Ab diesem Jahr ist auch Karfreitag ein staatlicher Feiertag in Ungarn
scher Relation ist diese Aussage besonders grotesk, da Deutsch die Muttersprache der größten europäischen Bevölkerungsgruppe ist und bis zum 2. Weltkrieg als lingua franca der Region galt und auch heute weit verbreitet ist.
3) „ Warum kehrt ihr nicht nach Hause zurück?” – fragt unser Mann( Frau?), der sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen kann, dass nicht nur ein ungarischer Muttersprachler, sondern auch alle anderen mit gleichem Recht die Heimat ihrer Eltern, ja ihrer Vorfahren als ihr eigenes Heimatland betrachten dürfen. Mal abgesehen davon, wenn man im obigen Kommentar das Wort Deutsch mit Ungarisch ersetzen würde, was für ein Aufschrei das in den Kreisen der Gleichgesinnten auslösen würde. Das ist etwas anderes!, wäre die tiefgründige Antwort, wie mir vor einiger Zeit einer meiner Gesprächspartner, der unlängst noch im Minis ter- sessel saß, gesagt hat.
4) Und zuletzt das alles entscheidende Argument: Schuld am heutigen Elend sind nicht wir. Die Verantwortung für unser Schicksal liegt nicht bei uns, sondern immer bei anderen. Bei den Deutsch – Römern, den Habsburgern und den Nazis. Armes, ausgeplündertes, unterdrücktes Land, vom Schicksal verfolgt. Davon abgesehen, dass dies offensichtlicher Blödsinn bzw. primitive Geschichtsverfälschung ist, das richtig Bedrohliche daran ist, dass diese unreife Mentalität, Sichtweise ziemlich weit verbreitet ist. Dies ist die bedauerliche Folge der Jahrhunderte langen Volksver- dummung bzw. die lang andauernde beschwerliche Lage von weiten Teilen der Gesellschaft, die untergeordnet, in feudaler Abhän- gigkeit gehalten wurde. Geschlechtsreife, freie Bürger sind daran gewöhnt, dass sie ihr Schicksal weitgehend bestimmen können. Es kann passieren, dass sie mal nicht Herr der Lage sein können, aber dies ist die Ausnahme und nicht die Regel. Typisches Selbstbild und Erfahrung eines Knecht-Volkes ist die Abhängigkeit, die auch der Wahrheit entspricht, aber nicht in der Form, wie es von der eigenen „ Elite”, die eigentlich die Unterdrücker sind, vorgegaukelt wird, nämlich, dass sie die eigene Unterdrückerrolle auf andere, auf Fremde schieben.
Es wäre höchste Zeit, dass wir in eigenem Interesse mit dem alten Irrglauben endlich aufhören und der Wahrheit ins Auge sehen, weil ohne dies werden wir die gleichen Fehler begehen und die gleichen Konsequenzen ertragen müssen. Wie gerade jetzt. Obwohl – ich sage es jetzt – uns niemand dazu zwingt. Es gibt keine Bedrohung von außen, auch nicht, wenn das gerade herrschende Regime, den Traditionen folgend, uns das Gegenteil einreden will. Unsere Probleme sind selbstgemacht wie auch deren Lösung an uns liegt, auch wenn uns unsere Herrscher, durch nationalistische Propaganda das Gegenteil glauben machen möchten. Es dient dem einzigen Zweck, nämlich, dass wir für das Scheitern, für unsere missliche Lage nie sie, sondern immer fremde Sünden- böcke verantwortlich machen sollen.
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Ab diesem Jahr ist auch Karfreitag ein staatlicher Feiertag in Ungarn
Das Volk Ungarns – insbesondere unsere Schwaben – haben den Karfreitag immer schon als Feiertag gehalten, auch in Zeiten, wo er offiziell nicht als solcher gegolten hat.
Nun hat auch der Staat hier eingeschwenkt: der Karfreitag wurde nämlich vom ungarischen Parlament mit 163 Ja-Stimmen, 0 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen zum gesetzlichen Feiertag erklärt. Damit gibt es bei uns insgesamt 11 Feiertage. Bereits ab diesem Jahr hat man also einen freien Tag mehr und auch ein verlängertes Osterwochenende.
Der Karfreitag zählt zu den strengsten Fastentagen der katholischen Kirche:
An diesem Tag ist für Katholiken eine einmalige Sättigung am Tag erlaubt und man nimmt auch kein Fleisch zu sich. Es ist der Tag des Leidens und Sterbens von Jesus Christus am Kreuze. Liturgisch gesehen gehört der Karfreitag zum Zeitraum zwischen dem letzten Abendmahl und der Auferstehung Christi, also zum Triduum Sacrum, zu den so genannten österlichen drei Tagen. In der evangelischen Kirche ist Karfreitag der Tag der Kreuzigung Jesu. Am Karfreitag wird auch traditionell der Kreuzweg gebetet.
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Das große Dilemma
( Erklärung: Es soll dieser Aufsatz keine Jeremiade sein, kein Ge- jam mer und Flennen. Es ist eine Lagebeschreibung – ein Einblick in die( traurige) Gegenwart des Ungarndeutschtums. Ein Blick hinter den Vorhang der offiziellen Berichterstattung.)
In der Weihnachtsnummer des Sonntagsblattes 2016 führte der Leitartikel die Überschrift ETWAS STIMMT NICHT. Die- se Aussage bezog sich auf die Minderheitenpolitik in Ungarn, bzw. auf die Lage der Minderheiten, genauer: auf die Lage der deutschen Minderheit in Ungarn.
Man hat mir dieser Tage vorgeworfen, ich habe mich mit dieser Aussage / Feststellung( Etwas stimmt nicht) übernommen, da ich sie nicht mit genügend überzeugenden Argu men- ten untermauert habe. Zugegeben, ich war vielleicht etwas wortkarg, bin nicht auf Einzelheiten eingegangen, weshalb ein’ Außenstehender’, der unsere Lage nur aus Berichten der( linientreuen) Medien kennt, nicht eben klug werden kann.
Deshalb sage ich jetzt: Pardon! Ich korrigiere:
VIELES stimmt nicht!
Ja, bei den Ungarndeutschen. Hinsichtlich der Lage der Volks- gruppe der heutigen Deutschen in Ungarn, der offiziellen Lagebe- urteilung bezüglich Sein und Werden dieser „ ungarländischen Schwaben”. Und was soll da nicht stimmen? Wie schon in der Überschrift betont: VIELES stimmt nicht. Womit soll ich die Aufzählung meiner Argumente zu dieser
Feststellung beginnen?
Ich nenne( als Beispiel und Ausgangspunkt) eine Bemerkung aus einem mir zugesandten e-Brief der letzten Monate: „ Wenn wir was mit der heutigen ungarndeutschen Jugend … machen wollen, sollten wir nicht „ Deutsche in Ungarn” schreiben, da sie sich nicht als Deutsche in Ungarn identifizieren … Gestern musste ich darüber streiten, dass das Tanzen / die Tanzgruppen allein nicht genug für die Jugend sind. Und sie sind / waren doch diejenigen, die etwas machen. So tragisch ist die Lage...”
Warum ist die Jugend( und – leider – nicht nur die Jugend) ge- gen die Benennung „ Deutsche in Ungarn”? Ist „ Ungarndeutsche” besser( oder klingt es schöner)? Was ist der Unterschied? Auch im Ungarischen sehe ich keinen Unterschied: Magyarországi németek = Németek Magyarországon. Doch anscheinend wollen viele un- serer Landsleute die zwei Benennungen( eigentlich ein Begriff!) verschieden deuten / verstehen. Sie meinen, Ungarndeutsch ist et- was anderes, etwas besseres, in Ungarn etwas „ edleres” als Deutsch / Deutscher. Aber wie und warum? Ja, eben von diesem Dilemma ausgehend ergibt sich die Frage:
Wer / was sind wir? Wir Menschen, deren Ahnen einst aus deutschen Gauen nach Ungarn kamen und die zwei, ja drei Jahr- hunderte hindurch Deutsch zur Muttersprache hatten und dementsprechend sich( nur ganz einfach) als Deutsche fühlten und auch amtlich so eingestuft wurden( ganz abgesehen davon, ob sie sich im Alltag als Deutschungaren oder Ungarndeutsche, einfach
12 SONNTAGSBLATT