Sonntagsblatt 2/2019 | Page 21

dell „eine Erzieherin - eine Sprache” gelegt. Ein anderer junger Herr ergänzt später in Unterzemming, dass in Oberzemming die Über-50-Jährigen durchweg das Wendische im Alltag benutzten – somit scheinen sie im Vergleich zu uns Ungarndeutschen einen „Vorsprung” von einer Generation zu haben, jetzt abgesehen von möglichen regionalen Unterschieden bei uns Deutschen. Beide jungen Damen weisen auch auf ein anderes Phänomen hin, was Auswirkungen auf den Gebrauch des Wendischen hat: den Zuzug von Menschen, meist Madjaren, aus anderen Orten, viele von ihnen aus der Hauptstadt. Diese Entwicklung habe ich auch andernorts wahrnehmen können: neulich im burgenländi- schen Unterwart (siehe Reisenotizen (7) in dieser Ausgabe) oder in Ödenburg vor zwei Jahren. Von dieser Zuwanderung oft auch aus anderen Teilen des Landes ist auch der Nachbarort Unter- zemming betroffen, einst eine Gemeinde mit deutscher Bevölke- rung. „Es gibt kaum noch Alteingesessene, oft fühle ich mich hier fremd”, berichtet ein Mittsiebziger deutscher Nationalität. Dieses Gefühl des Verlustes hat dabei auch historische Gründe: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sechs-sieben Großfamilien ver- trieben, der größere Aderlass erfolgte nach Erinnerungen meiner Gesprächspartner 1956, infolge dessen sich viele Slowenen, un- weit der österreichischen Grenze, niederließen, so dass sie heu- te etwa ein Fünftel der Bevölkerung der einst deutschen Gemein- de stellen. Sprachlich wären sie bis auf ein-zwei Familien aber weitgehend assimiliert, dies gelte auch für viele der alteingeses- senen Deutschen, von denen es – so der Eindruck des älteren Herrn – nicht mehr viele gäbe. Vor allem an jungen Menschen fehle es - in einer nie wirklich bevölkerungsreichen Gegend. Die verbliebenen deutschen Schulkinder besuchen entweder die slo- wenisch-ungarisch zweisprachige Oberzemminger Grundschule oder eine Einrichtung im nahe gelegenen St. Gotthard. Einer meiner Gesprächspartner in der Dorfkneipe betont hingegen, dass 80-90 % der Dorfbewohner in Unterzemming in der Lage wären, mit einem Österreicher zu kommunizieren, was sicherlich mit der Häufigkeit der Arbeitsaufnahme im Nachbarland zu tun hat. Dennoch sind in Unterzemming alle öffentlichen Aufschrif- ten dreisprachig, Straßennamen inbegriffen. Selbst die Deut- sche Nationalitätenselbstverwaltung empfängt ihre Besucher mit einem dreisprachigen Schild. Ein etwas anderes Bild wie in den von Madjaren bewohnten Ortschaften auf der slowenischen Sei- te, wo man seltener auf zweisprachige Schilder stößt. Trotzdem, so der Eindruck zweier junger Gesprächspartner, seien aktive Ungarischkenntnisse im Kreise der slowenienmadjarischen Ju- gendlichen viel verbreiteter als aktive Slowenischkenntnisse im Kreise ungarnslowenischer Jugendlicher. Der Schild der örtlichen deutschen Selbstverwaltung Aber auch das Slowenische spiele zunehmend eine Rolle, so ein junger Mann Ende 20, der in Marburg/Maribor Bachelor stu- diert hat und in einer Mischehe aufgewachsen ist. Er nennt als Beispiel die Ansiedlung zweier slowenischer Firmen im Indust- riegebiet von Sankt Gotthard. Meine Gesprächspartner aus der Unterzemminger Kneipe meinen, dass fast alle Oberzemminger aus den Generationen unter 50 in der Lage wären, mit den Slo- wenen von drüben zu kommunizieren – aber eben würden sie das Slowenische im Alltag nicht mehr als Muttersprache ver- wenden. Diesem Prozess des Muttersprachenverlusts leistet SoNNTAGSBLATT wiederum die Katholische Kirche Vorschub. Nach langen Jahren des Dienstes von slowenischsprachigen Geistlichen (erstaunli- cherweise findet man aber so gut wie keine slowenischsprachi- gen Grabmäler im Friedhof) haben die wendischen Dörfer der Umgebung seit 2010 einen madjarischen Pfarrer, der des Slo- wenischen, so mein Eindruck, ein wenig mächtig ist, dennoch ungarische beziehungsweise – wie er bestätigt – zweisprachige Messen lese - aber doch eher ungarische und schmunzelt da- bei, was bei mir ein seltsames Gefühl hinterlässt. Was das in der Praxis bedeutet, das bestätigen ältere Damen, die vor der Kirche auf den Messbeginn warten: slowenische Liturgie mit ungarischer Predigt. Alle drei Wochen würde ein slowenischer Geistlicher aus Slowenien eine Messe auf Wendisch lesen. Die Unterzemminger haben es dabei noch schlechter – deutsche Messen? Fehlanzeige - und das einen Kilometer vom nächsten österreichischen Dorf entfernt! Sonntagsblatt und Wirtschaft s Mit ungarndeutschen Ortsnamen zum Erfolg Wudigesser Firma Zaunsystem GmbH deckt das deutschsprachige Ausland mit „ungarndeutschen” Zäu- nen ein Von Richard Guth Jeine, Wudersch, Schaumar, Werischwar, Maan und Edeck – Ortsnamen, die den meisten Sonntagsblatt-Lesern geläufig sind. Ortsnamen, die womöglich auch in immer mehr schweizeri- schen, österreichischen und deutschen Haushalten Gegenstand von Familiengesprächen sind. „Als wir durch die Ortschaften der Umgebung fuhren und die deutschen Ortsnamen lasen, kam uns die Idee, dass wir unsere Zaunmodelle nach diesen benennen könnten”, erzählt Stevan Kraljevic, Geschäftsführer der Zaunsys- tem Kft. (GmbH) in Wudigess / Budakeszi. Das Familienunternehmen wurde 1988 als Eisenhandelsfirma vom Schwiegervater des Geschäftsführers gegründet – heute hat das Familienunternehmen mehrere Standbeine: Neben der Herstellung von Metallprodukten, die unter anderem an die be- rühmte Metallfirma ISD Dunaferr AG geliefert werden, stellt es für die Endkunden im deutschsprachigen Ausland Zaunsysteme her. Dabei sei Qualität oberstes Gebot, so Kraljevic, und demonstriert dies an einem Arbeitsprozess, der in der Produktionshalle gerade stattfindet: Das Ebnen einer Metallstange, was eine doppelte Be- arbeitungszeit wie bei herkömmlichen Methoden bedeuten wür- de, dafür aber für Qualität sorge. Die einzelnen Teile des Zaunes werden von eigenen Mitarbeitern zusammengeschweißt, dabei bemühe man sich, die Stellen, an den die Schweißer arbeiteten, unsichtbar zu machen. Das Verzinken überlässt man nach Wor- Folgen Sie dem Sonntagsblatt und der JBG auch auf Facebook: facebook.com/sonntagsblatt.hu facebook.com/jbg.hu 21