dell „eine Erzieherin - eine Sprache” gelegt. Ein anderer junger
Herr ergänzt später in Unterzemming, dass in Oberzemming die
Über-50-Jährigen durchweg das Wendische im Alltag benutzten
– somit scheinen sie im Vergleich zu uns Ungarndeutschen einen
„Vorsprung” von einer Generation zu haben, jetzt abgesehen von
möglichen regionalen Unterschieden bei uns Deutschen.
Beide jungen Damen weisen auch auf ein anderes Phänomen
hin, was Auswirkungen auf den Gebrauch des Wendischen hat:
den Zuzug von Menschen, meist Madjaren, aus anderen Orten,
viele von ihnen aus der Hauptstadt. Diese Entwicklung habe ich
auch andernorts wahrnehmen können: neulich im burgenländi-
schen Unterwart (siehe Reisenotizen (7) in dieser Ausgabe) oder
in Ödenburg vor zwei Jahren. Von dieser Zuwanderung oft auch
aus anderen Teilen des Landes ist auch der Nachbarort Unter-
zemming betroffen, einst eine Gemeinde mit deutscher Bevölke-
rung. „Es gibt kaum noch Alteingesessene, oft fühle ich mich hier
fremd”, berichtet ein Mittsiebziger deutscher Nationalität. Dieses
Gefühl des Verlustes hat dabei auch historische Gründe: Nach
dem Zweiten Weltkrieg wurden sechs-sieben Großfamilien ver-
trieben, der größere Aderlass erfolgte nach Erinnerungen meiner
Gesprächspartner 1956, infolge dessen sich viele Slowenen, un-
weit der österreichischen Grenze, niederließen, so dass sie heu-
te etwa ein Fünftel der Bevölkerung der einst deutschen Gemein-
de stellen. Sprachlich wären sie bis auf ein-zwei Familien aber
weitgehend assimiliert, dies gelte auch für viele der alteingeses-
senen Deutschen, von denen es – so der Eindruck des älteren
Herrn – nicht mehr viele gäbe. Vor allem an jungen Menschen
fehle es - in einer nie wirklich bevölkerungsreichen Gegend. Die
verbliebenen deutschen Schulkinder besuchen entweder die slo-
wenisch-ungarisch zweisprachige Oberzemminger Grundschule
oder eine Einrichtung im nahe gelegenen St. Gotthard. Einer
meiner Gesprächspartner in der Dorfkneipe betont hingegen,
dass 80-90 % der Dorfbewohner in Unterzemming in der Lage
wären, mit einem Österreicher zu kommunizieren, was sicherlich
mit der Häufigkeit der Arbeitsaufnahme im Nachbarland zu tun
hat. Dennoch sind in Unterzemming alle öffentlichen Aufschrif-
ten dreisprachig, Straßennamen inbegriffen. Selbst die Deut-
sche Nationalitätenselbstverwaltung empfängt ihre Besucher mit
einem dreisprachigen Schild. Ein etwas anderes Bild wie in den
von Madjaren bewohnten Ortschaften auf der slowenischen Sei-
te, wo man seltener auf zweisprachige Schilder stößt. Trotzdem,
so der Eindruck zweier junger Gesprächspartner, seien aktive
Ungarischkenntnisse im Kreise der slowenienmadjarischen Ju-
gendlichen viel verbreiteter als aktive Slowenischkenntnisse im
Kreise ungarnslowenischer Jugendlicher.
Der Schild der örtlichen deutschen Selbstverwaltung
Aber auch das Slowenische spiele zunehmend eine Rolle, so
ein junger Mann Ende 20, der in Marburg/Maribor Bachelor stu-
diert hat und in einer Mischehe aufgewachsen ist. Er nennt als
Beispiel die Ansiedlung zweier slowenischer Firmen im Indust-
riegebiet von Sankt Gotthard. Meine Gesprächspartner aus der
Unterzemminger Kneipe meinen, dass fast alle Oberzemminger
aus den Generationen unter 50 in der Lage wären, mit den Slo-
wenen von drüben zu kommunizieren – aber eben würden sie
das Slowenische im Alltag nicht mehr als Muttersprache ver-
wenden. Diesem Prozess des Muttersprachenverlusts leistet
SoNNTAGSBLATT
wiederum die Katholische Kirche Vorschub. Nach langen Jahren
des Dienstes von slowenischsprachigen Geistlichen (erstaunli-
cherweise findet man aber so gut wie keine slowenischsprachi-
gen Grabmäler im Friedhof) haben die wendischen Dörfer der
Umgebung seit 2010 einen madjarischen Pfarrer, der des Slo-
wenischen, so mein Eindruck, ein wenig mächtig ist, dennoch
ungarische beziehungsweise – wie er bestätigt – zweisprachige
Messen lese - aber doch eher ungarische und schmunzelt da-
bei, was bei mir ein seltsames Gefühl hinterlässt. Was das in
der Praxis bedeutet, das bestätigen ältere Damen, die vor der
Kirche auf den Messbeginn warten: slowenische Liturgie mit
ungarischer Predigt. Alle drei Wochen würde ein slowenischer
Geistlicher aus Slowenien eine Messe auf Wendisch lesen. Die
Unterzemminger haben es dabei noch schlechter – deutsche
Messen? Fehlanzeige - und das einen Kilometer vom nächsten
österreichischen Dorf entfernt!
Sonntagsblatt und Wirtschaft
s
Mit ungarndeutschen
Ortsnamen zum Erfolg
Wudigesser Firma Zaunsystem GmbH deckt das
deutschsprachige Ausland mit „ungarndeutschen” Zäu-
nen ein
Von Richard Guth
Jeine, Wudersch, Schaumar, Werischwar, Maan und Edeck
– Ortsnamen, die den meisten Sonntagsblatt-Lesern geläufig
sind. Ortsnamen, die womöglich auch in immer mehr schweizeri-
schen, österreichischen und deutschen Haushalten Gegenstand
von Familiengesprächen sind. „Als wir durch die Ortschaften der
Umgebung fuhren und die deutschen Ortsnamen lasen, kam uns
die Idee, dass wir unsere Zaunmodelle nach diesen benennen
könnten”, erzählt Stevan Kraljevic, Geschäftsführer der Zaunsys-
tem Kft. (GmbH) in Wudigess / Budakeszi.
Das Familienunternehmen wurde 1988 als Eisenhandelsfirma
vom Schwiegervater des Geschäftsführers gegründet – heute
hat das Familienunternehmen mehrere Standbeine: Neben der
Herstellung von Metallprodukten, die unter anderem an die be-
rühmte Metallfirma ISD Dunaferr AG geliefert werden, stellt es für
die Endkunden im deutschsprachigen Ausland Zaunsysteme her.
Dabei sei Qualität oberstes Gebot, so Kraljevic, und demonstriert
dies an einem Arbeitsprozess, der in der Produktionshalle gerade
stattfindet: Das Ebnen einer Metallstange, was eine doppelte Be-
arbeitungszeit wie bei herkömmlichen Methoden bedeuten wür-
de, dafür aber für Qualität sorge. Die einzelnen Teile des Zaunes
werden von eigenen Mitarbeitern zusammengeschweißt, dabei
bemühe man sich, die Stellen, an den die Schweißer arbeiteten,
unsichtbar zu machen. Das Verzinken überlässt man nach Wor-
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