Sonntagsblatt 2/2020 | Page 9

nachschaute, wie man sich damals mit den von Minderheiten bewohnten Regionen beschäftigte. Überraschend musste ich feststellen, dass fachlich gesehen die Problemerkennung voll zutreffend war. Auch damals waren diese Regionen (Komitat Bekesch für die Slowaken, Grenzregionen an der Drau für die Kroaten und die Ostbranau für die Deutschen) von Abwanderung und wirtschaftlicher Abwicklung betroffen. Neben der Förderung der Erhaltung der kulturellen Andersartigkeit hielten die Verfasser die Wirtschaftsförderung dieser Regionen für besonders wichtig. Noch interessanter fand ich, dass man sich vorgenommen hatte, dass man eigenständige Förderprogramme für die jeweilige Minderheit entwickeln wollte, deren Budget mit Quellen aus dem Mutterland hätte ergänzt werden sollen. Natürlich wissen wir heute, dass diese Pläne nur Makulatur blieben, verwirklicht wurde davon nichts. Bemerkenswert war aber die Idee, die inhaltlich der der Bürgerinitiative des Szekler Nationalrats ähnelt und erreichen wollte, dass die Regionen mit Minderheitenbevölkerung zusätzliche Gelder für Wirtschaftsentwicklung direkt aus Brüssel bekommen sollten. Nach diesem Plan hätte man in Ungarn etwas Ähnliches entwickeln können. Es kam aber anders. Nach 2010 wurden aus dem neuen Entwicklungsplan diese Ideen entfernt. Die Wirtschaftsförderung der von Minderheiten bewohnten Regionen war nach Auffassung dieses Plans die Aufgabe der Mutterländer, Ungarn wollte da nur eine Koordinierungsrolle einnehmen. Die Realität kennen wir: Es kommen keine großen Investitionen weder aus Deutschland noch aus Österreich in die Regionen, besser gesagt nicht in die Siedlungsgebiete der Donauschwaben. Das Beispiel Südtirol zeigt am besten, wie wichtig die gute wirtschaftliche Situation einer Region für den Schutz der Minderheiten ist. Nicht aus Versehen hat der Szekler Nationalrat eine europäische Bürgerinitiative gestartet, um mehr Geld für die Wirtschaftsförderung in den Minderheitenregionen direkt von der EU bekommen zu können. Die ungarndeutsche Führung sollte das langsam auch einsehen: Alleine mit kultureller Unterstützung kann die ungarndeutsche Zukunft nicht gerettet werden. Zeitgeschehen-Geschichte Deutschungarischer Katechismus von Otto-Hermann Krause Der Deutschungarische Katechismus ist ohne Zweifel ein Produkt der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Nach dem Ausgleich 1867 verstärkten sich die nationalistischen Töne in Politik und Öffentlichkeit, Ziel war die Assimilierung der Minderheiten im Ungarischen Königreich. Der Publizist und Ministerialbeamte Otto-Hermann Krause aus Paumasch/Pomáz wollte diesen Tendenzen entgegentreten und verfasste den Deutschungarischen Katechismus, ein Frage-Antwortkatalog, der in Wien gedruckt in Heftform im ganzen Land verbreitet werden sollte. Wahrlich wirken manche Formulierungen und Sichtweisen auf uns befremdend und rufen womöglich Protest im Inneren hervor, insbesondere die negative Beschreibung der Rolle der Madjaren, die Überbewertung alles Deutschen und die rassistischen Ansichten/Textpassagen, dennoch sollte man dieses Schriftstück stets in seinem historischen Kontext betrachten. In der vergangenen Ausgabe des Sonntagsblattes (04/2019) haben wir einen Beitrag zu den Entstehungszusammenhängen des Katechismus veröffentlicht. Den Deutschungarischen Katechismus veröffentlichen wir in zwei Teilen. Es folgt Teil 2 mit den letzten 51+1 Fragen und Antworten. SoNNTAGSBLATT s 52. Haben die anderen Völker auch diese Rechte? Ja – nur die Magyaren besitzen jetzt ein größeres Recht dadurch, dass die Amtssprache in den Ministerien und im Landtage magyarisch ist. Sonst aber gebührt ihnen kein Recht, sie haben ohnedies zu viel und trotzdem nehmen sie sich noch mehr heraus. 53. Ist der Staat der Menschen wegen oder sind die Menschen des Staates wegen auf der Welt? Menschen hat es schon gegeben, bevor es Staaten gab. Die Menschen haben sich zusammengetan und sich verbunden, um Ordnung und Sicherheit zu schaffen, sie haben sich Grundsätze über das ihnen Nützliche und das allen Schädliche gegeben. So sind die Gesetze entstanden. Der Staat aber, eine Vereinigung von Menschen, muss solche Gesetze besitzen, wie sie den Bedürfnissen seiner Bewohner entsprechen. Wenn eine Minderheit allein die Gesetze gibt und den anderen aufzwingt, so ist das eine Gewaltherrschaft, die die Gesetzesform missbraucht. 54. Was sind die zehn Gebote eines Deutschungarn? 1. Sprich, wo du kannst, nur deutsch. 2. Heirate nur ein deutsches Mädchen. 3. Mit deinen Kindern sprich nur deutsch; lehre sie nur deutsch beten und trachte, sie in deutsche Schulen zu schicken oder wenigstens, wenn es keine solchen Schulen im Ort gibt, in Schulen, wo man auch deutsch lehrt. 4. Halte deine Religion hoch und ehre die Religion anderer, geh aber nur in deutsche Messen und deutsche Predigten. 5. Sei anständig und ehrlich, dass jeder, auch der Anderssprachige, dich als Deutschen achtet. 6. Achte die Sprache anderer Leute, die deine aber mehr wie alle andern. 7. Im Gemeindehaus sollst du deutsch sprechen, darum musst du nur so einen Notär dulden, der auch Deutsch kann. 8. Mit deinen Knechten, Dienstleuten sprich nur deutsch, denn der mein Brot isst, soll in meiner Sprache mit mir reden. 9. Halt dir eine anständige deutsche Zeitung. 10. Lass dich bei Abgeordnetenwahlen nicht bestechen und gib nur dem deine Stimme, der offen sagt, dass er für die Rechte der Deutschen kämpfen will. 55. Was ist das heiligste auf der Welt? Die Muttersprache, das Mutterblut! Sie sind heiliger selbst wie die Religion, denn eine Religion, die Formen des Glaubens, kann man wechseln, die Sprache und das Blut aber nicht. 56. Kann ein Deutscher überhaupt Magyare werden? Nein, ebenso wenig wie man sich eine andere Mutter oder einen anderen Vater oder gar ein anderes Gesicht verschaffen kann, als man hat, kann man aus der deutschen Haut herausfahren und statt des deutschen Blutes magyarische Blut in die Adern lassen. 57. Ist ein Deutscher, Serbe, Slovaker oder Rumäne, weil er in Ungarn geboren ist, ein Magyare? Das behaupten ja unsere sogenannten Patrioten. Einem solchen aber soll man sagen? Ist ein Füllen, das in einem Kuhstall geworfen wird, kein Pferd? Oder kann man auf eine Eiche Paprika pfropfen? 58. Ist es eine Sünde, die Muttersprache zu vernachlässigen? Mehr wie eine Todsünde, denn die Muttersprache ist so wie das Mutterblut von unserem Herrgott gegeben und der sie missachtet, missachtet Gott! Er schädigt die Kinder fürs ganze Leben. Denn nur dann können sie anständige, gescheite, nützliche Menschen werden, wenn sie sich in der Muttersprache ausbilden können. (Fortsetzung auf Seite 10) 9