Sonntagsblatt 2/2023 | Page 14

die Firmung oder die Eheschließung . Die Kleidung wurde von den Dorfbewohnern selbst angefertigt , gestrickt oder genäht , sogar der Stoff wurde selbst gewebt . Meine Ururoma war auch Näherin und kam dank ihrer Näharbeit über die Runden , nachdem sie jung Witwe geworden war .
Frisiert wurden die Jungs zwei- , dreimonatlich , wenn der Friseur samstagnachmittags oder in der Früh am Sonntag seine Kunden zu Hause aufsuchte und die Haare schnitt . Die Jungs bekamen im Sommer eine Glatze .
Schule
Die Schüler hatten nur eine Schiefertafel und einen Schiefergriffel bis zur zweiten Klasse , die sie im Ranzen trugen . Ab der dritten Klasse bekamen sie eine Feder mit Tinte . Die Tinte musste in der Schule gelassen werden . Manchmal zerbrach die Schiefertafel , da sich die Kinder unterwegs auf dem Weg nach Hause prügelten . Dafür bekamen sie zu Hause „ ihren Verdienst “. Es war in der Schule üblich , dass die Schüler eine Tatze ( Ohrfeige ) oder Schläge auf die Finger mit einem Rohrstock bekamen , wenn sie ihre Hausaufgaben vernachlässigten , die Aufgaben nicht lösen konnten - oder sogar auch , wenn sie den Kirchenbesuch schwänzten . Die Lehrer schickten sie in die Ecke , und sie mussten auf Maiskörnern knien . Es hatte sich auch ereignet , dass sich die Lehrerin an der Tafel verschrieben hatte und eine Schülerin aus diesem Grund die Aufgabe nicht lösen konnte . Dafür bekam das Kind eine Tatze , da es das zu sagen wagte . Am Abend erschien aber die Lehrerin bei der Familie und entschuldigte sich bei der Schülerin und den Eltern für die Ungerechtigkeit .
In die Schule ( Elementarschule oder Volksschule ) musste jedes Kind gehen . Es gab 130 bis 140 Schüler . Der Unterricht ging von 8.00 Uhr früh bis 12.00 Uhr mittags und dann von 13.30 Uhr bis 16.00 Uhr . Um zehn und um fünfzehn Uhr gab es eine Pause . Vor 8.00 Uhr wurde das Einmaleins gelernt und laut vorgesagt . Die Schulkinder frühstückten zu Hause . Ein zweites Frühstück gab es in der Schule um 10 Uhr : Schmalzbrot oder Obst - im Winter getrocknetes Obst ; Fleisch hatten nur die Reichen . Im Winter bekamen die Jungs eine warme Kartoffel in die Jackentasche , die ihre kalten Hände warm machen sollte . Zu Mittag beteten die Kinder den „ Engel des Herrn “ und liefen nach Hause , um etwas Warmes zu essen . „ Von der Schule nach Hause sind wir paarweise gegangen und wir mussten jeden grüßen
( Gelobt sei Jesus Christus ) und singen . Es gab immer Aufpasser . Wenn sie etwas Schlechtes von uns meldeten , wurden wir am nächsten Tag vom Lehrer bestraft “, erzählt Lissy Oma über den Nachhauseweg von der Schule .
In den 1920er und 1930er Jahren gab es nur sechs Klassen und drei Räume , aber die Kinder vom Jahrgang 1929 mussten schon acht Klassen besuchen . Im ersten Raum waren die 1 . und die 2 . Klasse . Hier lernten die Kinder die Buchstaben . Der Lehrer hieß Johann Weiszer ( Világos ). Im zweiten Raum waren die 3 . und die 4 . Klasse , ihre Lehrerin : Frau Elekes , die damals ins Dorf gekommen war . Hier lernten die Kinder fließend lesen . Im dritten Raum waren die Klassen 5 und 6 , der Lehrer war Rektor Andreas Brunner ( nach der Magyarisierung Barnabás ). Deutschunterricht gab es Dienstag vormittags und Freitag nachmittags . Religionsunterricht war auch zweimal in der Woche . Nach der Elementarschule mit sechs Jahrgangsstufen gingen die Schüler noch drei Jahre wöchentlich einen halben Tag in die Wiederholungsklasse oder Sonntagsschule . Da die Jungen schon früh auf den Feldern arbeiteten , blieben sie den Wiederholungsklassen fern . Die Mädchen waren meistens schon verlobt , so besuchten sie nach der 6 . oder 8 . Klasse die Schule auch nicht mehr . Die Jungen mussten noch anderthalb Tage bei den Levente verbringen , bis sie zum Militär gingen . Ab Jahrgang 1942 / 43 betrug die Schulpflicht 8 Jahre . Folgende Fächer wurden gelehrt : Rechnen , Lesen , Rechtschreibung , Geschichte , Erdkunde , Religion und Singen ; Religion erteilte der Pfarrer . Neben dem Lernen mussten die Kinder an der Heiligen Messe teilnehmen . Es gab täglich eine Messe um halb 8 und sonntags zwei Messen . Damals war die Kirche randvoll gefüllt . Die Messe bot den Mädchen eine gute Gelegenheit , ihre schönen Kleider zu zeigen . Im Sommer arbeiteten sie oft auf dem Ackerfeld und verdienten dort ein bisschen Geld , das sie für ihr Aussehen ausgaben .
Noch einmal zurück zur Schule : Die Klassen von Oma Lissy ( 1933-1939 ) wurden noch in Ungarisch und Deutsch unterrichtet . Ab Kriegsanfang gab es nur noch die Unterrichtssprache Ungarisch ! So musste meine Uroma Ungarisch in der ersten Klasse erlernen . Für die Parier ungarndeutschen Kinder war Ungarisch eine Fremdsprache , da sie sie nicht gesprochen haben . Da die meisten Kinder Deutsch als Muttersprache sprachen , wurden die madjarischen Kinder als Privatschüler von den Lehrern außerhalb des Schulunterrichts unterrichtet .
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