Sonntagsblatt 2/2023 | Page 2

JUBILÄUM

MIT KÜNSTLERISCHEN MITTELN FÜR DEN ERHALT VON SPRACHE UND KULTURERBE

SB-Gespräch mit DBU-Intendantin Katalin Lotz anlässlich des 40 . Geburtstags der ungarndeutschen Spielstätte
SB : Frau Lotz , über welche Informationen und Erinnerungen verfügen Sie bezüglich der Gründung ( -szeit ) der Deutschen Bühne Ungarn vor 40 Jahren ?
KL : Um über die Gründung des Theaters mehr zu erfahren , habe ich den ersten Direktor des Theaters , János Kaczián , befragt . Von ihm erfuhr ich Folgendes : Als Ausgangspunkt der Entstehung der Deutschen Darstellungsbühne und der daraus entstandenen Deutschen Bühne Ungarn gilt der Vorschlag zu einem ungarndeutschen Reisekammertheater . Der Initiator war Dr . Dénes Földessy , Journalist , Dramaturg und Theatertheoretiker .
Er hat als erste Stufe die im Kindesalter verwendbare Theaterkunstmethode zur schulischen Minderheitensprachpflege , das sogenannte Audio-Gedächtnis-Theater , empfohlen . Das Wesen dieser Methode beruht darauf , dass das Theatererlebnis mit der Möglichkeit des Sprachgebrauchs gemeinsam erlebt wird . Über die Vorstellungen sollen Tonaufnahmen für Schulen und für die Gemeinschaft gemacht werden , damit man die Möglichkeit bekommt , das Gesehene selber spielen zu können .
KL : Aus einer Vorstellungsbühne mit Gastschauspielerinnen und -schauspielern wurde ein richtiges Ensemble mit festen Ensemblemitgliedern und mit Fachpersonen hinter der Bühne ( Technik , Requisite , Kostüm , Organisation …). 1989 erhielt das Theater den Namen Deutsche Bühne Ungarn ( DBU ), 1994 bekam es ein wunderschönes Zuhause in der Innenstadt Sexards , als das damalige Kino „ Mozgó Világ “ zum Theater umgebaut wurde . Nach langer Zeit gemeinsamer Trägerschaft von dem Komitat Tolnau und der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen ( LdU ) übernahm die LdU vor knapp über 10 Jahren die komplette Trägerschaft und sorgt seitdem dafür , dass sich die künstlerische Arbeit des Theaters - gesichert und unter ruhigen Umständen - entfalten und weiterentwickeln kann .
Die DBU hat zurzeit insgesamt 20 Angestellte . Ihr Ensemble besteht aus sechs fest angestellten Schauspielerinnen und Schauspielern aus Deutschland und Ungarn . Die Bühne arbeitet zurzeit mit Regisseurinnen und Regisseuren , Kostüm- und Bühnenbildnerinnen und -bildnern aus Deutschland , Österreich , Ungarn und Serbien zusammen . Dadurch erhält die Deutsche Bühne Ungarn fortwährend neue Impulse aus der internationalen Theaterszene .
Die DBU hat langfristig vor , ein wichtiges und wahrnehmbares kulturelles Zentrum deutscher Sprache und Kultur in Ungarn zu bleiben , das gleichzeitig den europäischen Gedanken der Einheit in Vielfalt lebt .
SB : Wer spielt an der DBU und wie deutschsprachig gestaltet sich der Alltag ?
Die Idee war , Vorstellungen auf die Bühne zu bringen , mit denen man auf Reisen gehen kann : mit wenigen Schauspieler * innen , mit kleinen Bühnenansprüchen und mit effektiver Publikumsorganisation . Die Verwaltung des Komitats Tolnau hat den Vorschlag für gut befunden . Das Kultusministerium und der Demokratische Verband der Ungarndeutschen sagten ihre Unterstützung zu . Mit den organisatorischen Aufgaben wurde das Kulturhaus „ Mihály Babits “ des Komitat Tolnau beauftragt .
SB : Was waren die Höhepunkte der letzten 40 Jahre und hat sich etwas grundlegend verändert ?
KL : Das Ensemble besteht wie gesagt aus sechs festangestellten Schauspielerinnen und -spielern , die aus Deutschland und Ungarn kommen . Des Weiteren gibt es noch einen Kreis aus Gästen , bestehend aus ca . 15 Schauspielerinnen und -spielern und Musikerinnen und Musikern aus Deutschland , Österreich und Ungarn , die in einzelnen Stücken mitwirken .
Der Alltag gestaltet sich mindestens zweisprachig ( auf Deutsch und Ungarisch ), was hin und wieder auch durch Englisch unterstützt wird .
SB : Was hat Sie persönlich zur DBU geführt ? Welche Verbindungen haben Sie zum Ungarndeutschtum ?
KL : Ich habe in Budapest BWL studiert und nahm danach ein Jobangebot in München an . Nach einem Jahr Büroarbeit fing ich meine Schauspielausbildung in München an . Ich kam Jahre später aus familiären Gründen nach Sexard und erfuhr , dass hier eine deutschsprachige Bühne ist . So habe ich mich dann als Schauspielerin beworben .
Väterlicherseits stamme ich aus einer ungarndeut-
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