Sonntagsblatt 2/2017 | Page 10

dienste und sonstiger kirchlicher Programme befriedigen würden .
Dem widerspricht der Eindruck von Johann Flodung , dem Vorsitzenden der Deutschen Selbstverwaltung Fünfkirchen . Man gewinne den Eindruck , dass man meistens nicht den Wünschen der Gläubigen entspräche , obwohl man diese auch in Anhörungen der deutschen Selbstverwaltungsorganen und im Gespräch mit Bistumsvertetern thematisieren würde . „ Ob mangelndes Interesse , wenig Kapazitäten oder andere Gründe dabei eine Rolle spielen , kann ich nicht beurteilen ”, so Flodung . Auch bei der Besetzung der Pfarrerstellen würde man wenig Rücksicht auf die Wünsche der Gläubigen nehmen ( auf meine diesbezügliche Frage erhielt ich vom Bistum leider keine Antwort ). Diese hängt nach Eindruck des gewählten Vertreters der Ungarndeutschen in Fünfkirchen auch damit zusammen , dass die Katholische Kirche „ allgemein ein „ Nachwuchs-Problem ” hat .“ Nichtsdestotrotz sei es eine Aufgabe der aus Steuermitteln finanzierten Kirche , die muttersprachliche Seelsorge sicherzustellen , „ auch wenn es nur um wenige » Mutter - sprachler « geht ”. Interessant wäre in diesem Zusammenhang auch die Frage , ob sich das Bistum bemüht , Wünsche und Nachfrage zu generieren oder wenigstens die Gemeinden zu ermuntern , ihre verbrieften Rechte einzufordern . Auf diese Frage erhielt ich vom Bistum leider auch keine Antwort .
Was die Vorbereitung des Priesternachwuchses auf die Seelsorge insbesondere in deutscher Sprache anbelangt , räumt hier das Bistum indirekt Versäumnisse ein : „ Unsere angehenden Priester besuchen Seminare in Budapest , Gran und im Ausland . Gegen - wärtig lernen zwei angehende Priester kroatisch , damit sie diese Kenntnisse in der Seelsorge einsetzen können . Deutsch als Weltsprache könnte beim Studium mehrerer unserer Nachwuchs - priester präsent sein , aber genaue Angaben darüber haben wir keine . Im Priesterseminar lernt übrigens jeder Fremdsprachen .“ Einig scheinen sich Bistum und städtische deutsche Selbstver - waltung darin zu sein , dass es keine Selbstverständlichkeit mehr sei , deutschsprachigen kirchlichen Programmen , falls diese dann angeboten werden , beizuwohnen und sich für diese aktiv einzusetzen . „ In den letzten 25 Jahren waren es einige Vertreter der Ungarndeutschen in Fünfkirchen und in der Branau , die zuerst dafür wortwörtlich gekämpft , später gearbeitet haben , dass deutschsprachige Gottesdienste in der Innenstädtischen Kirche stattfinden und landesweit ausgestrahlt werden können . Einige von diesen Menschen sind leider nicht mehr unter uns , andere würden gerne die Messen besuchen , aber sie sind nicht mehr in der Lage , auch an der Vorbereitung dieser Messen teilzunehmen ”, so Johann Flodung . „ Unsere Erfahrungen zeigen , dass die Wünsche , Ansprüche manchmal kraftvoll und laut erhoben werden , aber wenn zum Ereignis selbst kommt , werden die Er - wartungen angesichts der Zahl der Anwesenden oft enttäuscht “. Quo vadis ?, könnte die Frage lauten . Im Falle des deutschen Gottesdienstes in der Hauptstadt der Branau jedenfalls arbeite man mit Hochdruck an einer Lösung . Vorübergehend ergriff nach Worten von Johann Flodung der deutsche Referent des Bistums , Stefan Wigand , die Initiative , hält als Stadtpfarrer deutsche Messen in Bonnhard . Die Deutsche Selbstverwaltung Fünfkirchen veranstaltete im März einen Workshop , wo mehrere Möglichkeiten zur Sprache kamen , aber die allesamt eine Erweiterung beziehungsweise Weiterentwicklung bedeuteten : die Öffnung der Gottes - diens te in Richtung anderer deutschsprachiger , christlicher Gemeinden , die Organisierung von deutschsprachigen , katholischen Kindermessen und die Ausweiterung der Gottesdienste auf Landesebene , wo die einzelnen ungarndeutschen Regionen des Landes die Organisation periodisch übernehmen könnten ( es geht ja hier wegen der Überstrahlung im Radio um eine Messe mit überregionaler Bedeutung ). Man hofft , eine Lösung gar bis zum Deutschen Tag in Fünfkirchen Mitte September zu finden .
Auch , wenn die Frage der deutschen Messe in Fünfkirchen letzten Endes geklärt wird , bleibt die Frage der deutschsprachigen Seelsorge in ihrer Gesamtheit ungelöst . Eine Mammutaufgabe für alle : die Bistümer , die Priester , die deutschen Selbstverwaltungs - organe und die Gläubigen . Die Chancen auf eine Lösung schwinden angesichts Überalterung , sprachlicher und kultureller Assi - milation , Verweltlichung , Apathie , Fortlebens hierarchischer Struk turen und fehlenden Priesternachwuchses von Tag zu Tag . Aber sie bestehen noch .
Begleittext :
Schwäbische Pfarrer und schwäbisches Zuhause : Wo sind sie geblieben ?
Von Johann Till , Wemding / Ofalla
Rückblickend auf meine Jugendzeit , erkenne ich , war die Stellung und das Verhalten unserer „ geistlichen Herren ” für uns Schwaben - kinder von nicht zu unterschätzender Bedeutung . Sie waren die ersten Führungspersonen , gleichsam als Autoritäten , die nach unseren Eltern auf uns einwirkten . Da wir ja schon vor dem Schul - alter jeden Sonntag mitgingen in die Sonntagsmesse , selbst zu Wallfahrten ( Zicko ), dort im Anschluss oft vom Pfarrer angesprochen wurden , war der Pfarrer , schon vor dem Lehrer , die erste öffentliche „ Pilotperson ”, die auf uns einwirkte . Ich hatte das Glück in meiner Heimatgemeinde Ofalla einem ausgesprochen liebenswürdigen und auf Menschen sehr offen zugehenden Pfarrer in der Person von Franz Kaufmann zu begegnen . Er stammte aus Nyomja , einem kleinen schwäbischen Dorf bei Petschwar , das eingegangen ist in die Gemeinde Surgetin . Breites Lachen und schwäbische Mundart waren selbstveständliche Begleitmomente bei Begegnungen mit ihm . Sein offen de - monstriertes Bekenntnis zu seiner schwäbischen Herkunft war für uns Schwabenkinder , die wir später in der Schule für den Ge - brauch unserer schwäbischen Muttersprache oft Strafarbeiten schreiben mussten , sehr wohltuend . Um die Jahre 1947 – 1960 , als die antischwäbische Hetze und eine allgemeine ethnische Dis - kriminierung auf uns Ungarndeutschen hereinfielen , empfanden wir die Person und den Umgang unseres Pfarrers in unserer schwä bischen Gemeinde als eine freundschaftliche Geborgene - heit , eine Art Sicherheit auch außerhalb der Familie . Unsere Leh - rer , die ja ebenfalls schwäbischer Abstammung waren , vermieden strikt jeglichen Gebrauch eines deutschen Wortes . Im Gegenteil , sie verteilten schriftliche Strafarbeiten , wenn wir beim Schwätzen in der Muttersprache auf dem Schulhof erwischt wurden . Die Messfeier und die Gebete vor dem Reiligionsunterricht , ebenso das Beichtgespräch , verliefen bei Pfarrer Kaufmann ebenfalls deutsch .
Wegen seinem konsequenten Verhalten gegen die Anweisungen von oben wurde Pfarrer Kaufmann vom Bischof in Fünfkirchen dann auch aus unserer rein schwäbischen Gemeinde in eine rein ungarische versetzt . Sein vorgesetzter Bischof nahm ihn nicht in Schutz . Sein Ansehen in der Gemeinde war groß und basierte nicht so sehr auf seiner amtlichen Autorität , sondern auf seinem überzeugenden , einfühlsamen Umgang mit den Menschen im Dorf . Auf seiner Glaubhaftigkeit und Standhaftigkeit , seiner vorgelebten Bescheidenheit und Sittlichkeit , ja , und auch auf seiner ansteckenden Lebensfreude , die ansteckend wirkte . Sie machten diesen quirligen , klein gewachsenen schwäbischen Seelsorger für mich unvergesslich . Er merkte instinktiv , wenn andere in Not waren und half ihnen , so gut er konnte . So verdanke ich auch ihm , dass ich damals , als Kind von so genannten Klassenfeinden , keine Aufnahme in ein staatliches Gymnasium fand , so dass ich auf seine Initiative hin zu den Benediktinern nach Martinsberg kam .
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