Sonntagsblatt 2/2019 | Page 11

me vom Jubiläum, die man im Internet hochgeladen hat. Kon- feriert wird die Feierstunde von einem leitenden Chormitglied ausschließlich auf Ungarisch. Die einzige Person, die in diesem Mitschnitt die deutsche Sprache benutzt, ist der Vorsitzende der örtlichen deutschen Selbstverwaltung, aber auch er wechselt nach drei Sätzen ins Ungarische, was von Gelächtern (der Er- leichterung oder der Gewohnheit) begleitet wird. Im deutschen Teil sendet die Moderatorin deutliche Signale hinaus, als ver- stünde sie Deutsch. Warum verwendet sie Deutsch nicht? Weil das irgendwie nicht mehr erforderlich sei, da ja alle des Ungari- schen mächtig sind und es vor sechzig Jahren verpönt war, in der Öffentlichkeit deutsch zu sprechen?! Weil man die Sprache nicht mehr von zu Hause aus spricht und daran auch die Schu- le einen maßgeblichen Anteil hatte? Hat man aber schon mal von Vorbildfunktion gehört, gerade für die kommenden Gene- rationen? Gäbe es nicht die Möglichkeit diese Ahnensprache nachträglich zu lernen und zur Übung mit anderen zusammen zu sprechen? Was macht dann das „Deutschsein” dieses Cho- res aus? Dass sie auch ein paar deutsche Lieder singen oder deutscher Abstammung sind?! Ich fürchte, das ist zu wenig. Da kommen mir die Worte der slowakeimadjarischen Forsche- rin Dr. Zsuzsanna Lampl-Mészáros, mit der wir in der letzten Ausgabe des Sonntagsblattes ein Interview geführt haben (SB 01-2019), in den Sinn: Ohne Sprachgebrauch keine Identität. Google Maps, Facebook: Ungarndeutsche Ortsnamen sucht man vergebens auf Online-Landkarten Von Stefan Pleyer Wenn die Südtiroler sich unterwegs oder zu Hause im Netz mit Hilfe der italienischen Google-Maps-Landkarte orientieren möchten, können sie die dortigen Ortsnamen in ihrer deutschen Version lesen - die Deutschbelgier, die Deutschböhmen, die El- sass-Lothringer genauso. Auch in Ungarn zeigen die Bildschirme der Handys, Computer und Tablets ganze Gebiete, wo elektro- nisch Minderheitensprachen verwendet wurden: Z.B. die ganze Branau und noch weitere Landesteile verfügen über zahllose kroatische Ortsnamen. Dahingegen abgesehen von Ödenburg und der Totiser Kolonie gar keine ungarndeutschen… Stellen wir etwas sofort am Anfang klar: Es ist im Leben einer Nationalität äußerst wichtig, wenn ein zusätzliches Ortsschild in der Namensvariante einer Minderheit am Ortseingang installiert wird - so merkt man sofort, dass es hier, in der Ortschaft, eine Bevölkerungsgruppe gibt, die das jeweilige Dorf anderswie nennt als die Mehrheit und das ist Teil ihrer Identität. In unserer komple- xen, bunten Welt erscheinen jedoch auch andere Dimensionen dieser Frage. Für die heutigen jüngeren Menschen ist es eben- falls wichtig, dass sie diese Identitätselemente, in unserem Falle die deutschen Namen der ungarischen Dörfer und Städte, auch auf modernen Online-Plattformen benutzen könnten. Im Jahre 2019 studieren nur noch wenige gedruckte Landkarten, die Mehrheit plant die Dienstreisen, Urlaube vor dem Compu- ter mithilfe von Google Maps oder anderen Applikationen, also Anwendungen. Die X-Y-Generationen leben ein sehr aktives Le- ben beispielsweise auf Facebook oder Instagram, wobei sie den Hochgeschätzten darüber informieren wollen, wie und wo sie ihre Tage verbracht haben und die Jugendlichen fügen dabei zu Ereignissen Orte. Im Kreise von Minderheitenangehörigen sind ähnliche Tendenzen zu beobachten. SoNNTAGSBLATT Die Praxis der europäischen auslandsdeutschen Volksgruppen zeigen ein positives Gesamtbild: In Südtirol, Elsaß-Lothringen, im deutschsprachigen Teil Belgiens und im ehemaligen Deutsch- böhmen (also dort, wo es auch heute deutsche Bevölkerung gibt) wurden die Namen der Siedlungen auf Google Maps übersetzt und auf der Karte eingetragen, in Nordschleswig nur die größe- ren Städte. Bei uns in Ungarn ist dieses Vorgehen auch nicht unbekannt und manche Minderheiten nutzen das: Schalten wir die ungarische Karte bei Google auf Kroatisch um - es scheint so, als gehöre die ganze Branau zu Kroatien - die kleinsten Dör- fer tragen stolz die kroatischen Namen online (auch landesweit merken wir die Spuren der emsigen kroatischen Online-Namens- geber, Andzabeg-Érd, Kestel-Keszthely, Dundus-Gyöngyös, usw.). Jedoch wenn wir im Menü die Sprache Deutsch wählen, findet man in Ungarn nur ein paar deutsche Ortsbezeichnungen wie Ödenburg, Gran, Jahrmarkt, aber keine weiteren deutschen Ortsnamen. Bereits stellten viele Internetnutzer die Frage an Google oder formulierten diese in Foren, wie man dieses Problem beheben könnte. Anscheinend folgt die Firma Google bei der deutschen Namensgebung keinen klaren Grundsätzen, was auf die Karten soll und was nicht. Auf jeden Fall stehen wir einer Aufgabe ge- genüber, Google darüber zu informieren und von der Notwendig- keit der Veränderung zu überzeugen, da wenn diese Funktion der ungarndeutschen Ortsnamen auch für das Volk von Face- book und Instagram erreichbar wäre, bedeute dieses winzige Plus noch einen weiteren Kompass im Alltag und nicht nur im topographischen Sinne. Zeitgeschehen-Geschichte s Jubiläumsjahr für Schambecks berühmten Sohn Josef Gungl - vor 210 Jahren geboren – vor 130 Jahren gestorben Von Georg Krix Ein Komponist, der - wie es auch heute noch ist - bei Bega- bung und etwas Glück und Erfolg gerne in die Metropolen zog. Josef Gungl (geb. am 1. Dezember 1809 in Schambeck/Zsám- bék, gest. am 31. Januar 1889 in Weimar) zählte dazu. Sein Dorflehrer unterwies ihn als erster in Musik. Später, als er Lehrergehilfe im Heimatbereich war, unterrichtete ihn der Re- genschori Saemann in Ofen (Buda). 1828 rückte er nach Pest ein, 1835 ging er als Obrist zum 4. Artellerie-Regiment nach Graz, wo er nach dem Abschied des Kapellmeisters dessen Posten antreten durfte. Dort führte er die Orchestermusik (mit Saiteninstrumenten) für öffentliche Vergnügungen ein. Gungl wurde der „Gratzer Strauß“ genannt. 1836 schrieb er seine erste Komposition, den „Ungarischen Marsch“. Insgesamt schuf er 436 Werke (Märsche, konzertante Walzer, Polks und andere Tänze). Seine Werke wurden in aller Welt verlegt: in Russland, England, Italien, Amerika und Australien. Beim Militär blieb Gungl bis zum April 1843. Mit einer daraufhin gegründeten Kapelle aus 16 steirischen Mu- sikern unternahm er eine Tournee durch Oberösterreich, nach München, Augsburg, Nürnberg und Frankfurt am Main. Im Herbst desselben Jahres stellte er in Berlin eine 36 Mann starke Kapelle (Fortsetzung auf Seite 12) 11