Sonntagsblatt 2/2023 | Page 27

Wagner als Deutschlehrer in Eisenmarkt / Hunedoara und als Journalist . Er begründete mit anderen banaterdeutschen Schriftstellern 1972 die Aktionsgruppe Banat , die aber von der Securitate zerschlagen wurde , er selbst kam ins Gefängnis . In Temeswar trat er dem Adam-Müller-Guttenbrunn-Literaturkreis bei , wo er seine spätere Frau , die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller , kennen lernte . 1987 übersiedelten die beiden in die Bundesrepublik und Wagner lebte ( nach der Scheidung im Jahre 1989 ) als freier Autor in Berlin .
Er vermachte sein Archiv dem Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der LMU München . Zwischen 1973 und 2017 publizierte er 12 Gedichtbände mit über 1000 Gedichten . Er debütierte bereits mit 16 Jahren in der rumäniendeutschen Zeitschrift „ Neuer Weg “. Aber auch in anderen Genres entfaltete sich seine Schaffenskraft : Kurzprosa , Roman und Essay . Die beiden erfolgreichsten Romane waren „ Das reiche Mädchen “ ( 2004 ) und „ Habseligkeiten “ ( 2007 ). In seinem letzten Werk „ Herr Parkinson “ ( 2015 ) setzt er sich bereits mit den Unwägbarkeiten seiner Erkrankung auseinander .

DAS ERBE , DAS IN UNS LEBT

Evangelischsein in der Grenzstadt Ödenburg
Von Ágoston Frank und Dr . Norbert Frank zurückgekehrt , die mit der Geschichte der Stadt untrennbar verbunden ist und bis heute vor allem das Ziel verfolgt , dem deutschsprachigen Protestantismus eine Kontinuität zu gewähren .
Wenn man sich also die Frage stellt , was das Evangelisch-Sein in Ödenburg ausmacht , ist es kein Wunder , dass die ersten Haltestellen die Kirche und die Gottesdienste sein werden .
Über die evangelisch-lutherische Gemeinde in Ödenburg / Sopron zu berichten ist für uns keine einfache Aufgabe . Einen so wesentlichen Teil seiner Identität kann man nämlich nur schwierig mit einfachen Sätzen der Sprache beschreiben . Gefühle sind nicht uneingeschränkt übermittelbar .
Die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Ödenburg gehört zu den letzten wichtigen Festungen des deutschsprachigen , evangelischen Gemeindelebens in Ungarn . Neben den ungarischen Pfarrerkollegen verfügt die Gemeinde über eine ständige Stelle , die zu der Bayerischen Landeskirche gehört . Der jetzige Amtsinhaber , der gebürtige Nürnberger Holger Manke , legt seinen Dienst mit Ende Juni in Ödenburg nieder . Ihm ist zu verdanken , dass das evangelische deutschsprachige Gemeindeleben in den vergangen mehr als 10 Jahren durchaus explodiert ist und von den älteren Gemeindemitgliedern eine hypothetische Frage gar nicht mehr gerechtfertigt ist , ob es ein Nachwuchsmangel besteht . Die Antwort ist eindeutig . Auf keinen Fall ! Wir sind auch während seiner Tätigkeit zu unserer Urgemeinde
SoNNTAGSBLATT
Als Lutheraner verfügt man über die Möglichkeit , Gottesdienste nicht nur auf Ungarisch , sondern auch auf Deutsch erleben zu können . Sonntags um 9 Uhr ist die alte evangelische Kirche in der wunderschönen Innenstadt wieder mit deutscher Sprache belebt . Die älteren Generationen und die Jugendlichen bzw . jungen Erwachsenen sitzen nebeneinander in den dunkelbraunen Bänken und singen die ausgewählten Lieder aus dem deutschen Gesangbuch . Sie sind aber nicht ein passives Publikum . Das Suchen nach einem Gottesdienst , der durch den Pfarrer allein gestaltet wurde , ohne Miteinbeziehung der Gemeindemitglieder , wäre eine unlösbare Aufgabe . Manchmal muss er sogar auf die Aufzählung der Mitwirkenden verzichten - mehrere Duzende Namen vorzulesen würde den zeitlichen Rahmen des Gottesdienstes sprengen . Und wenn es nur Lesungen gäbe ! Um die Freude des Miteinanders im Haus Gottes noch wahrnehmbarer zu gestalten , ist die musikalische Mitwirkung in unserer Gemeinde unerlässlicher Teil von Gottesdiensten . Violine , Cello und Querflöte fühlen sich willkommen in der großen Kirche und verleihen dem Raum mit der prächtigen Orgel eine ganz feierliche Stimmung .
Obwohl die inhaltlichen Aussagen eines Gottesdienstes selbstverständlich jene Äußerlichkeiten überlagern , sind auch die eingeborenen Ödenburger vom Gebäude der Kirche noch immer fasziniert . Erbaut im 18 . Jahrhundert und mit 2500 Sitzplätzen ist sie die größte in der Stadt und die drittgrößte evangelische Kirche Ungarns . Als erste evangelische Gemeinde in Ungarn wurde sie im Jahr 1565 gegründet . An der Architektur kann man sich auch während dem Gottesdienst ergötzen . Die gusseisernen Kamine , welche museale Werte verkörpern , ermöglichen einen angenehmen Aufenthalt auch in kälteren Jahreszeiten .
Wenn man während der Predigt von Mal zu Mal auch das Umfeld betrachtet , erblickt man zuerst die kleinen Namensschilder auf dem Pult der Bänke - einige unlesbar , andere spiegelblank , viele mit
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