Städte . Arnulf überließ das alles kampflos den Madjaren , wodurch das Deutschtum des Karpatenbeckens das erste Mal im Stich gelassen wurde . Dies hat sich im Laufe der Geschichte noch mehrmals wiederholt . Gleichzeitig wurden die Madjaren praktisch in die westeuropäische Völkergemeinschaft aufgenommen . Was den Hunnen , Awaren , Petschenegen und anderen asiatischen Völkern nicht gelang , haben die Madjaren als einziges asiatisches Volk mit einem Schlag erreicht . Dies konnten sie zweifelsohne nur ihrer überlegenen Führerschicht verdanken , die „ in Charakter und Bildung viel näher zu den Bayern standen , als zu allen anderen Nachbarn ”, schreibt Hóman . Freilich konnten auch sie nicht verhindern , dass madjarische Horden ihrer Gewohnheit gemäß viele westeuropäische Klöster und Städte ausplünderten , bevor sie 955 am Lechfeld vernichtend geschlagen wurden .
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