Sonntagsblatt 2/2024 | Page 10

MERKWÜRDIGKEITEN

STEH DAZU ! ABER DOCH NICHT AUF UNGARISCH , ODER ?

Von Richard Guth
„ Jugendliche ansprechen , aber wie ?” Diese Frage stellte sich die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen im Vorfeld der Nationalitätenwahlen 2024 . Die Wahlen sind Anfang Juni gelaufen , das Ergebnis steht fest . Der Leser stellt daher zu Recht die Frage , wieso uns die Modalitäten der Wahlkampagne nach der gelaufenen Wahl noch beschäftigen sollen ?!
Die LdU hat Ende 2023 ein Projekt gestartet . Ziel war / ist es , junge Gesichter für die Nationalitätenselbstverwaltungen zu gewinnen . Ein Vorhaben , das mehr als notwendig erscheint , denken wir an die vielfach apolitische Haltung der jungen Generation und die Nachwuchsprobleme vieler Kulturgruppen und Nationalitätenselbstverwaltungen . Eigentlich nicht nationalitätenspezifisch , betrachtet man die global gesehen schwindende Bereitschaft der Jugend sich ehrenamtlich zu engagieren .
Die LdU bedient ( e ) sich bei der Ansprache der ungarndeutschen Jugend der sozialen Medien : Facebook , Youtube , Instagram und TikTok wurde die Aufgabe zuteil , die Botschaften der LdU an den Mann ( oder besser unter die Jugend ) zu bringen . Die Reels , also kurze Videobeiträge , sammeln Argumente für eine Beteiligung der Jugend in der ungarndeutschen Öffentlichkeit , am besten als gewählte Amtsträger in den Selbstverwaltungen .
Soweit alles legitim ! Die Reels sind zwar zweisprachig gestaltet , aber jeder , der in den Beiträgen zu Wort kommt , spricht ungarisch ( deutsch untertitelt ) - egal , ob es sich um Jugendliche handelt oder um gestandene VIPs unserer Gemeinschaft . Gewissermaßen ein Abbild der sprachlichen Lage unserer Gemeinschaft - sprachlich weitgehend assimiliert ! Die Generation der Muttersprachler , in ihren Achtzigern , Neunzigern , stirbt langsam aus . Die Frage ist , die sich die LdU sicherlich auch gestellt hat : Was ist unser Ziel ? Welches Bild wollen wir abgeben ?
Ziel ist ohne Zweifel , die Jugend anzusprechen - eine Jugend , die zu 99 % ungarisch sozialisiert wird . Unter Nützlichkeitsgesichtspunkten mag die Entscheidung zugunsten des ungarischen Tons als nachvollziehbar erscheinen . Aber ist das alles , was uns wichtig ist ? Ich meine , nein .
Denn die Botschaft finde ich problematisch . Wir akzeptieren den Status quo als Ergebnis einer langen Entwicklung und nehmen ihn als unumkehrbar hin . Wozu wurden dann in den letzten Jahrzehnten Anstrengungen unternommen , das Deutsch- Sprachangebot an den Schulen zu verbessern , den zwei- und einsprachigen Unterricht zu stärken ? Wäre es nicht angebrachter ( gewesen ), Deutsch als Kommunikationssprache zu wählen und den Text auf Ungarisch zu untertiteln ? Oder gar abwechselnd Reels mit Deutsch und Ungarisch als Sprache ( n ) der Kommunikation zu produzieren ?
Die Festlegung auf Ungarisch mag der einfachere Weg sein – aber auch der langfristig klügere ? Dies mag die Gemeinschaft beantworten , denn sie gestaltet das Morgen des Ungarndeutschtums , wie es ( auch ) auf der Facebook-Seite der Initiative zu lesen ist .

HEUTE IST UNSER DIENST AN GESTERN – FÜR ALLE ZUKUNFT

Von Robert Becker
Der Entwicklungsweg eines Volks – viel mehr noch einer Volksgruppe - liegt nicht nur in den eigenen Händen , denn regiert und gelenkt wird auch wider den eigenen Willen . Diese Tatsache muss nicht einmal angefochten werden , denn der Fortschritt muss bis in die entlegensten Ecken und Täler forciert werden , damit die Zeit nicht mancherorts noch stehen bleibt und so sich museumsreife Strukturen bewahren .
Ja , der Fortschritt ist auch dann wichtig , wenn seine Hauptströme bewahrenswerte Reste davontragen .
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