Was die Sprachkenntnisse der Jüngeren anbelangt, äußert er
Zweifel, wenngleich Kindergarten und Schule auch nach Aus-
sagen meiner Gesprächspartner zweisprachig sind. „Gut Drei-
viertel der Kinder in Kindergarten und Schule sind Kinder von
Neuzugezogenen. Unser Problem ist, dass wir zu wenige Kinder
haben. Früher war das anders, die Bauernfamilien hatten zehn-
zwölf Kinder, von denen ja zwar einige im Kindesalter verstor-
ben sind, aber die Familien waren so viel größer als heute”, so
der ehemalige Versicherungskaufmann. „Das größte Problem ist
das Fehlen von Arbeitsplätzen. Aus der Umgebung von Ober-
wart pendeln jeden Tag mit Bus und Bahn 3800 Menschen nach
Wien. Es gibt zwar auch immerhin 460 Arbeitsplätze in den
hiesigen Industrie- und vor allem Dienstleistungsunternehmen,
aber nicht alle sind Vollzeitstellen. Die meisten Betriebe sind im
Gemeindegebiet Unterwart angesiedelt, was der Gemeinde Ein-
nahmen bringt”, so der 82-Jährige. Sein Werdegang zeigt auch
die Strukturschwäche des Ortes, denn er selbst arbeitete jahr-
zehntelang im Wiener Süden. „Nur wenige haben das Glück, vor
Ort eine einträgliche Anstellung zu finden”, ergänzte er. Abwan-
derung sei dabei ein historisches Phänomen in dieser Region:
Er berichtet davon, dass lange die gräfliche Familie Erdődy der
größte Arbeitgeber des Ortes war – die Familie besaß nach An-
gaben des 82-Jährigen 11 Meierhöfe in der Umgebung; seine
Großeltern hätten noch beim Grafen gearbeitet. Das geringe An-
gebot an Arbeitsmöglichkeiten führte auch zur Auswanderung
nach Amerika, 87.000 Menschen insgesamt verließen nach sei-
nen Angaben das Burgenland. „Ich habe mehr Verwandte in den
USA als hier”, schmunzelt er.
Und in der Tat begegne ich auf Schritt und Tritt Menschen über
50-60 Jahre, die meisten sind aber wohl im Rentenalter – was
natürlich kein repräsentatives Ergebnis ist, sondern ein flüchtiger
Eindruck. Nach Angaben meines 88-jährigen Gesprächspartners
bemühe sich die Bürgermeisterin Klara Liszt, selber ehemalige
Schulleiterin in Wien, Stellung und den zweisprachigen Charak-
ter der Bildungseinrichtungen zu stärken. Im Dorf trifft man auf
Schritt und Tritt auf ungarischsprachige Inschriften und Informa-
tionen: So sind das Ortsschild, die Aufschriften auf öffentlichen
Gebäuden, die Straßenschilder sowie viele Aushänge an den
Bildungseinrichtungen, dem Ungarischen Medien- und Informa-
tionszentrum und der Kirche zweisprachig. Offizielle Bekannt-
machungen sowie kommerzielle Aufschriften und Informationen
sind hingegen fast ausschließlich auf Deutsch verfügbar, was
dem Gebrauch der ungarischen Sprache doch Grenzen setzt.
partner mit Respekt spricht, nicht weniger respektvoll spricht er
von Ireneus Galambos, der 25 Jahre lang Pfarrer in Unterwart
war und genauso dem Orden der Benediktiner angehört wie
der jetzige Pfarrer Adalbert Gáspár. Der Friedhof, meine letzte
Station, zeugt auch vom Gebrauch der ungarischen Sprache in
Unterwart: Die Mehrheit der Grabmäler sind auf Ungarisch, mit
einer gewissen Tendenz zum Deutschen.
Reisenotizen (8)
Gornji Senik - Unterzemming
Von Richard Guth
Es ist nicht mein erster Besuch im Slowenischen Raabgebiet,
wie man das auf Ungarisch „Vendvidék” genannte Gebiet im
Dreiländereck im Südwesten Ungarns auf Deutsch nennt. Die
Ureinwohner, die ungarländischen Slowenen, nennen dieses
Gebiet im Übrigen Slovensko Porabje. Ihre Zahl schätzt man in
diesem Gebiet auf etwa 3000 und sie stellen trotz Bevölkerungs-
bewegungen wie Zu- und Abwanderung sicherlich immer noch
die Mehrheit der Bevölkerung.
Eine Landschaft empfängt den Besucher, die eher an Öster-
reich und Slowenien erinnert als an Ungarn – und in der Tat,
das Slowenische Raabgebiet zählt man zum Voralpenland. Auch
die Siedlungsstruktur mit kleinen Kerndörfern und zerstreuten
Bauernhöfen mit großen Grundstücken verstärken diesen Ein-
druck. Wenn der Besucher von Slowenien aus das Slowenische
Raabgebiet ansteuert, dann fällt auf, was sich im Übrigen auch
statistisch belegen lässt: Das Raabgebiet auf der slowenischen
Seite ist wohlhabender als auf der ungarischen Seite. Dies mag
sicherlich auch historische Gründe haben, war das Grenzgebiet
besonders ungarischerseits streng bewacht – also ganz schön
abgelegen, was beispielsweise in der DDR zum Sterben ganzer
Landstriche in der so genannten Todeszone bedeutete.
Im Vergleich zu Ungarn scheint die Möglichkeit des Gebrauchs
der ungarischen Sprache im religiösen Leben viel größer zu
sein. Jeden Sonntag findet eine Messe auf Ungarisch statt, die
Sprache der Werkstagsmessen bestimme derjenige, für dessen
Angehörige die Messen gelesen werden, so mein 88-jähriger
Gesprächspartner. Viele der Aushänge sind zweisprachig, der
Pfarrer ein Siebenbürger Madjare, von dem mein Gesprächs-
WIR Bedanken UNS bei Allen unseren
LANDSLEUTEn IN UNGARN, Die DAS 1 %
IHRER STEUER UNSEREM VEREIN
ZUKOMMEN Ließen.
jakob bleyer
GEMEINSCHAFT e . V .
20
Lebensmittelgeschäft in Oberzemming
Gornji Senik, zu Deutsch Oberzemming, gilt gemeinhin als
Zentrum der ungarländischen Slowenen. So wird das Dorf von
zweisprachigen Schildern gesäumt, man hört hier und da ein
slowenisches oder - wie es hier heißt - wendisches Wort. Der
Ort verfügt über eine zweisprachige Grundschule, aber wie unter
meinen Gesprächspartnern eine junge Frau Anfang 30 erzählt,
die Jugendlichen würden sich auch in dieser Hochburg der Slo-
wenen vornehmlich der ungarischen Sprache bedienen. Eine
junge Dame Anfang 20, die auch in der slowenischen Jugend-
arbeit aktiv ist, liefert eine mögliche Erklärung dafür: Bis vor fünf
Jahren sei diese Schule nur dem Namen nach zweisprachig ge-
wesen, in der Wahrheit habe man fünf Slowenischstunden pro
Woche gehabt, Fachunterricht hingegen nur auf Ungarisch er-
teilt. Im Kindergarten habe man hingegen stets Wert auf das Mo-
SoNNTAGSBLATT